Nußloch

Nußlochs Ex-Bürgermeister wurde erneut verurteilt

Der Berufungsprozess bestätigte den Schuldspruch von vor drei Jahren. Karl Rühl muss nun wegen falscher Verdächtigung eine Geldstrafe von fast 4000 Euro zahlen.

03.12.2020 UPDATE: 11.01.2021 20:00 Uhr 10 Minuten, 21 Sekunden
Karl Rühl war Bürgermeister. Foto: axe

Nußloch/Heidelberg. (cm) Karl Rühl senkte den Kopf, schüttelte ihn immer wieder. Der frühere Bürgermeister von Nußloch, von 2002 bis 2018 im Amt, konnte offenbar nicht glauben, was Richter Michael Waldmann am Montag verkündete. Das Heidelberger Landgericht verurteilte Rühl am fünften Verhandlungstag im Berufungsprozess wegen falscher Verdächtigung zu einer Geldstrafe von 3900 Euro – und bestätigte damit im Wesentlichen das Urteil des Wieslocher Amtsgerichts aus dem Jahr 2017, gegen das Rühl vorgegangen war. Dieses hatte noch eine Geldstrafe von rund 6000 Euro verhängt.

Auch das Landgericht kam nun zur Überzeugung, dass Rühl am 8. Juni 2016 in seinem Heimatort Mühlhausen nicht verletzt, genötigt und beleidigt wurde. Genau dies hatte der 58-jährige Ex-Bürgermeister jedoch behauptet – und Strafanzeige gegen einen Bauherrn gestellt. Dessen Grundstück grenzte an einen Acker von Rühls Mutter, der durch die Baumaßnahmen abzurutschen drohte. Dies wollte Rühl fotografieren, woraufhin es zum Streit kam. Rühl behauptete, dass er einen "roten Striemen" erlitt, als der Bauherr versuchte, ihm die Kamera zu entreißen. Dies bestritt der Bauherr und auch eine Zeugin hatte von einem Balkon aus keinen Angriff gesehen.

"Wir haben uns viel Zeit genommen und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass der Angeklagte mit der Strafanzeige den Tatbestand der falschen Verdächtigung erfüllt hat", betonte Richter Waldmann. Bei den Zeugen habe man keine Motive gefunden, um Rühl zu belasten. "Es ist ein Schuldspruch aus Überzeugung", sagte Waldmann im Namen der Kammer mit zwei Schöffen. "Es wäre sogar ungesetzlich, anders zu entscheiden."

Mitentscheidend war für das Gericht die Strafanzeige, deren Zustandekommen "ungewöhnlich und extrem unprofessionell" war, so Waldmann. Ein Polizist habe im Nußlocher Rathaus zugeschaut, wie die Anzeige von Rühls Sekretärin getippt worden sei. So sei es zu Unklarheiten gekommen, die bei einer echten Vernehmung geklärt worden wären. Der Text sei tendenziös. "Es ging darum, den Bauherrn ins schlechte Licht zu rücken", so Waldmann: "Vieles ist nicht zutreffend." Zudem sei kein Foto von der Verletzung gemacht worden.

Als wichtigsten Zeugen sah das Gericht den Polizeibeamten, den Rühl direkt nach dem Geschehen angerufen hatte. Dieser sei aufmerksam, neutral und gewissenhaft gewesen. Rühl habe zu ihm gesagt, dass er sich "das nicht länger gefallen lassen" wolle, und habe trotz Nachfragen keine Körperverletzung sowie keine Beleidigungen geschildert. "Wir sind deshalb überzeugt, dass es keinen Schlag gab." Auch dass die Verletzung drei Wochen später bei der Anzeigenaufnahme noch vorhanden gewesen sein soll, passe nicht zum Geschilderten.

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Karl Rühl sei vielleicht "Opfer seiner Emotionen und Persönlichkeit" geworden und habe den "Vorgang im Nachhinein aufgewertet", meinte der Richter, der von einem "besonderen Fall" sprach. Rühl habe eine starke Persönlichkeit und sei es gewohnt gewesen, "die Dinge in die Hand zu nehmen", so Waldmann. "Sein Wort hatte immer starkes Gewicht – dass dieses nun gegen jenes von Zeugen steht, kränkt ihn." Rühl habe zu Beginn des Verfahrens noch die Chance gehabt, dieses ohne Aufsehen zu beenden. "Es hätte nicht zur Eskalation kommen müssen", meinte Waldmann. "Aber er war überzeugt, dass er nichts Falsches getan hat."

