Das Sandhausener Rathaus. Foto: Fink
Von Lukas Werthenbach
Sandhausen. Sie ist die mit Abstand zuverlässigste Einnahmequelle einer Kommune: die Grundsteuer. Die Zustimmung des Gemeinderats zu einer zunächst kaum verbindlichen Absichtserklärung, sich mit neun weiteren Städten und Gemeinden im südlichen Rhein-Neckar-Kreis zusammen zu tun, ist deshalb in ihrer Bedeutung nicht zu unterschätzen: Rein formal geht um die Umsetzung einer Änderung der sogenannten "Gutachterausschussverordnung" des Landes Baden-Württemberg.
Gutachterausschüsse sind unabhängige Gremien, die unter anderem Grundstücksrichtwerte ermitteln; auf diesen Werten wiederum basiert letztendlich die Grundsteuer. Bisher wurden diese Ausschüsse direkt bei den Gemeinden gebildet und bestanden etwa in Sandhausen aus Ehrenamtlichen. Seit 2017 ermöglicht es die erwähnte Landesverordnung, dass benachbarte Gemeinden eines Landkreises gemeinsame Gutachterausschüsse bilden können.
Laut Vorlage der vergangenen Gemeinderatssitzung sieht das neue Gesetz auch vor, dass ein Gutachterausschuss mindestens 1000 "Kauffälle" pro Jahr auswerten muss. In Sandhausen wurden jährlich jedoch nur maximal 150 Kaufverträge registriert. Dazu betont die Verwaltung, "dass der Gutachterausschuss trotzdem die Bodenrichtwerte in ausreichender Qualität liefern konnte".
Behielte die Gemeinde ihr derzeitiges System zur Ermittlung von Grundstückswerten auch über das Jahr 2024 hinaus bei, bestände laut Verwaltung die Gefahr, dass die Grundsteuer nicht erhoben werden könne, wenn Finanzamt oder Bürger die "rechtmäßige Ableitung der Richtwerte anzweifeln". Die Einnahmen mindestens eines ganzen Jahres könnten verloren gehen, heißt es in der Vorlage weiter.
Nun haben sich die Kommunen Dielheim, Leimen, Malsch, Mühlhausen, Nußloch, Sandhausen, St. Leon-Rot, Rauenberg, Walldorf und Wiesloch auf eine Absichtserklärung geeinigt, die die Bildung eines gemeinsamen Gutachterausschusses vorsieht. "Es ist noch nichts in Stein gemeißelt", betonte Bürgermeister Georg Kletti bei der Beratung im Gemeinderat. Sandhausen sei die letzte Gemeinde im Bunde, die dieser Erklärung letztlich auch zustimmte. Möglich sei, dass der gemeinsame Ausschuss in Form eines Zweckverbands gebildet werde, der dann seinen Sitz in Leimen hätte.
"Was soll das?" Das denke man im ersten Moment, wie Uwe Herzog (CDU) sagte. Bisher habe der kommunale Ausschuss einen "guten Job" gemacht. "Erst mal widerstrebt uns die Forderung des Landes", erklärte Herzog, "aber es gibt neue Anforderungen, das ist eine neue Zeit". Daher sprach er sich dafür aus, "sich erst einmal den anderen Gemeinden anzuschließen und zu sehen, was daraus wird".
Die FDP enthielt sich bei der Abstimmung. "Wir befürchten, dass der Service von den Bürgern weg weicht", sagte der Liberale Georg Diem. Schließlich sei die Anlaufstelle für Bürger nach der Zentralisierung voraussichtlich nicht mehr vor Ort. Das bisherige System mit "neutralen Ehrenamtlichen" habe seiner Fraktion bisher "gut gefallen".
Er sieht zahlreiche offene Fragen, etwa nach der Zusammensetzung des neuen Ausschusses und den Kosten. Schließlich begründete Diem die geschlossene Enthaltung seiner Fraktion damit, "dass man noch nicht genau weiß, was dabei wirklich herauskommt". Lars Albrecht (CDU) äußerte sein Unverständnis, warum man sich bei diesen Vorgaben nicht die Digitalisierung zunutze mache. Gutachten könnten etwa "digital eingespeist und auf einer Karte zentralisiert werden".
Bürgermeister Kletti gab den Räten insbesondere in einer Frage Recht: "Warum fasst man jetzt ein System an, das seit Jahrzehnten funktioniert?" Er erinnerte aber an die Bedeutung der Rechtssicherheit dieser Gutachten und die potenziell fatalen Folgen auf die Finanzen der Gemeinde, wenn man den Vorgaben des Landes nicht folge.