Knapp 100 Hektar soll die Fläche umfassen, die Heidelberg und Leimen zu einem gemeinsamen Gewerbegebiet entwickeln wollen. Diese Grafik zeigt, um welches Plangebiet es sich handelt. Grafik: RNZ-Repro
Von Thomas Frenzel
Leimen. "Herzlich willkommen im Leimener Rathaus." Wie oft dieser Satz schon gefallen ist, wurde von niemandem festgehalten. Es dürfte schon zigtausendfach der Fall gewesen sein. Doch diesmal war alles anders und das löste prompt eine scherzhafte Eingemeindungsdebatte aus. Denn es war nicht Hausherr Hans D. Reinwald, der so in der Leimener Machtzentrale begrüßte, sondern sein Heidelberger Amtskollege, Oberbürgermeister Eckart Würzner, der von einem "großartigen Tag" sprach. Der Anlass war auch ein historischer: Im Leimener Ratssaal war der Zweckverband Interkommunales Gewerbe- und Industriegebiet Heidelberg-Leimen zu seiner konstituierenden Sitzung zusammengekommen. Pandemie-bedingt war dieses Treffen schon mehrfach verschoben worden.
Mit dem Zweckverband war zum 1. Januar 2021 in Sachen Baurecht so etwas wie eine neue Gebietskörperschaft entstanden: Beide Städte hatten dem Zweckverband für dessen Gebiet die Aufgaben ihrer Bauämter übertragen. Das Gebiet misst etwa 99 Hektar, davon rund 55 Hektar auf Leimener Gemarkung. Die auch flächenmäßig wichtigsten Unternehmen sind Heidelberg-Cement mit etwa 17 Hektar sowie Eternit mit 21,5 Hektar, von denen Eternit aber nur noch drei Hektar dauerhaft nutzt. Hinzu kommen rund 14 Hektar an ausgewiesener gewerblicher Entwicklungsfläche sowie die vier Hektar große Ex-Deponie Fautenbühl. Sie alle sollen angesichts einer immer schwieriger werdenden Ausweisung von Gewerbegebieten gemeinsam entwickelt werden.
Beide Oberbürgermeister schwelgten denn auch in Superlativen. Mit der neuen Rechtskonstruktion werde ein "super Signal" dahingehend gesetzt, wie sich die Transformation einer industriell geprägten Struktur gestalten lasse. Das sagte Würzer. Reinwald sprach von einem gleichermaßen ökonomischen wie ökologischen Flächenrecycling, von einem zukunftsweisenden Projekt und von "ehrgeizigen Zielen" sowie von einem "epochalen Schritt für beide Städte". Zudem erinnerte er an den Sommer 2016, als bei einem Gespräch im Heidelberger Rathaus die Idee von dem interkommunalen Zusammengehen geboren wurde.
Dass die ersten Schritte des neuen Zweckverbands eher überschaubar sein werden, zeigte der einstimmig beschlossene Haushaltsplan 2021. Er hat ein Volumen von 446.000 Euro. Jeweils 200.000 Euro steuern beide Städte als Einlage bei, der Rest sind Fördergelder. Diese wurden mit Hilfe der LBBW Immobilien Kommunalentwicklung GmbH, die Leimen seit Jahren bei den Stadtkernsanierungen zur Seite steht, beim Land eingeworben. Investive Maßnahmen sind vorerst nicht vorgesehen; sie sind zudem per Verbandssatzung von den Gemeinderäten beider Städte zu beschließen. Der Stellenplan weist 1,3 Vollzeitstellen bei drei Beschäftigten aus.
Ungeachtet ihrer Überschaubarkeit haben die ersten Schritte Gewicht. Die verkehrstechnischen Untersuchungen sollen fortgesetzt werden, heißt es in der Sitzungsunterlage. Hier geht es um die Verlängerung der vorhandenen L 600-Nordostumgehung bis an den Westrand des Gewerbegebiets. Auf dieser Trasse sollen auch Straßenbahn und Radfahrer verkehren – und bei den Bundesbahngleisen im Westen einen S-Bahn-Anschluss erhalten. Gleichzeitig soll 2021 ein städtebauliches Entwicklungskonzept stehen, um dann in einen Bebauungsplan zu münden. Ein solcher hat in aller Regel mit einhergehender Änderungssperre erhebliche Konsequenzen für alle im Gebiet Angesiedelten. In dem Planwerk dürfte es auch um den Anschluss von Rohrbach-Süd an die Schwetzinger Straße/L 600 in Leimen gehen.
Selbstredend ist nichts für umsonst. Das offenbart die verabschiedete Entschädigungssatzung. Demnach erhalten beide Oberbürgermeister für ihr Engagement als Verbandsvorsitzende eine Aufwandsentschädigung von 350 Euro – pro Kopf und Monat. Auch die von den Gemeinderäten entsandten zehn Mitglieder der Verbandsversammlung gehen nicht leer aus. Jeder von ihnen erhält ein Sitzungsgeld von 50 Euro. Inklusive der konstituierenden Sitzung gibt es 2021 drei Vollversammlungen, dazu vier Ausschusssitzungen.
Diese Treffen werden überwiegend in Leimen über die Bühne gehen, dem Sitz des Zweckverbands. Dies erfuhr Leimens FDP-Stadtrat Klaus Feuchter auf Nachfrage. Und: Die erwähnte Auto-Rad-Straßenbahn-Trasse führt nach aktueller Planung an der denkmalgeschützten alten Werkhalle von Eternit vorbei. Peter Sandner (SPD) forderte eine Auflistung der Planziele der nächsten fünf Jahre – inklusive zeitlichem Verwirklichungshorizont.