Zum Strafmaß sagte der Richter, dass Rühl ein unbescholtener Mann mit tadellosem Lebenslauf sei. 30 Tagessätze zu je 130 Euro seien angemessen. Staatsanwalt Bastian Jansen hatte 50 Tagessätze gefordert. Rühls Verteidigerin Britta Albiez hatte auf einen Freispruch plädiert. Sie ließ noch offen, ob Revision beantragt wird. Rühl sagte jedoch spontan nach dem Urteil: "Das ist das letzte Wort."

Update: Montag, 11. Januar 2021, 20 Uhr


Beweisaufnahme im Prozess gegen Karl Rühl abgeschlossen (Update)

Berufungsverfahren gegen Nußlochs Ex-Bürgermeister wegen falscher Verdächtigung - Freispruch oder Geldstrafe?

Nußloch/Heidelberg. (cm) Schuldig oder nicht schuldig? Diese Frage ist im Berufungsprozess um falsche Verdächtigung gegen Nußlochs Ex-Bürgermeister Karl Rühl noch immer nicht beantwortet. Am vierten Verhandlungstag vor dem Heidelberger Landgericht wurde am Dienstag jedoch die Beweisaufnahme abgeschlossen. Die Verteidigung plädierte anschließend auf einen Freispruch, während die Staatsanwaltschaft eine Geldstrafe von 6000 Euro forderte. Eigentlich sollte schon das Urteil fallen. Wegen der langen Plädoyers soll dieses nun erst am kommenden Montag verkündet werden.

> In dem Prozess geht es um die Frage, ob Karl Rühl – von 2002 bis 2018 Bürgermeister von Nußloch – am 8. Juni 2016 in seinem Heimatort Mühlhausen beleidigt, verletzt und genötigt wurde. Genau das hatte er nach einem Streit mit einem Bauherrn behauptet und diesen bei der Polizei angezeigt. Zu dem Streit war es gekommen, da ein angrenzender Acker von Rühls Mutter abzurutschen drohte. Das wollte Rühl mit der Kamera fotografieren. Beim Versuch des Bauherrn, ihm die Kamera zu entreißen, habe er eine Schramme am Arm erlitten, so Rühl. Das Wieslocher Amtsgericht kam im Jahr 2017 jedoch zu dem Schluss, dass dies nicht stimme und verurteilte den 58-Jährigen wegen falscher Verdächtigung zu einer Geldstrafe von rund 6000 Euro. Der Ex-Bürgermeister legte Berufung ein. Seit Anfang Dezember wird der Fall am Heidelberger Landgericht neu aufgerollt.

> Der vierte Verhandlungstag begann mit einer Überraschung: Eigentlich schien es so, als wären alle Zeugen gehört. Doch das Gericht hatte noch einmal den ermittelnden Polizeibeamten geladen. Er wurde ein zweites Mal zur Vernehmung der Hauptzeugin befragt, die das Geschehen von einem Balkon aus beobachtet hatte. "Sie konnte sich gut an den Vorfall erinnern und hat diesen lebhaft geschildert", sagte der Polizist. Und sie habe erklärt, dass Rühl nicht angefasst worden sei. Dass sie dies sehen konnte, bestätigte der Polizist, der die Aussagen für glaubhaft hielt. Dies bezweifelte Rühls Verteidigerin Britta Albiez. Sie machte stutzig, dass die Zeugin gesehen haben will, wie Rühl mit seinem Handy beim Wegfahren im Auto telefonierte – trotz getönter Scheiben des Wagens. "Es geht nicht um Telefonieren im Auto", entgegnete Richter Michael Waldmann. "Weil ein Zeuge sich nach so vielen Jahren nicht an alle Details erinnert, ist nicht gleich die ganze Aussage anzuzweifeln."

> Für Anwältin Britta Albiez war dies jedoch auch in ihrem 35-minütigen Plädoyer ein entscheidender Punkt: "Die Zeugin hat nicht alles gehört und gesehen", meinte sie und sprach von einem "besonderen Fall". Vier Jahre später sei es unmöglich, den Sachverhalt zweifelsfrei zu klären. Albiez kritisierte die "untypische, ungewöhnliche und außerordentlich unprofessionelle Anzeigenaufnahme" durch einen eigentlich für psychisch auffällige Personen zuständigen und "nicht sonderlich motivierten" Polizisten. Die Anzeige wurde im Nußlocher Rathaus in Anwesenheit des Polizisten von Rühls Sekretärin getippt. Die vermeintliche Verletzung wurde dabei nicht dokumentiert.

