Ein AC/DC-Dollar von einem Konzert der Band im Jahr 1991 in Mainz ist der Talisman von Marcus Zeitler, das Album der Band Metallica symbolisiert seine Lieblingsmusik. Foto: Alex
Von Christoph Moll
Leimen/Schönau. "Ich war jung und brauchte das Geld." So beginnen meistens Erzählungen von Jugendsünden. Auch Marcus Zeitler war jung und brauchte das Geld, als er Ende der 90er Jahre beim legendären "Schwimmbad Musikclub" in Heidelberg als Türsteher anfing zu arbeiten. Eine Jugendsünde? Nein, sagt der langjährige Bürgermeister von Schönau und nunmehrige Oberbürgermeister von Hockenheim mit Wurzeln in Leimen. "Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht - es war eine super-tolle Zeit, für die ich mich nicht schämen muss."
Doch wie kam Zeitler damals zu dem außergewöhnlichen Job? Der Leimener war Stammgast im "Schwimmbad Musikclub". "Es war immer gute Musik geboten", erinnert er sich an die Heidelberger Kulteinrichtung. Besonders gut gefiel ihm die große Musikauswahl auf mehreren Ebenen. "Es war für alle etwas dabei", sagt Zeitler, der passionierter Heavy-Metal-Fan ist und schon auf mehreren Konzerten der Band Metallica war.
Nach der Fachhochschulreife an der Julius-Springer-Schule in Heidelberg war Zeitler zunächst vier Jahre bei der Bundeswehr gewesen, bevor er bei der Leimener Stadtverwaltung die Ausbildung zum Verwaltungswirt begann. "Als Soldat habe ich gut verdient", erzählt der heute 44-Jährige. "Als Azubi bei der Stadt hatte ich dann auf einmal nur noch die Hälfte." Doch er musste seine Wohnung in Leimen bezahlen und wollte auch nicht auf seinen Opel und sein Motorrad, eine "Suzuki Intruder 800", verzichten. Da kam das Angebot des "Schwimmbad Musikclubs" gerade recht. Zunächst bekam er 18 D-Mark pro Stunde, am Ende waren es elf Euro. "Das war ein guter Nebenverdienst und hat gereicht", sagt Zeitler. "Und es hat auch Spaß gemacht."
Marcus Zeitler wurde in der Regel an einem Abend unter der Woche von 19 bis 3 Uhr und in der Regel samstags - dann bis 5 Uhr - in einem Team mit sechs bis acht Personen eingesetzt. "Ich war meistens vor der Tür", sagt er. "Wir haben dafür gesorgt, dass die Regeln eingehalten werden." Die Philosophie des Clubs habe gelautet: "Jeder darf rein, solange er sich benimmt." Besondere Vorgaben für den Kleidungsstil gab es nicht. "99,8 Prozent kamen rein", so Zeitler. "Das Schöne war: Jeder hatte eine Chance."
Am Anfang habe er viel von seinen erfahrenen Kollegen gelernt, erzählt Zeitler. Aber auch seine Körpergröße und sein breites Kreuz halfen dabei, sich Autorität zu verschaffen. "Das Wichtigste ist aber, dass man den Blick für Menschen hat", sagt er. "Alles wurde verbal mit Überzeugungskraft geregelt." An größere körperliche Auseinandersetzungen kann sich Zeitler nicht erinnern, es habe nie eine brenzlige Situation gegeben - obwohl an guten Abenden um die 1000 Besucher an ihm vorbeimussten. "Der beste Türsteher ist der, der nicht eingreifen muss", betont der Leimener.
Für sein Berufsleben habe er jede Menge Erfahrungen mitgenommen, so Zeitler: "Ich habe gelernt, mit unterschiedlichsten Menschen zu sprechen, mir ihre Probleme anzuhören, und für Ordnung zu sorgen", sagt Zeitler und schmunzelt: "Im Prinzip all das, was ein Bürgermeister auch macht." Außerdem habe er viele interessante Menschen kennengelernt: "Es sind Freundschaften entstanden, die bis heute halten."
Besonders in Erinnerung geblieben ist Zeitler ein Auftritt der US-amerikanischen Rockband "Tito & Tarantula" um die Jahrtausendwende. Die Gruppe wurde durch ihren Auftritt im Film "From Dusk Till Dawn" weltweit bekannt. "Dafür habe ich mir extra freigenommen", weiß er noch.
Als Zeitler im Jahr 2004 in den Kreistag gewählt wurde, beendete er seine Türsteher-Tätigkeit. "Es ging dann einfach zeitlich nicht mehr", sagt er. Danach war er bis zur Schließung Ende 2015 stets noch einmal im Jahr Gast. "Es ist schade, der Schwimmbad Musikclub hat eine ganze Generation geprägt", sagt Zeitler. "Mit ihm ist auch ein Stück Kultur verloren gegangen, die nicht zu ersetzen ist."