Karneval steht auf der Kippe
Die Vereine in der Region schwanken zwischen Absagen und Corona-konformen Alternativen
Von Sabrina Lehr
Region Heidelberg. Karnevalsumzüge, Saalfastnachten und Straßenfasching: Die fünfte Jahreszeit mit ihrem bunten Treiben ist aus den Veranstaltungskalendern der Region rund um Heidelberg ähnlich wenig wegzudenken wie Ostern oder Weihnachten. Doch im nächsten Jahr könnten die entsprechenden Felder im Kalender frei bleiben. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn bekannte in dieser Woche Farbe in der Diskussion. "Ich kann mir Karneval in diesem Winter, mitten in der Pandemie, schlicht nicht vorstellen", soll er auf einer Konferenz des Gesundheitsausschusses angemerkt haben. Steht die Fastnacht auf der Kippe oder ist sie längst gekippt? Die RNZ hat bei den Karnevalsvereinen der Region nachgefragt.
> Eppelheimer Carneval Club (ECC): "Ich kann verstehen, dass der Minister das sagt, weil die Fastnacht natürlich ein Spiel mit der Vernunft ist", sagt Jens Schneider, ECC-Pressereferent und Sitzungspräsident in Personalunion. "Aber für uns ist es unangenehm, den Riegel vorgeschoben zu bekommen." Zwar sei ihm bewusst, dass mitten in einer Pandemie kein klassischer Karneval mit "400 Leuten in einem Saal" möglich sei. Daher erwäge das Organisationsteam Corona-konforme Alternativen, wie zum Beispiel Büttenredner in einem Autokino-Format auftreten zu lassen oder eine Sitzung auf Video aufzunehmen, die im Internet angeschaut werden kann. Konkrete Planungen wie auch Absagen habe man aber noch nicht getroffen. Im Vordergrund steht für Schneider: "Wir wollen die Leute gerne unterhalten, denn Karneval ist vor allem ein Lebensgefühl."
> Karneval Club Frösche St. Ilgen: Stephan Riemensperger, Zweiter Vorsitzender der Frösche, teilt die Meinung des Bundesministers. Aus diesem Grund haben die Frösche alle Veranstaltungen der Kampagne 2020/ 2021 abgesagt – allerdings schon bevor Spahn sich äußerte. Den Ausschlag gab nicht der Vorstoß des Ministers, sondern die geltenden Hygieneverordnungen: "Eine Prunksitzung mit Abstand ergibt keinen Sinn", findet Riemensperger und ergänzt: "Wäre Spahns Ansage schon vorher gekommen, wäre es für uns leichter gewesen, eine Entscheidung zu treffen."
> Wiesenbacher Carnevalclub "Die Schisslhocker": Von der Eröffnungsgaudi bis hin zur Fastnachtssitzung haben die Schisslhocker alle Veranstaltungen der Kampagne abgesagt. "Es ist sowohl aus gesundheitlicher, als auch aus finanzieller Sicht zu gefährlich", sagt der Erste Vorsitzende Eike Jung. Zu diesem Schluss kam der Vorstand der Wiesenbacher Karnevalisten bereits im Juli. "Jens Spahns Vorstoß hätte definitiv früher kommen sollen", findet Jung, ist aber dennoch froh um die Position des Gesundheitsministers: "Nun unterstützt seine Aussage unsere Entscheidung."
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> Neckargemünder Karneval Gesellschaft (NKG): "Fasching, wie wir es gerne feiern, geht zur Zeit nicht", sagt Sophia Cetto, Zweite Vorsitzende der NKG. Daher haben die Neckargemünder ihre Kampagne inklusive traditionellem Faschingsumzug auf Eis gelegt. "Wir wollen eigentlich nicht verzichten, aber noch weniger die Gesundheit aller gefährden." Spahns Aussage kommt ihrer Meinung nach aber reichlich spät. Denn eine Entscheidung habe man längst treffen müssen, sonst wäre die Kampagne nicht mehr zu stemmen gewesen. "Hier wurde die Verantwortung bei den Vereinen gelassen", findet sie.
> Karneval Club Nußloch (KCN): Thomas Kretz, Vorsitzender des KCN, leitet aus der Aussage des Bundesministers erst einmal keine Handlungsempfehlung für seinen Verein ab. "Wenn der Karneval verboten wird, machen wir natürlich nichts, aber bis dahin warten wir ab", sagt er. Für eine Entscheidung peilt Kretz Ende Oktober an. Das reiche für die Nußlocher aus, um den Umzug und die übrigen Veranstaltungen zu organisieren. Bis dahin wolle man die Entwicklung beobachten und auf Maßgaben der Dachverbände warten. "Unvernünftig verhalten werden wir uns aber nicht. Harren wir der Dinge, die da kommen."