"Das war der Startschuss für das ganze Dilemma und darf nicht zu Lasten meines Mandanten gehen", so Albiez. Dass die Staatsanwaltschaft zudem eine Verfahrenseinstellung von Anfang an ablehne, habe sie in 25 Jahren nicht erlebt. Für Albiez stand fest: Die Beweisaufnahme hat nicht ergeben, dass Karl Rühl wider besseren Wissens jemanden falsch verdächtigt hat." Ihr Mandant habe sich widerspruchsfrei geäußert und seine Aussagen seien nicht widerlegt worden. Die Sekretärin und die Ehefrau von Rühl hätten die Verletzung und Erregung Rühls nach dem Vorfall bestätigt. Es stehe zumindest Aussage gegen Aussage. Falls das Gericht der Zeugin glaube, forderte Albiez einen Termin vor Ort.

> Staatsanwalt Bastian Jansen schob voran, dass es generell unüblich sei, Verfahren in der Berufungsinstanz einzustellen. "Der Sachverhalt hat sich bestätigt", meinte er. "Der Angeklagte hat wider besseren Wissens Anzeige erstattet." Die Zeugin habe keine Handgreiflichkeiten beobachtet. Der Bauherr sei als Zeuge zwar nicht neutral gewesen, habe sich aber widerspruchsfrei geäußert und Rühl nicht belastet. Entscheidend sei, dass die bei der Anzeigenaufnahme nach drei Wochen noch sichtbare Verletzung nicht von dem Vorfall stammen konnte, was Rühl auch gewusst habe. "Und das ist eine falsche Verdächtigung", unterstrich Jansen. Für Rühl spreche, dass er nicht vorbestraft sei, gegen ihn aber, dass er die "Geltung der Anzeige durch die Aufnahme im Rathaus erhöht" habe.

> Richter Michael Waldmann gab bekannt, dass Rühl im Fall einer Verurteilung keine Auswirkungen auf sein Ruhestandsgehalt zu befürchten habe. Denn es gehe nicht um ein Dienstvergehen.

> Karl Rühl hatte das letzte Wort: "Die Auswirkungen des Verfahrens auf meine Familie sind immens und nicht mehr zumutbar – ich schlafe seit Wochen nicht und habe acht Kilo abgenommen", sagte er und bekräftigte seine Aussagen.

Update: Mittwoch, 6. Januar 2021, 19.39 Uhr


Prozess gegen Ex-Bürgermeister Rühl steht vor dem Abschluss

Karl Rühl wegen falscher Verdächtigung vor dem Landgericht – Alle Zeugen sind nun gehört – Urteil Anfang Januar

Nußloch/Heidelberg. (cm) Der Berufungsprozess wegen falscher Verdächtigung gegen den früheren Nußlocher Bürgermeister Karl Rühl geht nun in die Weihnachtspause. Alle Zeugen sind inzwischen gehört, am 5. Januar sollen vor dem Heidelberger Landgericht die Plädoyers gehalten werden. Noch am selben Tag soll dann auch das Urteil fallen.

Der dritte Verhandlungstag brachte etwas mehr Klarheit, aber es steht weiter Aussage gegen Aussage. Bekanntlich geht es um die Frage, ob Rühl am 8. Juni 2016 an seinem Wohnort Mühlhausen bei einem Streit beleidigt, verletzt und genötigt wurde. Genau das hatte Rühl nach einem Vorfall zwischen ihm und einem Bauherrn behauptet, der neben Rühls familieneigenen Acker ein Haus errichtete. Dieser drohte nach Erdarbeiten abzurutschen. Als Rühl dies mit der Kamera dokumentieren wollte, habe der Bauherr ihn bemerkt, beleidigt und versucht, ihm die Kamera zu entreißen, wobei er eine Schramme am Arm erlitt – sagt zumindest Rühl. Das Wieslocher Amtsgericht kam im Jahr 2017 jedoch zu dem Schluss, dass dies nicht stimme und verurteilte den 58-Jährigen wegen falscher Verdächtigung zu einer Geldstrafe von rund 6000 Euro. Der Ex-Bürgermeister legte Berufung ein. Seit Anfang Dezember wird der Fall am Landgericht neu aufgerollt.

