Eppelheim. (aham) Über Nacht hatte Eppelheim 276 Einwohner weniger. Und das ganz ohne Massenexodus oder ein grausames Verbrechen. 2013 reichte dafür einzig und allein ein Stück Papier. Dieses kam am 21. Juni vom Statistischen Landesamt Baden-Württemberg und wies der bis dato 15.005 Einwohner zählenden Stadt aufgrund des Zensus von 2011 nur noch 14.729 Bürger aus. Das wollte sich die Stadt nicht bieten lassen - immerhin bedeutet jeder Einwohner bares Geld. Schlüsselzuweisungen, Einkommenssteuer und Co. bringen über 1000 Euro pro Bürger in die Stadtkasse.
Also reichte Eppelheim nach einem erfolglosen Widerspruch 2014 Klage gegen den Einwohnerfeststellungsbescheid ein. Diese lief über die Jahre weiter - bis jetzt. Einstimmig beschloss der Gemeinderat in seiner vergangenen Sitzung, die Klage zurückzunehmen. Die Stadtverwaltung hatte dies den Räten wegen geringer Erfolgsaussichten empfohlen.
Diesen Schritt hatten bereits viele ebenfalls klagende Kommunen getan. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits im September 2018 festgestellt, dass der Zensus 2011 mit dem Grundgesetz vereinbar sei. Daher empfahl der baden-württembergische Städtetag den Städten, die sich auf die Verfassungsmäßigkeit bezogen, ihre Klage zurückzuziehen.
In Eppelheim war der Fall allerdings etwas anders gelagert als andernorts. Die Stadt hatte sich zusätzlich auf "eine nicht plausible Ermittlung der Übererfassungen" berufen, wie es in der Sitzungsunterlage hieß. Dabei ging es um Karteileichen. Schließlich meldet sich nicht jeder bei einem Umzug innerhalb der eigentlich vorgeschriebenen Zwei-Wochen-Frist um. Daher hatte das Statistische Landesamt stichprobenweise Haushaltsbefragungen durchgeführt: Wer nicht an seiner Meldeadresse ausfindig gemacht werden konnte, wurde als Karteileiche registriert und die Stichproben wurden schließlich auf die Gesamteinwohnerzahl hochgerechnet.
Die Stadtverwaltung bezweifelte die so ermittelte Zahl der Übererfassungen. Sie empfand diese als viel zu hoch. Die Ansicht im Rathaus: In Eppelheim herrscht aufgrund der vielen Studenten eine hohe Fluktuation. Wenn einer von ihnen wegzieht, so ist seine Unterkunft trotzdem wieder schnell belegt. An der Einwohnerzahl ändert sich also nichts. "Uns ist es aber nicht möglich, hierfür einen mathematischen Nachweis zu erbringen", sagte Hauptamtsleiter Reinhard Röckle zum Räterund. Daher seien die Erfolgsaussichten der Klage gering. Röckles Empfehlung, die Klage zurückzunehmen, folgte der Rat. Erst recht, als abgeklärt war, dass der Stadt dadurch keine Kosten entstehen würden.