Auf den Turm des Windrads wurden Lichteffekte gestrahlt. Foto: Katzenberger-Ruf
Von Christoph Moll
Neckarsteinach-Grein. Hunderte Besucher zog es vor anderthalb Wochen in den Wald beim Neckarsteinacher Stadtteil Grein. Dort veranstaltete die örtliche Feuerwehr mit Unterstützung der Energiegenossenschaft Starkenburg ein modernes "Lärmfeuer".
An vielen Orten des Odenwalds loderten an diesem Abend Feuer in Erinnerung an historische Signalketten, mit denen früher vor Gefahr gewarnt wurde - nicht aber in Grein. Dort ist die traditionelle Variante wegen der Brandgefahr im Wald nicht mehr erlaubt.
Und so wurde zum zweiten Mal als Ersatz eines der fünf Windräder des Windparks "Greiner Eck" mit Farbspielen und Lichteffekten illuminiert. Es war ein Schauspiel, das die Besucher begeisterte - nicht aber den Verein "Mensch, Umwelt-, Natur- und Artenschutz" (Muna) mit Sitz im hessischen Heppenheim. Dieser übt scharfe Kritik, die jedoch teilweise nicht haltbar ist. Es ist von einem "Jahrmarkt im Wald" die Rede.
Das Lärmfeuer am Greiner Eck habe inmitten eines schützenswerten Waldgebiets stattgefunden, heißt es in der Mitteilung der zweiten stellvertretenden Vorsitzenden Angelika Emig-Brauch. Bis zu 70 Scheinwerfer hätten den Wald in ein "leuchtendes Inferno" versetzt. Die Aktion bestätige den "erschreckend unsensiblen Umgang der Projektierer mit der Natur, aber auch vieler Menschen, die die Vergnügungssucht über den Naturschutz stellen".
Emig-Brauch sieht eine nicht zu tolerierende Grenzüberschreitung, die den Tieren neben den täglichen Gefahren durch Windkraftanlagen ihre letzten Lebensräume raube. Der Verein richtet seine Kritik auch an die Behörden. Wer eine solche "nächtliche Massenveranstaltung im Wald mit Licht- und Lärmspektakel" durchführt und genehmigt, zeige keinerlei Respekt und Verantwortung gegenüber der Natur und missachte nationales und europäisches Naturschutzrecht.
"Mit lautem Getöse ein Volksfest mit Musik, Bratwurststand und Shuttleservice zu veranstalten, und das mitten in der Brut- und Setzzeit, erhöht mit Sicherheit nicht die Akzeptanz für Windindustrie im Wald", meint Emig-Brauch.
"Eine alte Tradition wird hier missbraucht, um in einer Art Stammtischgetöse, verbunden mit dem Hinterlassen von Dutzenden Zigarettenkippen, Papptellern, Servietten, Kronkorken, Bonbonpapieren, Taschentüchern, Fäkalien bis zu Damenbinden, die Eventisierung des Waldes voranzutreiben."
Aber ging es am Greiner Eck wirklich so schlimm zu? Die RNZ-Reporterin nahm vor Ort jedenfalls weder laute Musik noch große Müllmengen wahr. Auf Nachfrage der RNZ räumt Emig-Brauch ein, dass sie selbst nicht vor Ort war und sich auf Berichte von Augenzeugen verließ. So revidiert sie die Behauptung, dass laute Musik gespielt wurde. Es habe aber Besucher gegeben, die Lautsprecher dabei hatten. Bei ihrer grundsätzlichen Kritik bleibt die Sprecherin des im Jahr 2013 gegründeten Vereins jedoch.
Eine Kritik, die Bürgermeister Herold Pfeifer nicht nachvollziehen kann: Er sei schon immer ein Unterstützer des Lärmfeuers und "todtraurig" gewesen, als dieses nicht mehr am Greiner Eck stattfinden konnte. Durch den Windpark und die gerodeten Flächen hätte sich dann eine neue Chance ergeben. "Wir waren froh, dass die tolle Tradition fortgeführt werden konnte", so Pfeifer.
Die Stadt habe sich bei Behörden wie "Hessenforst" und der Unteren Naturschutzbehörde "rückversichert". Der Bürgermeister betont: "Alle Auflagen wurden eingehalten." So sei der Shuttlebus nur für gehbehinderte Personen angeboten worden. "Und im Gegensatz zu einem echten Feuer wurde die Luft nicht verpestet", sagt Pfeifer. "Es gab kein Volksfest und keine Party."
Und die Feuerwehr habe den Müll beseitigt. "Nicht einmal ein Sack" sei zusammengekommen, berichtet Rudolf Schmitt von der Feuerwehr: "Es ist kein Müll zurückgeblieben." Dies liege auch daran, dass man keine Einweg-Plastikbecher ausgegeben habe.
"Es gab keine Losbude und kein Mikro", betont auch Micha Jost von der "Energiegenossenschaft Starkenburg". "Zwischendurch herrschte sogar eine meditative Stimmung." Jost meint, dass man mit der geäußerten Kritik alle Lärmfeuer im Odenwald in Frage stellen müsse: "Denn es ist sicher nicht besser, wenn Totholzhaufen brennen und Menschenmassen über Wiesen laufen."