Ein maroder Rohbau und ein zerschnittenes Tischtuch zwischen Stadt, Investor und Architekt sind alles, was vom Krematorium geblieben ist. Foto: Kegel
Sinsheim-Reihen. (tk) Letzter Akt in dem seit Frühjahr 2009 wegen des Baus eines Krematoriums entbrannten Streit zwischen Investor, Rathaus und Einwohnern im Sinsheimer Stadtteil Reihen wird nun das seit mehreren Jahren ruhende Normenkontrollverfahren am Verwaltungsgerichtshof in Mannheim sein. Es geht dabei um die Überprüfung einer Sondergebietsausweisung für das Krematoriumsgelände, welcher der Gemeinderat seinerzeit auf Antrag der Verwaltungsspitze zugestimmt hatte, obwohl bereits anderslautende Gerichtsurteile vor lagen. Im Normenkontrollverfahren geht es um die Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns.
Ziel des erneuten Gangs der Krematoriumsgegner vor Gericht sei es, "die Grundlage zu schaffen, dass industrielle Leichenverbrennung in Nähe zu Privathäusern, Gemüsegärten und Gewerbebetrieben an dieser Stelle dauerhaft unmöglich bleibt", ließ der Sprecher der Initiative "Reihener Bürger gegen ein Krematorium im Oberen Renngrund", Hubert Kerber, jetzt die RNZ wissen.
Kerber selbst ist Gutachter für technische Anlagen. Er selbst geht davon aus, dass in der Angelegenheit zugunsten der Kritiker des Bauprojekts entschieden wird. Fraglich ist nur, bis wann: Marika Gratzel, Heilbronner Anwältin der Vorhabensgegner, ist sich da auch nicht sicher. Die Entscheidung könnte in einem Zeitraum zwischen wenigen Wochen und drei bis fünf Jahren fallen, sagt sie. Ähnlich vage äußerte sich bereits mehrfach die Stadtverwaltung.
Weiter unklar ist die Zukunft des Rohbaus der Anlage. Nach Jahren des Stillstands und zwei im Eilverfahren gerichtlich verfügten Baustopps, gleicht er einer Ruine. Auch von Investor Claus Wiesenauer, Inhaber einer Beratungsfirma im schwäbischen Allmersbach im Tal, hört man im Moment nichts. Das Tischtuch zwischen ihm und dem Sinsheimer Rathaus scheint zerschnitten.
Im Raum standen jedoch Schadenersatzforderungen in Höhe von etwa einer Million Euro, zu deren Begleichung die Stadt damals auch das zuständige Architektenbüro in die Pflicht nehmen wollte. Nicht geklärt ist auch, in wie weit die damalige Verwaltungsspitze und der Gemeinderat Fehler im Verlauf des Genehmigungsverfahrens gemacht haben und wie gravierend diese sind. Die ursprünglich erteilte Baugenehmigung erging, wie es seinerzeit hieß, "im Vorgriff" eines Ratsvotums. In der Folge waren jedoch Gesprächsnotizen von Amtsleitern aufgetaucht, worin die Genehmigungsfähigkeit eines Krematoriums im betreffenden Gebiet angezweifelt, wenn nicht widerlegt wurde. Schon damals wurden Argumente der Pietät und des Nachbarschutzes angeführt, was in den Urteilsbegründungen zur Einstellung des Baus geführt hatte.
Mit dem Rechtsspruch des Verwaltungsgerichtshofs in Mannheim werden die verwaltungsrechtlichen Verfahren. Der zivilrechtliche Akt, in wo es um den Schadensersatz des Investors geht, könnte sich über weitere Jahre hinweg ziehen, schätzen Kenner der Materie.