Corona-Zeit bei Familie Tremmel

Schulaufgaben am Rande des Funklochs

Sechs Kinder an vier Schulen und ein schlechtes Internet - Die Tremmels in der Corona-Krise

30.03.2020 UPDATE: 31.03.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 17 Sekunden
Die „Schulklasse“ am großen Tisch in der Hammerau (von links): Ronja, Mama Jeannette, Mira, Nico, Sarah, Benjamin und Jason Tremmel. Foto: Schneider

Sinsheim-Hammerau. (gab) Familie Tremmel aus Hammerau bei Weiler ist gewohnt zu organisieren, langfristig zu planen und sich fix auf Veränderungen einzustellen. Denn die Familie beseht aus Mama, Papa, sechs Kindern zwischen zwei und 16 Jahren, drei Wellensittichen, Katze, Kater und zwei Meerschweinchen. Tagsüber ist der Papa außer Haus bei der Arbeit, Nico (16), Ronja (14), Jason (12), Benjamin (10) und Mira (7) sind in der Schule, Mama Jeannette ist daheim bei Sarah (2). Doch durch Corona ist jetzt alles neu: wegen der Schließung von Schulen und Hort bis nach den Osterferien sind die Kinder den ganzen Tag lang daheim.

Aber sie haben keine Ferien, sondern Lernaufträge und Aufgaben von ihren Schulen, die sie bearbeiten und zurücksenden müssen. Auf elektronischem Weg, versteht sich. Für Tremmels eine Herausforderung, denn Telefon und Internet laufen in Hammerau alles andere als optimal. Allein, wenn man telefoniere, müsse man das W-Lan ausschalten, erzählt Nico. Und mangels Update-Möglichkeiten aufgrund der Geschwindigkeit sei vieles am Computer einfach nicht machbar.

Jeannette Tremmel hat einen Laptop, von dem sie einiges ausdruckt, oder die Kinder gehen zum Ausdrucken zur Oma. Die beiden Großen verfügen auf ihren Smartphones über eine bestimmte Datenmenge, die es schwierig mache, Dateien zu verschicken. "Beim Internet hat unsere Familie eine 16.000er-Leitung, bei der 320 Kilobit ankommen", erklärt Nico. "Wir wohnen eben am Rande des Funklochs", meint Jeannette Tremmel achselzuckend. Viele Materialien lädt sie herunter, wenn sie "beim Einkaufen in der Stadt" ist.

Die Schulen verteilten die Aufgaben ganz unterschiedlich, erzählen die Kinder und Jeannette Tremmel, die Elternbeiratsvorsitzende an der Theodor-Heuss-Schule in Sinsheim ist. Die Kinder besuchen vier Schulen: die Grundschule Hilsbach/Weiler, die Theodor-Heuss-Gemeinschaftsschule, das Berufsschulzentrum Sinsheim und die Stephen-Hawking-Schule in Neckargemünd. Alle sind smart und interessiert. Jason und Mira etwa zeichnen hervorragend, Nico ist Schulsanitäter und Mediator an seiner Schule, und Ronja hat ein Mathematik-Stipendium der Heidelberg Young Business-School. Alle gehen gern zur Schule. Was wohl passieren würde, wenn sie in der verordneten schullosen Phase nicht genug arbeiten und lernen würden? "Ich glaube, die Lehrer wären sauer auf mich", schätzt Jason. Aber eigentlich glauben sie, dass sich jedes Schulkind im Land an die Vorgaben halten wird. Eine große Herausforderung sieht Nico darin, dass danach viel Stoff nachgeholt werden müsse. Vor allem bei Klassen wie seiner, die noch nicht alle Klausuren geschrieben hätten, die wiederum Voraussetzung zur Prüfung zur anstehenden Mittleren Reife seien.

In Hammerau sitzen derzeit alle Kinder zum Arbeiten am großen Tisch. Sonst besuchen die Großen Ganztagsschulen, Mira macht ihre Hausaufgaben im Hort. Jetzt ist ein besonders geregelter Ablauf vonnöten, weiß Jeannette Tremmel, und die Kinder stimmen ihr zu. "Es sind ja keine Ferien", betonen sie überzeugt. Darum hat die Familie einen Tagesplan mit Uhrzeiten erstellt, der an der Wohnzimmertür hängt. Die Schultage beginnen mit einem gemeinsamen Spaziergang, dann folgen Phasen, in denen die Kinder lernen, spielen, basteln oder futtern.

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Auch eine Stunde Ruhe gehört jeden Mittag dazu. "Die ist aber eher für mich", meint die Mama schmunzelnd. Sie fügt an: "Erst dachten wir, wir könnten auch Ausflüge machen, etwa zur alla-Hopp!- Anlage oder nach Balzfeld in den Tierpark, aber das geht jetzt eben nicht, das Gemeinwohl geht vor."

Sie selbst plante die Eröffnung eines Kosmetik-Direktvertriebs. Aber auch das muss nun warten. Dass die Kinder ganz offen über Corona reden können, liegt daran, dass sie Erfahrungen mit Krankheiten und sogar dem Tod haben: Großeltern starben, ihr Vater hat eine Herzkrankheit und die Lungenkrankheit "COPD", gehört zur Risikogruppe, Ronja hat Rheuma und eine Form von Schuppenflechte, Jason das Tourette-Syndrom. "Und ich bin schlau", fügt Benjamin lachend hinzu.

Info: Wie es mit Familie Tremmel weitergeht, erfahren die Leser der RNZ bald an dieser Stelle.

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