Dort ging es am dritten Verhandlungstag um die fragliche Verletzung am Arm. Konnte diese nach drei Wochen bei der Anzeigenerstattung noch zu sehen sein? Da es kein Foto gibt, rief Richter Michael Waldmann die Beschreibungen in Erinnerung. Es sei von einem roten Kratzer, einer Schramme oder einem Strich die Rede gewesen. Laut Rühl könnte dieser beim Versuch des Bauherrn zustande gekommen sein, ihm die Kamera zu entreißen. Die Verletzung an der Innenseite des Oberarms sei etwa acht Zentimeter lang und drei Millimeter breit gewesen. Es habe nicht geblutet, aber es habe sich ein Grind gebildet, der auch etwa zwei Wochen später noch sichtbar gewesen sei.

Die Rechtsmedizinerin Dr. Kirsten Marion Stein fand dies merkwürdig. Dass es einerseits nicht blutete, aber andererseits ein Grind entstanden sein soll, passte für sie nicht zusammen. "Es wurde nur eine oberflächliche Schürfung beschrieben, die nicht zu einer Blutung geführt hat", so Stein. "Das heilt innerhalb weniger Tage – es ist auszuschließen, dass die Verletzung nach drei Wochen noch sichtbar war." Diese sei mit dem Geschilderten nicht in Einklang zu bringen.

Ebenfalls sagte eine Nachbarin aus, die während des Streits gerade auf dem Balkon Wäsche aufgehängt hatte. Die 38-Jährige erzählte, dass Rühl nicht auf die Bitten des Bauherrn reagiert und einfach weiter fotografiert habe. Es sei zwar zu einer lautstarken Diskussion gekommen, sie habe aber keine Schimpfwörter oder Bedrohungen gehört und es sei auch nicht zu Handgreiflichkeiten gekommen. Der Bauherr habe zwar versucht, Rühl die Kamera wegzunehmen, habe ihn aber nicht angefasst oder gar geschlagen.

Am 5. Januar soll es laut Richter Michael Waldmann außerdem darum gehen, ob Rühl, von 2002 bis 2018 Bürgermeister, Auswirkungen auf pensionsrechtliche Ansprüche zu befürchten hat.

Update: Sonntag, 20. Dezember 2020


Im Berufungsprozess von Ex-Bürgermeister Rühl steht Aussage gegen Aussage

Karl Rühl hatte im Prozess um falsche Verdächtigung Berufung eingelegt. Im Januar soll das Urteil fallen.

Nußloch/Heidelberg. (lesa) Wurde Karl Rühl am 8. Juni 2016 bei einem Streit wirklich beleidigt, verletzt und genötigt? Diese Frage versucht aktuell das Landgericht in Heidelberg zu klären, das die Berufung des 2017 wegen falscher Verdächtigung verurteilten Ex-Bürgermeisters von Nußloch verhandelt. Der zweite Verhandlungstag am gestrigen Dienstag stand ganz im Zeichen der Rekonstruktion des Vorfalls.

Es geht um einen Streit zwischen Rühl und dem Bauherrn eines Grundstücks neben dem familieneigenen Acker in Mühlhausen. Dort waren Grabarbeiten durchgeführt worden, durch die Rühls Familie einen Hangrutsch befürchtete. Am 8. Juni wollte er daher Fotos machen, die den Behörden die mangelnde Stabilität beweisen sollten. Laut Rühl habe der Bauherr ihn bemerkt, beleidigt und versucht, ihm die Kamera zu entreißen, wobei er eine Schramme am Arm erlitt.

"Es war schwer, einzuschätzen, in welcher Situation er war", sagte der ehemalige stellvertretende Revierleiter des Polizeireviers Wiesloch nun in der Verhandlung. Diesen hatte Rühl aufgebracht aus dem Auto angerufen und angekündigt, Anzeige erstatten zu wollen. "Er gab an, nicht wegfahren zu können, was er als Nötigung interpretierte. Eine Nachfrage zu körperlichen Streitigkeiten blieb aber offen", so der Polizist. Die Anzeige folgte dann einige Tage später. Vermutlich noch am selben Tag zeigte Rühl aber seiner Frau sowie einem Nachbarn die Schramme und berichtete überdies einem Mitarbeiter des Baurechtsamts davon. Alle gaben in der Verhandlung an, dass diese ihrer Information nach beim vermeintlichen Wegreißen der Kamera entstanden war.

Der Bauherr hatte sich ebenfalls noch am Tag des Streits an die Polizei gewandt. "Ich bin mit einem Kollegen hingefahren, habe aber keine strafbaren Handlungen feststellen können", so der damals diensthabende Polizist. Der Bauherr und ein Zeuge hätten angegeben, dass der Bauherr Rühl weder beleidigt noch angefasst habe. "Beide sagten, sie hätten Abstand zum Auto gehabt, während Rühl im Auto bei heruntergelassenem Fenster mit der Polizei telefonierte", so der Polizist.

