Kurz nach der Gründung trat der Verein auch schon dem Landesverband "Pro Bürgerbus" bei, in dem etwas mehr als die Hälfte der 50 Bürgerbusvereine in Baden-Württemberg organisiert sind. Lothar Schlesinger (stehend) wurde zum Geschäftsführer gewählt. Foto: Armin Guzy
Von Armin Guzy
Eppingen. Mit breiter Unterstützung hat die Idee für einen Bürgerbus in Eppingen am Montagabend Fahrt aufgenommen: 30 Eppinger, darunter einige potenzielle Bus-Chauffeure, haben sich bei der Vereinsgründung als Mitglieder registrieren lassen. Lothar Schlesinger, der Initiator und Geschäftsführer des neu gegründeten Vereins, zeigte sich "überwältigt" von dem Rückenwind, den ihm die Versammlung und auch die Vertreter der Stadt gaben.
Der Bürgerbus-Verein soll voraussichtlich ab November 2020 zunächst in der Eppinger Nord- und in der Südstadt Fahrgäste aufnehmen und im Stundentakt für einen Euro pro Fahrt in die Innenstadt oder zurück chauffieren - für Kinder bis sechs und Senioren über 80 Jahren sollen die Fahrten sogar gratis sein. Schlesinger geht davon aus, dass sich mit 22 Fahrern in der Startphase bereits alle Werktage mit Ausnahme des Samstagnachmittags von morgens bis etwa 17 Uhr abdecken lassen. Hinterm Steuer des Kleinbusses wird immer ein ehrenamtlicher Fahrer sitzen, dessen Einsatz vom Verein koordiniert wird.
Bis es so weit ist, muss der Verein noch einige Monate vergleichsweise untätig warten und sich um die weiteren Formalitäten kümmern. Und auch ein wenig hoffen, denn noch ist nicht sicher, ob der Antrag auf 35.000 Euro Förderung bei der Landesbank bewilligt wird. Mindestens 90.000 Euro wird der Kleinbus mit Niederflureinstieg voraussichtlich kosten, mit dem dann bis zu acht Personen befördert werden können. Bei 22 Fahrern wäre jeder zwei Mal im Monat einen halben Tag lang an der Reihe.
"Dann ist es etwas, das Spaß macht und nicht zur Belastung wird", sagte Schlesinger, der gleichwohl hofft, dass sich mehr Fahrer finden, möglichst um die 40, um auch im Vertretungsfall einen Puffer zu haben. Denn, einmal angelaufen und vom Landratsamt genehmigt, muss der Bus auch regelmäßig fahren: "Wir sind dann Teil des öffentlichen Personennahverkehrs", betonte Schlesinger, "und haben damit auch eine Fahrverpflichtung."
Der Bürgerbus soll vor allem die "letzte Meile" überbrücken, also etwa die Strecke vom Bahnhof in die Wohnquartiere. Maximal 200 Meter Fußweg von der Wohnung bis zu einer der Bürgerbushaltestellen ist das Ziel. Eine Anbindung der Stadtteile ist zwar gewünscht, aber noch in weiter Ferne: Zunächst muss der Betrieb anlaufen und sich auch bewähren. Denn wie groß der Bedarf tatsächlich ist und wie gut der Bus angenommen wird, muss sich erst noch zeigen. Schlesinger hofft, dass es in Eppingen wie in Plankstadt läuft, wo bei vergleichbarer Einwohnerzahl 1400 Personen im Monat den dortigen Bür᠆gerbus nutzen.
Der Eppinger Gemeinderat hatte sich am 19. März mit großer Mehrheit für das Projekt ausgesprochen, allerdings erst nach einer längeren Debatte über das generelle Für und Wider und auch über das Kostenrisiko für die Stadt. Oberbürgermeister Klaus Holaschke sprach am Montag nun von einem "sehr bedeutsamen Tag für die Bürgerschaft" und lobte das Engagement des "Strategen" Schlesinger und dessen Mitstreiter: "Es hat diesen Impuls gebraucht", sagte Holaschke, "ohne diesen, wären wir nicht so weit."
Erneut wurde bei der Gründungsversammlung klar, dass das Bürgerbus-Angebot vorwiegend auf die ältere Generation zielt und dieser eine leichtere Teilhabe am gesellschaftlichen Leben oder auch einen selbstständigen Arztbesuch ermöglichen soll. "Man muss dann nicht mehr den Nachbarn oder den Enkel frage", betonte Markus Weyhing, Vizepräsident des Landesverbands "Pro Bürgerbus" und im Bürgerbus-Projekt der Nachbarstadt Bad Wimpfen engagiert, das, weil es funktioniert, gerne als Vorzeigemodell herangezogen wird. In Eppingen will Weyhing "beste Voraussetzungen für ein gutes Gelingen" erkannt haben - "nach der Hiobsbotschaft aus Güglingen", wo der Bürgerbus-Betrieb Ende 2018 wieder eingestellt worden war.
Den ersten Knüppel hat der Eppinger Bürgerbus-Verein allerdings auch schon zwischen die Beine geworfen bekommen - vom Finanzamt Heilbronn, das bislang keine Gemeinnützigkeit erkennen kann. Der Verein will dazu nun einen zweiten Anlauf starten.
Das Vorstandsteam setzt sich aus Geschäftsführer Lothar Schlesinger, Reinhard Ihle als Vorsitzendem sowie Wolfgang Rau, Daniela Fusco und Ursula Khilla für die Bereiche Technik, Fahrdienst und Finanzen zusammen. Als Vertreter der Stadt Eppingen sitzt Ordnungsamts-Chef Günter Brenner künftig im siebenköpfigen Beirat. Alle Vorgeschlagenen wurden einstimmig gewählt.
Um organisatorische Details zu klären, werden Stadt und Verein nun einen sogenannten Geschäftsbesorgungsvertrag miteinander schließen. Das finanzielle Risiko im Falle eines Scheiterns trägt die Stadt. Davor ist Schlesinger aber nicht bange: Der demografische Wandel ist längst Realität und erfordert ein Umdenken und Weichenneustellen auch auf kommunaler Ebene. Die ISE, die Integrations- und Seniorenstelle der Stadt Eppingen, ist bereits mit im Boot. Und: "Der Gemeinschaftsgeist ist hier sehr ausgeprägt", sagte Schlesinger, deshalb seien seine Frau und er ja auch vor sieben Jahren nach Eppingen umgezogen. Am Engagement werde es also kaum scheitern.