Vorher und nachher: Das städtische Gebäude links neben dem Dilsberger Torturm ist Teil der Jugendherberge. Die Sandstein- und Fachwerk-Fassade wurde komplett verputzt. Foto: Alex
Von Christoph Moll
Neckargemünd. Winfried Schimpf geht mit offenen Augen durch Neckargemünd. Und so wundert sich der Fraktionsvorsitzende der SPD über den Denkmalschutz an zwei Stellen in der Stadt: zum einen an der Jugendherberge im Stadtteil Dilsberg, wo die hübsche Fassade aus Sandsteinen und Fachwerk hinter Putz verschwand, und zum anderen im Menzerpark, wo der sogenannte phänologische Garten vor dem Aus steht. Schimpf fragt: "Wer schützt uns vor den Launen des Denkmalschutzes?"
Das historische kleine Gebäude neben dem Torturm am Zugang zur Feste Dilsberg ist Teil der Jugendherberge und gehört der Stadt. Der untere Teil aus gemauertem Sandstein und der obere mit Fachwerk seien nun mit einem "Einheitsputz" überdeckt worden. "Diese Maßnahme ist deshalb unverständlich, weil sonst allerorts verputzter Sandstein wieder freigelegt wird und auch Fachwerk herausgearbeitet wird", meint Schimpf. Hier sei nun das Gegenteil geschehen.
Vorher und nachher: Das städtische Gebäude links neben dem Dilsberger Torturm ist Teil der Jugendherberge. Die Sandstein- und Fachwerk-Fassade wurde komplett verputzt. Foto: AlexDie Reparatur des Fachwerks mit Putzauftrag sei 2019 von der Stadt denkmalschutzrechtlich beantragt und durch das Baurechtsamt nach Rücksprache mit dem Landesamt für Denkmalpflege genehmigt worden, berichtet Silke Hartmann, Sprecherin des Landratsamtes des Rhein-Neckar-Kreises. "Die Genehmigung beinhaltete konkrete Nebenbestimmungen zur Auswahl und Ausgestaltung der Putzarbeiten." Stadtsprecherin Petra Polte ergänzt, dass das Verputzen zum langfristigen Erhalt des Gebäudes beitrage, das ursprünglich ein reiner Putzbau gewesen sei. "Das damalige Freilegen der Sandsteine und des Fachwerks, das nicht als Sichtfachwerk ausgelegt ist, wurde seinerzeit denkmalfachlich nicht begleitet", so Polte. "Jetzt wurde die historisch und bautechnisch richtige Fassadenausbildung umgesetzt."
Stadtrat Winfried Schimpf. Foto: AlexAuch der phänologische Garten im Menzerpark sorgt bei Schimpf für Kopfschütteln. Dieser wurde vor drei Jahren als Kooperationsprojekt des Max-Born-Gymnasiums sowie der Pädagogischen Hochschule in Heidelberg geschaffen und soll die Auswirkungen des Klimawandels aufzeigen. Der Denkmalschutz habe bisher jedoch einen Pavillon für eine Wetterstation verboten. "Der Menzerpark ist doch kein barocker Schlossgarten", wundert sich Schimpf.
Stadtsprecherin Polte erklärt, dass der Menzerpark samt der Villa als "Sachgesamtheit" gesehen werde und seit 1975 unter Denkmalschutz stehe. Beim phänologischen Garten gebe es ein "laufendes Verfahren". Da es sich aber nicht um ein Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung handele, es also keinen zusätzlichen Schutz durch Eintragung in das Denkmalbuch gibt, sei der Pavillon aus Sicht der Stadt "denkmaltechnisch genehmigungsfähig".
Die Hochbeete im Menzerpark als Teil des phänologischen Gartens dürfen bleiben. Foto: Alex"Mit der Errichtung des phänologischen Gartens wurde zunächst ohne erforderliche denkmalschutzrechtliche Genehmigung im Jahr 2018 begonnen", betont Landkreis-Sprecherin Hartmann. Ein Antrag sei von der Stadt im September 2018 gestellt worden. "Über den Antrag konnte aufgrund verschiedener Differenzen zwischen dem Landesamt für Denkmalpflege und der unteren Denkmalschutzbehörde des Rhein-Neckar-Kreises einerseits und den Vorstellungen der Stadt Neckargemünd andererseits bislang nicht abschließend entschieden werden", so Hartmann. "Eine Einigung scheint derzeit allerdings in greifbarer Nähe, sodass ein Abbruch der Hochbeete durchaus verhindert werden kann." Grundsätzlich stünde einem Pavillon "unter Beachtung bestimmter aus denkmalschutzfachlicher Sicht notwendiger Vorgaben" kein Hindernis mehr entgegen.
Winfried Schimpf, seit über 40 Jahren Gemeinderat, erinnert sich noch an ein anderes "Erlebnis" mit dem Denkmalschutz: Vor mehreren Jahrzehnten sei durch das Abklopfen des Putzes am "Prinz Carl" – eines der markantesten Gebäude der Altstadt – das prägende Fachwerk zum Vorschein gekommen. Damals sei der Denkmalschutzbehörde das Fachwerk nicht ganz stilecht vorgekommen und sie habe unter Androhung des Entzugs von Zuschüssen das Verputzen verlangt. Glücklicherweise sei das Gebäude in städtischer Hand gewesen. Das Fachwerk blieb schließlich. "Wie froh können wir heute darüber sein!", meint Schimpf.