Direkt am Hardtwald spielt der Fußballzweitligist SV Sandhausen. Doch der Platz reicht nicht für die Profis und die Jugend. Foto: Hebbelmann
Von Anja Hammer und Lukas Werthenbach
Sandhausen. Gegen die geplante Erweiterung des Geländes beim Fußballzweitligisten SV Sandhausen (SVS) geht die Bürgerinitiative (BI) "Pro Waldschutz" weiter in die Offensive: Deren Sprecherin Petra Weiß hat in der Gemeinderatssitzung diese Woche an die Bürgervertreter appelliert, ihre Meinung zur geplanten Rodung eines Teils des Waldschutzgebiets "Schwetzinger Hardt" zu überdenken. Noch bis zum heutigen Freitag können Bürger zu den Plänen Stellung nehmen.
Weiß stützte sich insbesondere auf Zuspruch aus der Bevölkerung: "Wir sind inzwischen bei gut 1600 Unterschriften im Internet und gut 800 Unterschriften, die wir sozusagen offline gesammelt haben", sagte sie im Rahmen der "Fragestunde", in der Bürger das Wort erteilt bekommen. Bürgermeister Georg Kletti antwortete darauf, dass es sich bei der ausgewählten Fläche um "die beste Alternative nach Abwägung aller Alternativen" handele. "Wir waren der Meinung, dass auch der Mensch sich weiterentwickeln muss - sozial, kulturell, aber auch sportlich, im Einklang mit der Natur", so Kletti. Dabei erinnerte er auch an die Ausgleichsmaßnahmen, unter anderem an die Wiederaufforstung des zu rodenden Waldes an anderer Stelle.
Mit der Petition fordert die BI, dass der Gemeinderat den Einleitungsbeschluss des Bebauungsplans "Sportzentrum Süd" zurücknimmt. Dieser soll dem SVS den Bau von zwei neuen Trainingsplätzen und 144 Parkplätzen ermöglichen. Und zwar südlich des Stadions, wo derzeit noch Wald steht. Gefasst wurde der Ratsbeschluss schon im April 2018 - "ohne Gegenstimme", wie Kletti am Montag betonte. Doch erst seit Kurzem regt sich der Widerstand. Kurios: Diesem hat sich auch die "Alternative Liste" (AL) angeschlossen - obwohl die AL-Gemeinderäte den Beschluss damals mittrugen.
"Ich wurde eingelullt", sagt Gerhard Hettinger im Gespräch mit der RNZ. Er ist der Noch-Fraktionssprecher der AL; weil er bei der Kommunalwahl im Mai nicht angetreten war, wird er aber dem künftigen Gemeinderat nicht mehr angehören. Was Hettinger dem SVS vorwirft, ist harter Tobak. Der Zweitligist habe "nicht mit offenen Karten gespielt", so Hettinger. Er erzählt, dass er SVS-Präsident Jürgen Machmeier gefragt habe, ob die Plätze - und damit das Nachwuchsleistungszentrum - in der zweiten und dritten Liga gebraucht würden. "Die Antwort war ,Ja’ - und das habe ich geglaubt", so Hettinger. Inzwischen habe sich aber herausgestellt, dass dies nicht der Fall sei: In der dritten Liga sei ein Leistungszentrum nicht zwingend erforderlich.
Daher hat Hettinger inzwischen seine Meinung geändert und unterstützt die BI. Das tut auch AL-Rat Ralf Lauterbach. Der künftige AL-Fraktionssprecher war übrigens in der April-Sitzung vergangenes Jahr nicht anwesend. Dennoch betont er gegenüber der RNZ, dass zwischen dem Beschluss und jetzt der Supersommer 2018 liege. "Im letzten Forstbericht haben wir erfahren, dass Aufforstungsmaßnahmen nicht greifen", so Lauterbach. Der heiße Sommer habe Setzlinge verdorren lassen; die aktuellen Temperaturen lassen auf keine Besserung in Zukunft hoffen. "Verschwundener Wald lässt sich also nicht mehr 1:1 wiederherstellen." Damit bezieht sich der AL-Rat auf die Wiederaufforstung, die Kletti auch in der Gemeinderatssitzung angesprochen hatte.
Wie die AL bei den weiteren Entscheidungen zum Bebauungsplan im Gemeinderat abstimmen wird, kann Lauterbach aber dennoch nicht sagen. Dazu müsse er sich erst mit seinen Fraktionskollegen besprechen. Denn die Räte müssten die Interessen der Bürger vertreten. "Und dazu gehört auch, dass die Rechte des Tennisclubs gewahrt bleiben", so Lauterbach (siehe Hintergrund).
Beim SVS ist die Angelegenheit rund um die Süd-Erweiterung und den Protest inzwischen "Chefsache", wie Pressesprecher Markus Beer berichtet. Der Verein wolle zwar ausführlich Stellung nehmen - aber erst, wenn Präsident Machmeier aus dem Urlaub zurück ist.