Bad Rappenau

Traditionsgeschäft "Stoff & Deko" schließt

12. September ist der letzte Verkaufstag - Keine leichte Entscheidung

06.09.2020 UPDATE: 07.09.2020 06:00 Uhr 1 Minute, 46 Sekunden
Nach 46 Jahren wird nicht mehr Maß genommen: Nicht nur Elvira Scheurer (links) und Anke Mutz bedauern die Schließung des Geschäfts „Stoff & Deko“ in der Babstadter Straße. Foto: Ines Schmiedl

Von Ines Schmiedl

Bad Rappenau. "Ich möchte von diesem Stoff so viel, dass es für ein Kleid mit langen Ärmeln reicht", sagt eine Kundin und Anke Mutz zückt das Bandmaß. Mit geübten Bewegungen misst sie die Armlänge, fragt nach, ob es ein langes oder knielanges Kleid werden soll und nimmt weiter Maß an der Kundin. Dann rollt sie den Stoff aus und misst diesen flink ab. Nur noch wenige Tage wird sie ihre über alles geliebte Tätigkeit in der Babstadter Straße 21 in Bad Rappenau ausüben: Der Laden "Stoff & Deko" schließt zum 12. September.

"Die Entscheidung ist uns nicht leicht gefallen", sagt Geschäftsführer Frank Killgus. Den Laden hat sein Vater vor 46 Jahren eröffnet. Als dessen Sohn das Geschäft übernommen hat, wurde es zur Filiale und der Standort Obersulm-Willsbach zum Hauptsitz. Dort wird Killgus noch ein paar Jahre weich fliesende Jerseydrucke, Gardinenschals mit viel Zubehör, Garn, Wolle, Reißverschlüsse, Knöpfe, Näh- und Stricknadeln und andere Kurzwaren verkaufen. Doch das Haus in der Kurstadt ist renovierungsbedürftig. Deshalb hat es Killgus verkauft. Der neue Eigentümer hat mit den Renovierungsarbeiten bereits begonnen – zum Monatsende muss der Stoffladen besenrein übergeben werden. Dann wird auch er erneuert. "Wir haben unseren Mitarbeitern lange vorher gesagt, was wir vorhaben. Viele haben bereits neue Stellen oder gehen in Rente", erklärt Killgus. Es sei immer schade, wenn eine Ära beendet werde, aber die Umsätze seien seit Jahren rückläufig. Erschwerend kam hinzu, dass sich das Stadtbild von Bad Rappenau verändert habe und die Babstadter Straße keine typische Einkaufsstraße mehr sei.

"Das ist nicht einfach ein Job, das hier ist meine Welt", sagt Anke Mutz, die selber für ihr Leben gern Handarbeiten macht. Die Kunden schätzen die gute Beratung in dem Geschäft. "Jede der Verkäuferinnen kennt sich aus und hat ihr Spezialgebiet", weiß Elvira Scheurer, die seit Jahren in dem Laden einkauft. Die Schneiderin aus dem benachbarten Bad Wimpfen schätzt die wunderbare Beratung und die große Auswahl. "Da kann das Internet nicht mithalten, hier kann man die Stoffe fühlen, bekommt Tricks und Kniffe verraten oder kann eine Strickarbeit auch mitbringen, falls etwas nicht gelingt und bekommt gezeigt, wie es geht", schwärmt die langjährige Kundin, die sich nun noch mit Stoffen und Kurzwaren eindeckt. Denn in den vergangenen Jahren haben viele Stoffgeschäfte im Umkreis geschlossen, weiß die Schneiderin.

"Bevor Sie ihr Kleid nähen, sollten Sie den Stoff waschen", rät Mutz der Kundin, die gerade eben Kleiderstoff gekauft hat. Seit 20 Jahren arbeitet die Verkäuferin in dem Laden. Das Handarbeiten hat sie von ihrer Oma gelernt und sich aber auch vieles selbst beigebracht. Dass der Laden in wenigen Wochen schließt, treibt ihr die Tränen in die Augen. Doch die Tage des Traditionsgeschäfts in Bad Rappenau sind nun mal gezählt.

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