Die Schlange „Brunhilde“ füllte 2006 das Sommerloch. Repro: RNZ
Von Benjamin Miltner
Neckargemünd/Neckarsteinach. Das Neckartal zwischen Neckargemünd und Eberbach ist bekannt für Vorkommen von Schlangen. Für die vom Aussterben bedrohte und auf der Roten Liste stehende Äskulapnatter ist die Region eines von gerade einmal vier größeren Gebieten in Deutschland. Nicht ungewöhnlich also, dass man dort so einer ungiftigen, scheuen Schlange begegnet.
Die Schlangensichtung, die Andreas Kaltenstadler im Juli 2006 machte, war dagegen umso ungewöhnlicher. "Schlangen-Alarm am Neckar: Python schaute aus dem Wasser" titelte die RNZ am 18. Juli 2006. Der damals 41-jährige Angler und Jäger hatte einen etwa drei Meter langen Würger im nächtlichen Neckar in der Nähe des Neckargemünder Ortsteils Neckarhäuserhof entdeckt.
Eigentlich hatte Kaltenstadler seine Angel nach einem zweieinhalb Meter großen Wels ausgeworfen, für den die dort lebenden Entenküken zur Vorliebe geworden waren. Kurz vor Mitternacht schlug sein Jagdhund "Dachs" Alarm: Im Neckar bewegte sich etwas, der Angler beleuchtete die Stelle mit seiner Lampe. "Doch anstatt eines Welses schauten ihn im Schein der Lampe die Augen einer Schlange an", schrieb die RNZ. Kaltenstadler verfolgte das Tier über mehrere Hundert Meter und identifizierte es als Königspython.
Für ein paar Tage riss "Brunhilde" – so der Spitzname der mindestens drei Meter großen, braunbeigen bis goldcremefarben Schlange – die ganze Region rund um Heidelberg aus der Hitzestarre. Die Wasserschutzpolizei suchte mit einem Patrouillenboot mehrere Tage lang den Fluss nach dem Reptil ab – vergeblich. Der Python tauchte nicht mehr aus dem rund 27 Grad warmen Neckar auf. Nach einer Woche gab die Polizei ihre Suchaktion auf. Nur Kaltenstadler hatte "seine Brunhilde" noch zweimal gesichtet, einmal davon mit Anglerfreunden.
Es war übrigens nicht das erste Mal, dass eine Würgeschlange im Neckar an dieser Stelle für Aufruhr sorgte. "Fährmann fischt Königsboa aus Neckar" lautete die Überschrift eines RNZ-Artikels vom 12. November 2002. Damals war eine Boa constrictor, auch Königsboa genannt, ebenfalls im Bereich zwischen dem Neckargemünder Ortsteil Neckarhäuserhof und dem Neckarsteinacher Ortsteil Neckarhausen gefunden worden. Der Fährmann der dortigen Fähre zog zusammen mit einem Passagier das laut Wasserschutzpolizei 1,78 Meter lange und zehn Kilogramm schwere Exemplar tot aus dem Neckar. Das ansonsten in wärmeren Gefilden lebende Tier hatte im eiskalten Fluss keine Überlebenschance.
Bleibt nur noch die Frage: Warum "Brunhilde"? Kaltenstadler hatte den Python so getauft – und zwar in Anlehnung an den Braunbären "JJ1", besser bekannt als "Problembär Bruno". Das aus Italien über die Alpen nach Bayern gewanderte Tier war im Frühsommer 2006 der erste Braunbär in freier Wildbahn in Deutschland seit über 170 Jahren.