So steht weiterhin Aussage gegen Aussage. Mehr Klarheit könnte nun eine Zeugin bringen, die zum Zeitpunkt des Vorfalls auf einem nahen Balkon stand und den Streit beobachtet haben könnte. Sie wird am nächsten Verhandlungstag gehört.

Update: Dienstag, 15. Dezember 2020


Nußloch. (cm) Fast genau drei Jahre ist es nun her, dass Karl Rühl vom Wieslocher Amtsgericht wegen falscher Verdächtigung zu einer Geldstrafe von rund 6000 Euro verurteilt worden ist. Am Donnerstag stand der Ex-Bürgermeister von Nußloch jetzt erneut vor Gericht – dieses Mal allerdings vor dem Landgericht in Heidelberg. Rühl war nämlich in Berufung gegangen, weil er unschuldig sei.

Bürgermeister Karl Rühl. Foto: Alex

Richter Michael Waldmann erinnerte eingangs an die Tat, um die es geht. Rühl, von 2002 bis 2018 Bürgermeister und seither Pensionär, habe im Juni 2016 Anzeige wegen Körperverletzung, Beleidigung und Nötigung erstattet. Anlass war ein Streit um einen drohenden Hangrutsch in seiner Heimatgemeinde Mühlhausen zwischen ihm und einem Mann, der neben dem Acker von Rühls Familie ein Haus baute. Der 58-jährige Rühl soll "bewusst wahrheitswidrig" behauptet haben, dass er von dem Mann am Arm gerissen worden sei und eine Verletzung davongetragen habe. Außerdem habe Rühl behauptet, dass er "Drecksack" genannt worden sei und der Bauherr gedroht habe, ihn "vom Grundstück zu prügeln". Das Gericht kam aber zur Überzeugung, dass dies nicht stimmt.

Urteil wohl erst im Januar

Nun wird der Fall gerichtlich neu aufgerollt. Zum Auftakt bekräftigte Rühl, dass er beim Fotografieren des Bauwerks von dem Bauherrn angegriffen worden sei. Dieser habe ihn beim Versuch, die Kamera zu entreißen, am Arm erwischt, bedroht und beleidigt. "Ich weiß nicht, woher die Aggressivität kam", so Rühl. Nach dem Vorfall habe er die Polizei und den Chef des Kreisbauamts informiert. Anzeige erstattete er jedoch erst drei Wochen später.

Ein Beamter des Wieslocher Polizeireviers berichtete als Zeuge, dass es Probleme bei der Terminfindung gab und er beim Formulieren der Anzeige im Nußlocher Rathaus geholfen habe. Richter Waldmann stellte die Frage in den Raum ob ein Bürgermeister eine Sonderbehandlung genieße. Er störte sich daran, dass die Aussage von Rühl und dem Beamten zusammen formuliert und von Rühls Sekretärin getippt worden sei. Diese betonte als Zeugin, dass sie dies nicht während der Arbeitszeit getan habe. "Herr Rühl war nach dem Vorfall sehr aufgebracht ins Rathaus gekommen und hat alles erzählt", erinnerte sie sich. Ihr sei damals ein "roter Kratzer" am Arm aufgefallen. Dieser sei auch nach drei Wochen noch zu sehen gewesen. "Ich hatte keinen Zweifel, dass das nicht stimmt", sagte sie. "Herr Rühl hat nie gelogen."

Eine völlig andere Geschichte erzählte der Bauherr. Er habe Rühl lediglich gebeten, nicht sein Grundstück zu betreten und keine Bilder zu machen, so der 32-jährige Angestellte einer Zimmerei. Rühl habe jedoch gesagt, dass er machen könne, was er wolle. "Es kann sein, dass ich etwas lauter und zornig war", gab er zu. "Ich habe ihn aber definitiv nicht berührt und bedroht." Dies bestätigte ein Bauhelfer.

Richter Waldmann sah "zwei völlig unterschiedliche Geschichten" und Rühls Verteidigerin Britta Albiez erkannte viele Widersprüche in Zeugenaussagen. Die größte Herausforderung der nächsten drei Verhandlungstage wird nun sein, diese nach so langer Zeit aufzulösen. Das Urteil soll Anfang Januar fallen.

Update: Donnerstag, 3. Dezember 2020

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