Ob’s in Richen in den Goldenen Zwanzigern so ausgelassen zuging, ist nicht überliefert. Aber alleine die Vorstellung bereitet Freude. Foto: Portner
Eppingen-Richen. (apo) Adelsherren, Burgfräuleins und Gesinde, Musikanten, Bauersleut’ und jede Menge tierisch verkleidete Teilnehmer: Beim großen Festumzug anlässlich des 1250. Ortsjubiläums wähnte man sich am Sonntag zurück in der Vergangenheit. Rund 40 Gruppen, auch aus den anderen Ortsteilen, zogen fast zwei Stunden durch die Straßen. Diese waren dicht gesäumt von jubelnden Zuschauern, die mitsangen und tanzten. Von den landwirtschaftlichen Fuhrwerken und Wägelchen wurde Speck, "Richemer Worschd", Most und Süßigkeiten gereicht, und Kapellen und Guggenmusiker überbrückten die Zuglücken mit kurzen Platzkonzerten.
Festumzug zu 1250 Jahre Richen - Die FotogalerieDie teils in Rittermanier gekleideten Kinder der Grundschule führten den Zug mit einem riesigen Banner an. Die jüngsten Zugteilnehmer vom Kindergarten hatte man einfach in Leiterwagen gesetzt, die größeren marschierten stolz mit ihren Weidenkörbchen zu den Zuschauern und verteilten großzügig Brezeln und Äpfel. Manche hatten sich Schaufel, Rechen, Schubkarren oder auch den Spielzeugtraktor geschnappt und zuckelten zwischen der Gruppe, andere hielten kleine Gänschen oder Hündchen in den Armen, winkten mit Fähnchen, Sonnenblumen oder Getreidesträußen.
Weil echte Tiere auf Umzügen nicht mehr erlaubt sind, hatte man eine lebensgroße Kuh aus Pappmaschee auf Räder montiert. Die Stadtkapelle spielte, wie könnte es anders sein, mit dem Badnerlied auf. Ihr folgten die Ehrengäste, unter ihnen Oberbürgermeister Klaus Holaschke mit Junkerhut und Lederweste und Bürgermeister Peter Thalmann der im roten Rock und mit klobigen Holzschuhen hinterher stapfte.
Die Damen waren mit goldverzierten Samtkleidern als Burgfräuleins verkleidet und mischten sich leutselig unters Bauernvolk. Ihnen folgte das weibliche Gesinde mit spitzen- und rüschenverzierter Wäsche, langen, frisch gestärkten Schürzen und rot gepunkteten Kopftüchern. Die in historischer Uniform gekleidete Feuerwehr sorgte mit einer alten Löschspritze für Abkühlung.
Hübsch anzusehen war der Wagen von Friedhofsgärtner Andreas Gebhard. Bei den "Speckmärbsle"-Theaterleuten hieß es Vorhang auf fürs Ortswappen. Und die Abordnung aus dem Nachbarort Gemmingen hatte gleich ihre Kirche mitgebracht und riefen vom Wagen immer wieder zum gottesdienstlichen Halleluja.
Die nachfolgenden Rittersleut’ zückten zwar ihre Hellebarden, ließen aber die Schwerter stecken und begnügten sich mit Drohgebärden. Friedlich auch die Hexen der "Noctem"-Zunft. Einzig bei den Saufbrüdern der Wegelagerer gab es hier und da mal ein nicht ernst gemeintes Gerangel. Am Zugende sorgte jede Menge auf Hochglanz gebrachtes Altblech für bewundernde Blicke. Auch die Quickly-Feunde hatten ihre motorisierten Zweiräder flott gemacht.
Mitgezogen sind auch die Ortsteile. Die Mühlbacher werkelten auf dem Wagen mit Sandstein, die Elsenzer verteilten Trauben, die Adelshofer hatten ihre Oldtimertraktoren angeworfen, und aus dem Karnevalswagen der Rohrbacher "Wicker-Wacker" dröhnte Stimmungsmusik. Sogar die Kleingartacher waren mit ihrem Heimatverein ins Badische gereist. Aus der Kernstadt grüßten bäuerlich kostümierte Landfrauen und Mitglieder der Kolpingfamilie, die in neckischer Unterwäsche für eine Riesengaudi sorgten. Beste Stimmung herrschte auch noch lange nach dem Umzug im Festzelt, in dem das lange Festwochenende gemütlich ausklang.