Neben den fünf Hennen hat auch der Hahn einen Paten – der wiederum auch Eier erhält. Fotos: privat
Von Sabrina Lehr
Meckesheim. "Alle wollen Hühner!" Mike Herrmanns Stimme sprüht vor Euphorie, als er diesen Satz sagt. Der Erste Vorsitzende des Meckesheimer Kleintierzuchtvereins erlebt seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie einen wahren Hühner-Boom: "Man reißt uns die Hennen aus den Händen." Während noch vor zwei Jahren buchstäblich höchstens der Hahn nach Hühnern krähte, bemerke der Verein nun ein gesteigertes Interesse an den Tieren.
"Angefangen hat alles mit dem Dioxin-Skandal", erinnert sich Herrmann an den Eklat um möglicherweise krebserregendes Futtermittel. Im Zuge dessen landeten um den Jahreswechsel 2010/2011 Tausende von Hühnereiern auf dem Sondermüll und etliche Legehennen im Schlachthof. Damals schon sei es aus Panik vor Versorgungsengpässen zu Hühnerkäufen gekommen.
Im Frühjahr 2020 wiederholte sich das Spiel. "Die Leute haben Panik geschoben, dass es keine Eier mehr gibt", so Herrmann, der sich an eine besondere Episode erinnert: "Ich habe vergangenes Jahr auf eine andere Hühnerrasse umgestellt." Die 60 "Marans-Hühner", die er bis dato gezüchtet hatte, inserierte er im sozialen Netzwerk Facebook: "Innerhalb von zehn Minuten waren alle weg!"
Vereinschef Mike Herrmann.Und der Andrang sei nicht abgerissen. Weil sich über den Sommer eine Warteliste mit Interessenten beim Kleintierzuchtverein füllte, wurde im September eine Idee geboren: die Hühnerpatenschaften. Deren Prinzip: Für einen monatlichen Grundbetrag bekommt der jeweilige Pate ein Huhn zugewiesen, um das sich Herrmann und seine Züchter-Kollegen kümmern. Fünf Hennen und ein Hahn der Rasse "Orpington" stehen dafür aktuell zur Verfügung.
Jeder Hühnerpate erhält wöchentlich bis zu sechs Eier – die Menge hängt davon ab, wie viel die Hennen gerade legen. "Der Pate des Hahns kriegt natürlich auch Eier", verrät der Vorsitzende augenzwinkernd. "Außerdem mischen wir sie auch mit Eiern von unseren Hühnern, sodass rote oder grüne dabei sind", erklärt er. Der Nebeneffekt laut Herrmann: "Der Verein wird damit unterstützt und damit auch der Erhalt der Rassen, die wir züchten."
Die Nachfrage sei "gigantisch" gewesen. Alle sechs Hühner hätten in kurzer Zeit einen Paten gehabt. Bei diesen handele es sich um Frauen und Männer verschiedener Altersgruppen. Sie alle vereine, dass sie keine Möglichkeit haben, selbst Hühner zu halten. Stattdessen leben die Patenhühner auf einer Parzelle des Kleintierzüchter-Geländes, wo ihre Paten sie nach Rücksprache mit den Vereinsmitgliedern jederzeit besuchen können. "Grundsätzlich sind die Patenschaften auf ein halbes oder ein Jahr ausgelegt", so Herrmann, der zudem durchblicken lässt, dass es bereits neue Interessenten für ein gefiedertes Patentier gebe.
Worauf der Verein reagiert: "Wir bauen gerade zwei neue Stämme auf", erklärt der Kleintierzüchter, der nicht nur aus Eigeninteresse auf gute Resonanz hofft: "Je mehr Leute Hühner haben, desto mehr Rassen bleiben erhalten." Und je mehr Leute Hühnerpaten sind, desto länger hält der Hühner-Boom in Meckesheim an.