Ingeborg Wankmüller (Mitte) sowie andere Seniorinnen und Senioren im „Betreuten Wohnen“ ärgern sich über die Bevorzugung von Pflegeheimen bei der Impftermin-Vergabe. Foto: Alex
Von Lukas Werthenbach
Bammental."Vor ein paar Monaten hatte ich noch keine Angst vor Corona", sagt Ingeborg Wankmüller, "aber bald kriege ich Panik". Die 80-Jährige lebt im Seniorenpark für "Betreutes Wohnen" beim Anna-Scherer-Haus – und versucht seit Tagen vergeblich, einen Impftermin für sich und andere Senioren zu organisieren. Denn während Personal und Bewohner im benachbarten Anna-Scherer-Haus – wie bundesweit alle Pflegeheime – ganz oben auf der Prioritätenliste für den Besuch eines mobilen Impfteams stehen, müssen sich die Senioren im "Betreuten Wohnen" selbst um den begehrten Pieks kümmern. Nicht nur diese Regelung ärgert die rüstige Seniorin.
Wankmüller ist eine engagierte Dame, führte 13 Jahre lang den Gaiberger SPD-Ortsverein, setzt sich nicht nur als Mitglied des Seniorenpark-Fördervereins noch immer für das Allgemeinwohl ein. So nimmt sie beim Gespräch mit der RNZ über die Sorgen der Senioren im "Betreuten Wohnen" kein Blatt vor den Mund: "Die scheren sich einen Dreck darum, ob wir geimpft sind oder nicht", sagt sie über ihre Gesprächspartner, die sie bisher bei Telefonaten mit der Nummer 116 117 an der Strippe hatte.
Dorthin sollen sich Über-80-Jährige wenden können, um einen Impftermin zu vereinbaren – für die Region finden diese bisher im Zentralen Impfzentrum im Heidelberger PHV statt. Doch unter der genannten Telefonnummer habe sie bisher nur "stundenlang" in der Warteschleife verbracht, berichtet Wankmüller. "Und wenn man einen Termin in Heidelberg oder Mannheim kriegen sollte, wäre man für die Anfahrt auf Angehörige oder Bekannte angewiesen", meint sie.
"Wir fühlen uns allein gelassen", sagt die 80-Jährige auch stellvertretend für andere Senioren im "Betreuten Wohnen". Schließlich sei der Seniorenpark nahezu unabhängig vom benachbarten Pflegeheim im Anna-Scherer-Haus: "Wir haben hier von Privatleuten Wohnungen gemietet", erklärt Wankmüller, "ich zahle zum Beispiel 850 Euro* monatlich für 61 Quadratmeter." Darin enthalten seien die Mahlzeiten, die vor der Pandemie stets auch im Speisesaal des Anna-Scherer-Hauses verzehrt werden konnten. "Außerdem haben wir den Vorteil einer Rufanlage für Notfälle, die ans Anna-Scherer-Haus angeschlossen ist". Ebenfalls sei in normalen Zeiten die Mitbenutzung etwa von Veranstaltungsräumen möglich. Alles weitere wie verschiedene Pflegeleistungen müsse man im "Betreuten Wohnen" aber zusätzlich zahlen.
Wankmüller betont, dass sie dem Anna-Scherer-Haus und dessen Leitung "keinen Vorwurf" machen will. Dennoch sei sie ebenso wie viele andere Senioren verängstigt. Und sie haben kein Verständnis für die unterschiedlichen Bedingungen beim Infektionsschutz in Pflegeheimen einerseits und im "Betreuten Wohnen" andererseits. "Im Anna-Scherer-Haus werden sie alle drei Tage getestet, und bei uns passiert gar nichts", nennt sie ein weiteres Beispiel. Mit Blick auf bekanntlich mehrere aktuelle Corona-Fälle im benachbarten Pflegeheim ergänzt sie: "Wir sind in großer Sorge, dass jemand von dort bei uns reinkommt und hier jemanden ansteckt."
In der Hoffnung, dass vielleicht doch ein gemeinsamer Impftermin mit dem Pflegeheim möglich wird, schrieb Wankmüller nun Bammentals Bürgermeister Holger Karl an. Auf RNZ-Nachfrage erklärt dieser: "Ich habe volles Verständnis dafür, dass Betroffene diese Frage umtreibt." Wankmüllers Anregung gab er gleich ans zuständige Gesundheitsamt des Rhein-Neckar-Kreises weiter und warb dabei für dieses "sinnvolle Anliegen".
In ihrer Antwort verweist die Behörde auf die Verordnung des Sozialministeriums, "wonach Bewohnende im Betreuten Wohnen gerade nicht zu den Impfberechtigten höchster Priorität gehören". Dennoch suche man "allgemeinverträgliche und logistisch sinnvolle Lösungen", weshalb das Anliegen nun an die "Koordinierungsstelle" der Behörde weitergegeben worden sei.
*Anmerkung der Redaktion: In einer vorherigen Version des Artikels war irrtümlich von 1850 Euro Monatsmiete die Rede. Wir haben das korrigiert.