Neckarbischofsheim: Per Spurensuche zu den Stolpersteinen

Die Ausstellung über das jüdische Leben in Neckarbischofsheim soll der Auftakt für weiteres Gedenken sein - Schulen und Vereine kooperieren dazu

20.11.2015 UPDATE: 21.11.2015 06:00 Uhr 2 Minuten, 6 Sekunden

Spannende Spurensuche: Ist dieses jüdische Symbol ein Hinweis auf die alte Tür der ehemaligen Synagoge?

Von Berthold Jürriens

Neckarbischofsheim. Else Kahn kam 1910 in der damaligen Rappenauer Straße, heute Von-Hindenburg-Straße 4, zur Welt und war die Tochter von Theodor und Lisette Jeselsohn, einer angesehenen und bekannten Familie im Ort und in der Region. Im elterlichen Gemischtwarenladen der Jeselsohns in der Hauptstraße 20 gab es so gut wie "alles". Von Zwetschgenwasser aus der eigenen Dampfbrennerei bis hin zu Buchungen für Schifffahrtslinien. In der Tür kann man noch die Spur der früheren Anbringung einer Mesusa, eines Thora-Symbols, erkennen - ein Zeichen dafür, dass hier Israeliten gewohnt haben.

Mit solchen Spuren und mit den Biografien und Schicksalen ehemaliger jüdischer Bürger beschäftigt sich die Ausstellung "Stolpersteine - Spuren jüdischen Lebens in Neckarbischofsheim", die am Freitag, 4. Dezember, 19 Uhr, im Alten Schloss eröffnet wird. Auf fast ein Dutzend Stelltafeln werden historische Fotos, aktuelle Aufnahmen und Dokumente gezeigt, die die ehemals große jüdische Gemeinde lebendig werden lassen sollen und auch das gute Zusammenleben im Ort bis zur Machtübernahme der Nationalsozialisten dokumentieren. Angestoßen wurde das Projekt vor fast zwei Jahren von Siegfried Bastl vom Verein "Jüdisches Kulturerbe im Kraichgau", der sich an Georg Werner, Geschichtslehrer am Adolf-Schmitthenner-Gymnasium, mit der Idee von Stolpersteinen für Neckarbischofsheim wandte. "Ich war sofort begeistert, auch weil ich es von meiner Heimatstadt Berlin kenne", so Werner. Wie in anderen Städten möchte man das Gedenken an die vertriebenen, deportierten und ermordeten Juden durch die Verlegung von "Stolpersteinen" aufrechterhalten. "Diese Ausstellung soll ein erster Schritt sein", so die Teilnehmer. Eine weitere und dann auch größere Ausstellung sei für Februar im ASG geplant. Mit in "Projektboot" sind auch die SPD- Ortsgruppe in Person von Franziska Legat, der Heimatverein mit Walter Zeller sowie Marion Guttman und ihre Schülergruppe "Judentum im Kraichgau" von der Realschule Waibstadt. Diese Zusammenarbeit habe sich bereits in früheren Projekten bewährt. Bürgermeisterin Tanja Grether hatte bereits im ersten Gespräch ihre Unterstützung zugesagt.

"Die Geschichte von Neckarbischofsheim wäre ohne die Erinnerung an ihre ehemaligen jüdischen Bürger lediglich eine bruchstückhafte Auflistung der Ereignisse", so die Projektteilnehmer, die sich auf Spurensuche gemacht und intensive Recherchen durchgeführt haben. Vor allem Mitte des 19. Jahrhunderts bildeten die Juden eine starke Minderheit im Ort mit bis 190 Angehörigen. In der Folgezeit gingen die Personenzahlen ständig zurück. 1933 lebten noch 37 Juden in der Stadt. Zur israelitischen Gemeinde gehörte etwa der Arzt Dr. Georg Hamburger, der das erste Krankenhaus Neckarbischofsheims gründete, oder aber Erna Stein und Else Kahn, beide aktive Sportlerinnen beim örtlichen Turnverein. "Der Stein bzw. das kleine Denkmal ist ja nur der eine Teil des Projekts, der andere Teil ist der Versuch die Lebensgeschichte hinter dem Stolperstein zu dokumentieren und öffentlich zu machen. Und da kommen die Schüler ins Spiel, die sich damit beschäftigen", weiß Bastl aus seiner Erfahrung mit der Stolpersteinverlegung in Neidenstein und Waibstadt. Heimatkenner Walter Zeller machte während seinen Erkundigungen im Ort noch eine weitere spannende Entdeckung. Auf einem von ihm gemachten Detailfoto, das er in der Schulstraße 3 aufgenommen hatte, entdeckte er auf der Eingangstür eine "Menora" bzw. eine "Chanukkia". "Dieser sieben- bzw. achtarmige Leuchter auf der Flügeltür könnte der Hinweis auf einen Teil der Tür der Synagoge sein." Es sei auf jeden Fall ein jüdisches Symbol. Die Bilder dazu gibt es auf der Ausstellung, die auch am Samstag, 5. Dezember, und Sonntag, 6. Dezember, jeweils von 14 bis 18 Uhr geöffnet ist.

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