Umgeben von jeder Menge Bäumen und Pflanzen steht die Daisbacher „Villa“ schon seit vielen Jahren leer. In ihren Räumen gab es nicht nur einen „Filmclub“, sondern beispielsweise auch ein Internat. Foto: Winfried Glasbrenner
Von Winfried Glasbrenner
Waibstadt-Daisbach. Dass auf dem Gelände des als "Villa" bezeichneten Anwesens in der Daisbachtalstraße ein neues Wohnquartier entstehen soll, darüber hat die RNZ unlängst berichtet. Doch was hat es mit dem Gebäude im Wald eigentlich auf sich, und wie ist dessen Geschichte?
Das vom Tal aus weithin sichtbare stattliche Wohngebäude mit Eingangsvorbau, gewölbten- und Schienenkeller, Erker und Gauben wurde im Volksmund einfach "Villa" und sein Erbauer "Villa-Schmitt" genannt. Der aus Daisbach stammende Wilhelm Schmitt hat im Februar 1917 ein rund 31 Ar großes Stück Ackerland im Gewann "Weinbergen" gekauft. Hierauf baute er dann 1920 ein Wohnhaus. Das reichte ihm allerdings nicht und er kaufte elf weitere Grundstücke in der unmittelbaren Umgebung. Daraus entstand das heute rund 1,4 Hektar große Areal.
Schmitt war Sohn des damaligen Bürgermeisters Leonhard Schmitt, lebte später in Rastatt und leitete dort eine große Fabrik. Außerdem war er dort im Gemeinderat und als Stellvertreter des Oberbürgermeisters aktiv. Mit seinem Heimatort war er aber trotzdem verbunden. So stiftete er 1948 zum Andenken an seine beiden im Krieg gefallenen Söhne zwei Glocken für die evangelische Kirche in Daisbach. Daraufhin wurde er zum Ehrenbürger ernannt. Schmitt ist wohl bald dauerhaft nach Rastatt gezogen, denn am 9. Februar 1924 haben die Eheleute Dr. Paul und Elisabeth Seidel die Villa gekauft. Der promovierte Chemiker, der 1867 in Leipzig geboren wurde, war Direktor bei der BASF in Ludwigshafen und soll dort unter anderem ein neues Verfahren zur Farbenherstellung entwickelt haben.
1925 hat das Ehepaar ein Wohnhaus für den Gärtner, 1929 eine Autogarage – wahrscheinlich die erste im Dorf – ein Schopfen, ein Remisegebäude mit Heizraum, einen Bienenraum und weitere Zimmer gebaut. Außerdem ließen sie das Gelände als Park anlegen: mit Blumenbeeten, Sträuchern, exotischen Bäumen und einem repräsentativen schmiedeeisernen Eingangstor.
In Serpentinen windet sich der Zufahrtsweg von der Landstraße aus hoch zur Villa. Gärtner, Haushälterin und Dienstpersonal sorgten sich um das Anwesen und seine Bewohner. Nach dem Tod von Dr. Seidel 1951 wohnten seine Kinder Hilde und Georg Albert in der Villa.
Die Seidels erwiesen sich als großzügige Mäzene und Gönner. Sie unterstützten nicht nur die politische, sondern auch die Kirchengemeinde in vielfältiger Weise. Deshalb wurde Albert Seidel auch zum Ehrenbürger Daisbachs ernannt. Er starb 1975, seine Schwester zog dann nach Heidelberg und starb dort 1986.
Daraufhin wurde das Anwesen vermietet. Um 1980 befand sich darin ein "Filmclub". Doch anscheinend wurden dort nicht nur Filme geschaut. Die Polizei hat den Club geschlossen nachdem es eine Anzeige wegen unerlaubten Bordell-Betriebs gab.
Anschließend waren bis 2003 Internat-Schüler des Schülerheims Zimmermann dort untergebracht. Seither sind die Gebäude verwaist. Kein Jahr später hat die Stadt Waibstadt auf Antrag der Eigentümer einen Bebauungsplan aufgestellt, der eine Bebauung mit einem "Medical Center mit Hotel" vorsieht. Dieses Hotelprojekt wurde seinerzeit aber nicht verwirklicht und ist nun wohl endgültig gescheitert (wir haben berichtet).