Yvonne Sterk (r.) behandelte mit Unterstützung von Laura Rossney die ersten Patienten. Foto: privat
Von Christoph Moll
Wiesenbach/Bammental. Die Politik hat am gestrigen Mittwoch weitere Lockerungen in der Coronakrise beschlossen. Doch diese ist noch längst nicht vorbei, wissen die Wiesenbacher Ärztinnen Yvonne Sterk, Maria Bajanova-Both und Annekatrin Kölemen. Sie wollen für eine mögliche zweite Infektionswelle gerüstet sein. Deshalb behandeln sie Patienten mit einem Infekt nun nicht mehr in ihrer Praxis, sondern in einem besonderen Raum – und zwar im nach der französischen Partnergemeinde benannten Donnerysaal im Bürgerhaus. So soll die Ansteckungsgefahr verringert werden.
Hausärztin Dr. Liane Wirth. Foto: privatDie Bammentaler Ärztin Liane Wirth hatte es mit einem Container vor ihrer Praxis vorgemacht (siehe Hintergrund). Sie kooperiert mit den drei Wiesenbacher Medizinerinnen.
"Ich bin kein Freund von Containern", betont der Wiesenbacher Bürgermeister Eric Grabenbauer. Deshalb bot er den Donnerysaal an – und zwar kostenfrei als Unterstützung in der Krise.
Der etwa 30 Quadratmeter große Raum mit Küche sei "ideal", meint Grabenbauer. Außerdem gebe es einen Aufzug im Gebäude. "Wir haben uns darauf geeinigt – allerdings in diesen Zeiten ohne Handschlag", schmunzelt der Bürgermeister. Die Gemeinde stellte Trennwände und Tische zur Verfügung. Nach den Behandlungstagen werden die Räume von Personal der Gemeinde desinfiziert. Dies geschieht auch, bevor der Gemeinderat in einer Woche nebenan im Bürgersaal tagt – erstmals in der Coronakrise.
Am Dienstag standen die ersten Patienten vor dem Bürgerhaus. Yvonne Sterk bot die erste "Infekt-Sprechstunde" an. Sechs Patienten hatten sich zuvor telefonisch in den Praxen der Ärztinnen gemeldet und wurden wegen ihrer Symptome ins Bürgerhaus geschickt. "Eine ältere Dame ist erschrocken und war irritiert, weil ich sie in voller Montur mit Schutzanzug, Maske und Visier behandelt habe", erzählt Sterk. "Sie hat mich zunächst gar nicht erkannt." Doch die anderen jüngeren Patienten hätten das Angebot dankbar angenommen. Es wurden eine Handvoll Abstriche zum Testen auf eine Corona-Infektion genommen. "Wir schauen dort auch Patienten mit Durchfall an, weil das ein Symptom einer Corona-Infektion sein kann", erklärt die 52-jährige Medizinerin, die seit dem Jahr 2013 in Wiesenbach tätig ist.
Die "Infekt-Ambulanz" soll hier nun immer dienstags und freitags von 10 bis 12 Uhr angeboten werden. Dienstags wird sie von der Gemeinschaftspraxis von Yvonne Sterk und Maria Bajanova-Both übernommen, freitags von Annekatrin Kölemen, die ihre Praxis ebenfalls in Wiesenbach hat. Montags und donnerstags hält Liane Wirth weiter eine "Infekt-Sprechstunde" in ihrem Container in Bammental ab. Sie behandelte bisher alle infektiösen Patienten der drei Praxen. Nun teilen sich die Ärztinnen die Sprechstunde auf, sodass Patienten aus Bammental – je nach Wochentag – nach Wiesenbach fahren müssen. Patienten müssen sich vorher in ihrer Praxis melden.
"Wir hätten die Infekt-Ambulanz schon gerne früher angeboten", berichtet Sterk, die auf dem Dilsberg lebt. "Wir hatten dafür aber nicht genügend Schutzausrüstung." Wie lange sie das Angebot beibehalten, steht noch nicht fest. "Das ist von der Lage abhängig", so Sterk. Die Ärztinnen hoffen, dass sie mit der "Infekt-Ambulanz" den Patienten die Angst vor einer Corona-Ansteckung nehmen können. "Viele haben sich nicht mehr in die Praxis getraut", berichtet Sterk.
Zunächst wird übrigens jeder Patient am Eingang des Bürgerhauses abgeholt. Denn fernsteuerbare Türöffner funktioniert nicht. Jetzt fiel auf, dass er beim Bau des Bürgerhauses nicht angeschlossen wurde. Das war vor 25 Jahren.