Rappsodie-Betriebsleiter Timo Künzel vor einem der zahlreichen Hinweisschilder auf dem Gelände. Im Schwimmerbecken darf nur im Kreis und mit ausreichend Abstand geschwommen werden. Fotos: Falk-Stéphane Dezort
Von Falk-Stéphane Dezort
Bad Rappenau/Gemmingen. 19 Grad Celsius, viele Wolken, wenig Sonne: Dem eher Freibad-untypischen Wetters zum Trotz wagten sich zum corona-bedingt rund sechs Wochen verspäteten Saisonstart dennoch einige Schwimmbegeisterte ins lauwarme Nass des "Rappsodie" in Bad Rappenau und des Imre-Gutyan-Freibades in Gemmingen.
Eine von ihnen war die Bad Wimpfenerin Elke Botsch, die zum Auftakt in die Kurstadt gekommen war. "Ich habe der Öffnung entgegengefiebert", sagt die sportliche Rentnerin, die mit den Angestellten des "Rappsodie" per Du ist. Zwei bis drei Mal die Woche will sie ihre Bahnen unter freiem Himmel drehen. Die zahlreichen Einschränkungen, die das Corona-Virus erforderlich macht, nimmt sie dafür gerne in Kauf. Und sie hofft, sich alle an die Vorgaben und Abstands-Regeln halten. "Wenn man nicht blind ist, kann die jeder sehen."
Damit meint Botsch die zahlreichen Hinweisschilder und roten Markierungen auf dem gesamten Gelände des "Rappsodie". In den Umkleiden, an den Becken und beim Freibad-Kiosk gilt eine "Einbahnstraßen-Regelung". Und auch im Schwimmerbecken ist die Schwimmrichtung vorgegeben, erklärt Betriebsleiter Timo Künzel am Montag bei einem Besuch vor Ort. So habe man das große Becken in zwei Teile getrennt. In jedem Abschnitt dürften entgegen des Uhrzeigersinns maximal 20 Personen mit je fünf Metern Abstand dem Wassersport nachgehen. Ein- und Ausstieg am Beckenrand ist untersagt. Gesperrt bleiben auch vorerst die beiden Rutschen und die Sprungblöcke sowie die im vergangenem Jahr neu eingeweihten Duschräume.
Im benachbarten Wellenbecken bleibt der Wellenbetrieb in dieser Saison aus. Auch hier gilt eine bestimmte Ein- und Ausgangregelung. "Wir versuchen, die Vorgaben so gut wie möglich umzusetzen", sagt Künzel, der aber auch weiß: "Mit Freizeitvergnügen hat das aktuell nichts zu tun."
In Gemmingen dürfen nur Gäste (hier Werner Budig, links) mit Saisonkarte ins Imre-Gutyan-Freibad kommen. Die Tickets werden am Ein- und Ausgang vom Personal (hier Sascha Clasen, rechts) gescannt, um immer auf dem Laufenden zu sein, wie viele Besucher sich aktuell im Bad aufhalten. Denn maximal 350 dürfen in diesem Jahr zeitgleich die Freizeitstätte besuchen. Fotos: Falk-Stéphane DezortGeschwommen werden kann in Bad Rappenau zwischen 8 und 20 Uhr täglich in vier Blöcken á zweieinhalb Stunden. Zwischen den Blöcken werden alle neuralgischen Punkte wie Handläufe oder Sanitäranlagen im Bad desinfiziert. Eintrittskarten müssen für den gewünschten Block im Vorfeld online gekauft werden. Ein kleines Ticket-Kontingent gibt es für Menschen ohne Internet wie Elke Botsch auch per Telefon. "Die könnten aber schnell vergriffen sein", sagt Künzel.
Derzeit lasse man pro Block noch 150 Besucher ins Bad – elf kamen am Montag zum ersten Intervall. Je nachdem wie die Vorgaben von den Gästen angenommen werden, könne man die Zahl noch aufstocken. Aber: "Die Sicherheit steht an erster Stelle." Man habe daher auch ein "Team Freibad" gebildet, sodass die Mitarbeiter in unterschiedlichen Gruppen, die sich nicht begegnen, arbeiten. So sei auch im Falle einer Corona-Erkrankung bei einem der Mitarbeiter der Bäderbetrieb gewährleistet. Doch man hoffe, dass es erst gar nicht dazu kommt.
Nun sei man zunächst froh, dass man wieder öffnen durfte. Dies sei nicht in jeder Kommune so, erzählt Künzel. "Der Aufwand ist enorm." Ob auch das "Rappsodie"-Hallenbad, das laut Landesverordnung ebenfalls wieder den Betrieb aufnehmen dürfte, geöffnet wird, ist unklar. Wirtschaftlich sei dies laut Künzel wenig sinnvoll, dennoch sei es eine Entscheidung,"die wir als ,Rappsodie‘ nicht fällen wollen". Auch Oberbürgermeister Sebastian Frei hat sich zu diesem Thema noch keine Meinung gebildet. Man habe sich nun erst einmal auf die Freibad-Öffnung konzentriert und werde sich nun in nächster Zeit damit beschäftigen und zusammen mit "Rappsodie" und der Kur- und Klinik-Verwaltung eine Lösung finden.
Aber nicht nur in Bad Rappenau auch in Gemmingen kann inzwischen wieder unter freiem Himmel geschwommen werden. Dabei fahren die Verantwortlichen des Imre-Gutyan-Freibades ein anderes Systems als die Kollegen in der Kurstadt. So gibt es in Gemmingen nur Dauerkarten – diese sind auf 700 limitiert und auch nur für einen bestimmten Personenkreis bestimmt. Inzwischen wurden 650 Saisontickets verkauft, weitere Anträge müssen aber noch bearbeitet werden. Bis zu 350 Gäste dürfen zeitgleich ins Bad – 100 davon zusammen ins Wasser – in normalen Zeiten kommen in der Spitze rund 2500 Menschen ins Bad. Ob noch genug Platz ist, sehen die Besucher im "Gäste-Ticker" auf der gemeindeeigenen Internetseite, denn sowohl am Ein- als auch am Ausgang werden die Tickets gescannt und die Besucherzahl im Minutentakt aktualisiert. 15 Schwimmer kamen am ersten Vormittag der Saison ins Bad.
Ein Saisonschwimmer ist der Gemminger Werner Budig, der sich auf den Freibad-Start gefreut hat. "Ich bin jeden Tag hier und schon jahrelanger Dauerkarten-Besitzer", erzählt er stolz. Er findet die corona-bedingten Einschränkungen vollkommen in Ordnung und lässt sich sein Hobby dadurch auch nicht vermiesen.
Wie die beiden Konzepte auch in Krisensituationen, sprich an sehr heißen Tagen, greifen, bleibt abzuwarten. In Gemmingen soll bei heißem Wetter zusätzliches Sicherheitspersonal, das das Einhalten der Abstandsregeln überprüft, eingesetzt werden, erklärt Sascha Clasen, Meister für Bäderbetriebe. Zusätzlich wurden mehrere Ferienjobber eingestellt, die die Liegewiesen und Ein- und Ausgänge im Auge behalten und fürs Desinfizieren zuständig sind.
Rentabel werden in diesem Jahr beide Bäder nicht sein, und auch positive Rekorde wird man aller Wahrscheinlichkeit nicht verzeichnen können. In der Kurstadt waren die Gästezahlen in den vergangenen Jahren immer gestiegen. Dennoch ist man sich einig: "In diesem Jahr gilt es vielmehr den Bürgern ein sportliches und gesundheitsförderndes Angebot zu bieten. Rentabilität ist zweitrangig", sagt Clasen.