Der Andrang zum Neujahrsempfang in Leimen war gewaltig: Die Stühle reichten nicht aus, viele Besucher mussten in der Festhalle des Zementwerks stehen. Foto: Alex
Von Thomas Frenzel
Leimen. So muss es sein: Das Interesse der Bürger war gewaltig. Stühle um Stühle mussten aus dem Lager zusätzlich in die Festhalle des Zementwerks gebracht werden. Auch die Zahl der Ehrengäste war beachtlich. Zu vielen Bürgermeistern und Rathauschefinnen aus der Region gesellten sich Landtags- und Bundestagsabgeordnete. Mittendrin: Oberbürgermeister Hans D. Reinwald, der viele Hände schüttelte.
Anlass für die gesellschaftliche Zusammenkunft war der Neujahrsempfang der Großen Kreisstadt. Anlass für den großen Andrang war wohl auch die Festrednerin: Julia Klöckner, Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft.
Applaus brandete auf, als die 46-jährige CDU-Politikerin durch den diskreten Hintereingang in die Festhalle kam. In elegantem Kleid und gewohnt fotogen, wie Otto Normalverbraucher sie von den Talk-Shows im Fernsehen kennt. Gab’s für Stephan Harbarth, den früheren CDU-Bundestagsabgeordneten des Rhein-Neckar-Kreises und nunmehrigen Vizepräsidenten am Bundesverfassungsgericht, noch ein Küsschen zur Begrüßung, so brannte Klöckner eigentlich nur eine Frage auf den Nägeln: "Wo ist denn die Nathalie?" Gemeint war damit die Juniorchefin des Leimener Weinguts Adam Müller. Beide Winzertöchter hatten gemeinsam in Bad Kreuznach das Abitur gemacht, den guten Kontakt nie abbrechen lassen. Klar, dass Freundin Nathalie da war und die Bundespolitikerin direkt vor ihr saß.
Zeit für längeres Geplauder war aber nicht, das folgte später. Denn das Streicherorchester der Musikschule, das die Wartezeit noch für das Stimmen der Instrumente genutzt hatte, begrüßte nun mit Vivaldis "Frühling" das neue Jahr 2019.
Das war der Auftakt zum offiziellen Programm. Es war an OB Reinwald, die vielen Gäste willkommen zu heißen, das vergangene Jahr Revue passieren zu lassen. Dabei sparte er auch nicht mit kritischen Anmerkungen. Auch wenn er das Wort "Klimawandel" nicht benutzte, so führe die praktizierte rücksichtslose Ausbeutung des Planeten Erde in eine Katastrophe. Mit dem "absolut richtigen Verbot von Plastikgeschirr" lasse sich diese Katastrophe aber nicht aufhalten.
Selbstredend zog der OB auch eine lokale Erfolgsbilanz. Er nannte die erfolgreichen Sanierungen von Landesstraße L600 und Georgi-Tiefgarage, verwies auf die anstehenden Millionen-Investitionen in Real- und Gemeinschaftsschule sowie in die Kinderbetreuung. Und er appellierte mit Blick auf den 26. Mai, vom Wahlrecht Gebrauch zu machen: "Direkter als bei der Kommunalwahl geht Demokratie nicht mehr."
Damit sprach er ganz im Sinne von Julia Klöckner, die denn auch gehöriges Lob verteilte. "Sie haben einen ordentlichen Oberbürgermeister", rief sie den Leimenern zu. Wählen zu gehen im Superwahljahr 2019 war auch eine ihrer Botschaften, genauso wie die Warnung vor einem bröckelnden Europa - einer undenkbaren Vorstellung für alle, die ohne Landesgrenzen erwachsen wurden. Im Gegensatz zu Nationalismus, der andere als schlecht und minderwertig einstuft, begründe nur "fröhlichen Patriotismus" eine belebende gemeinsame Vielfalt.
Dieser Patriotismus wurde auch hörbar: Als zum Abschluss es offiziellen Programms das Badnerlied erklang, standen alle auf und sangen vielstimmig mit.