Viele Besucher nahmen am Bürgerforum zum Aquatoll teil. OB Hertwig schilderte die Ausgangslage. Foto: privat
Neckarsulm. (y) Rund 23 Millionen Euro würde nach Einschätzung von Fachleuten die Komplettsanierung des maroden Neckarsulmer Freizeitbads Aquatoll kosten - angesichts der klammen Stadtkasse ist das nicht zu stemmen. Andererseits ist das Bad zwar nicht mehr in allen Bereichen attraktiv, aber dennoch beliebt, was sich nun auch bei einer Informationsveranstaltung zeigte, zu der rund 450 Zuhörer in die Ballei gekommen waren. Die Entscheidung darüber, ob das 28 Jahre alte Aquatoll seine Türen für immer schließen muss oder noch gerettet werden kann, ist komplex und laut Oberbürgermeister Steffen Hertwig "eine der wichtigsten und weitreichendsten kommunalpolitischen Weichenstellungen der jüngsten Zeit" - und habe erhebliche Auswirkungen auf die gesamte Haushaltsplanung.
Die Ausgangslage ist schwierig und mit Emotionen behaftet, die technische und wirtschaftliche Bewertung heikel und die Rettungsvarianten müssten so gestaltet werden, dass sich das Bad auch im verschärften Wettbewerb behaupten kann, war bei der Infoveranstaltung zu hören, die von Ursula Jaksch, der Leiterin der Volkshochschule moderiert wurde. Details zum Bad steuerte Stefan Studer bei. Er ist Gutachter der Kannewischer Management AG, die im Auftrag der Stadt die möglichen Varianten prüfen soll.
Das hohe jährliche Defizit zulasten des städtischen Haushalts verstärke den Handlungsdruck. 2018 wird ein Zuschussbedarf einschließlich Abschreibungen von 3,6 Millionen Euro erwartet. Davon entfallen 1,1 Millionen Euro auf das Erlebnisbad mit Saunabereich. Zugleich gehen die Gewerbesteuereinnahmen weiter zurück, und die Stadt muss Millionenbeträge in kommunale Pflichtaufgaben investieren. Außerdem würde der geplante Neubau des B27-Anschlusses "Binswanger Straße" ab 2022 weiter zu Buche schlagen. Sollte dieses Infrastrukturprojekt verwirklicht werden, müsste die Stadt auch noch den restlichen Eigenanteil von etwa elf Millionen Euro finanzieren.
Die Entscheidung über die Zukunft des Aquatoll soll noch vor der Sommerpause fallen. Um sie vorzubereiten, hat der Gemeinderat die Entwicklungsperspektiven auf drei Varianten verdichtet, die Studer den Zuhörern nochmals vorstellte.
Variante I sieht eine Komplettsanierung für 23 Millionen Euro vor. Hierzu wurde untersucht, ob eine reduzierte, stufenweise Sanierung von Erlebnisbad und Saunalandschaft möglich ist. Die Bauabschnitte umfassen die Betonsanierung (eine Million Euro) und die teilweise Attraktivierung des Erlebnisbades (drei Millionen Euro). Hinzu kommen die Erneuerung der Umkleiden sowie die Erweiterung und Attraktivierung der Saunalandschaft (6,5 Millionen Euro). Der Investitionsbedarf läge dann bei insgesamt zwölf Millionen Euro.
Bei Variante II blieben nur das Sportbad und der Saunabereich erhalten. Das Erlebnisbad würde für rund zwei bis drei Millionen Euro abgebrochen, die Saunalandschaft für 6,5 Millionen Euro erweitert und attraktiviert. Mit dem Wegfall des Erlebnisbades müsste der dann überdimensionierte Eingangsbereich neu gebaut werden (drei Millionen Euro). Damit beträgt der Gesamtinvestitionsaufwand etwa zwölf Millionen Euro. Ein Neubau eines Reha- und Fitnessbereichs wäre denkbar, sofern sich ein privater Investor zu einem entsprechenden Engagement bereit erklärt. Die Stadt schließt eine Beteiligung und Trägerschaft aus.
Variante III sieht nur den Erhalt des Sportbades vor. Das Erlebnisbad und die Saunalandschaft würden komplett abgerissen. Hierbei entstünden lediglich zwei bis drei Millionen Euro Abbruchkosten.
In der anschließenden Diskussion wurde deutlich, dass das Aquatoll "für Neckarsulm ein wichtiges, auch emotionales Thema" ist, wie Moderatorin Jaksch eingangs formulierte. Allerdings beträgt der Anteil der Neckarsulmer Bürger unter den Badegästen im Erlebnisbad nur 15 Prozent. Mit zu den treuesten Besuchern aus Neckarsulm gehören die Mitglieder der Rheumaliga und die Teilnehmer der Aquakurse. Beide Gruppen haben jeweils rund 400 Unterschriften gesammelt, um sich für den Erhalt des Erlebnisbades auszusprechen.
OB Hertwig hat daraufhin die Rheumaliga und die Teilnehmer der Aquakurse eingeladen, jeweils einen Vertreter in die Bürgerbegleitgruppe zu entsenden, die Vorschläge und Empfehlungen erarbeitet und am 17. Mai auf der Gemeinderatssitzung präsentiert.