Der katholische Kindergarten St. Georg in der Wilhelm-Haug-Straße war unlängst aufwendig saniert worden. Foto: Frenzel
Leimen. (fre) Es war die Stunde der Kirchenkritiker. "Die Kirchen sind nicht vermeintlich reich, sie sind reich", fand Gerhard Scheurich (FDP) und verwies auf "mehrere 100 Milliarden an Aktienbesitz". Wo Kirche draufsteht, soll auch Kirche drin sein, forderte Ralf Frühwirt (GALL). Und Kirchensteuerzahler Klaus Feuchter (FDP) nannte die hierzulande greifende Kirchensteuer einen Luxus, nach dem sich andere nur sehnen könnten.
Worum es ging im Gemeinderat? Die Römisch-Katholische Kirchengemeinde Leimen-Nußloch-Sandhausen hatte für ihre beiden zur Herz-Jesu-Pfarrei gehörenden Kindergärten um mehr Geld gebeten: Der kommunale Zuschuss zum Betriebskostendefizit möge zum 1. Januar 2019 um 1,5 auf 93 Prozent erhöht werden.
Seine "Bitte" hatte Pfarrer Arul Lourdu als Chef der Seelsorgeeinheit mit Gewichtigem untermauert. Mit dem St. Mauritius- und dem St. Georg-Kindergarten betreue Herz-Jesu in zwölf Gruppen rund 260 Kinder, davon 20 unter Dreijährige in zwei Krippengruppen. 40 Kindern werde ein warmes Mittagessen angeboten. Seit 2010 belaufe sich der städtische Zuschuss in Leimen auf 91,5 Prozent, allein seit 2014 habe sich das jährliche Defizit der Kirchengemeinde aber um 28- auf 109.000 Euro im Jahr 2017 erhöht.
Ein nicht minder gewichtiges Argument steuerten die Stadträte bei ihrer Debatte selbst bei: Der evangelischen Kirchengemeinde Leimen zahlt die Stadt schon längst einen Defizitausgleich von 93 Prozent.
Für GALL-Frühwirt war mit dem katholischen Antrag die Runde der kirchengemeindlichen Forderungen endgültig eröffnet. Seine Vorhersage: Wenn alle bei 93 Prozent sind, dauere es nicht lange, bis 95 Prozent gefordert würden. Bei so viel Zuschuss müsse sich die Kirche aber auch die Frage stellen lassen, ob sie dann in ihren derart öffentlich bezuschussten Einrichtungen noch ihr Kirchenrecht anwenden dürfe.
Peter Sandner (SPD) hoffte indessen, dass eine Zeit lang Ruhe einkehre, wenn für alle der 93-Prozent-Marke erreicht sei. Aus Gründen der Gleichbehandlung dürfe den Katholiken nicht verwehrt werden, so Rudolf Woesch (FW), was den Protestanten gewährt werden. Und man solle sich freuen, dass sich die Kirchen an der Kinderbetreuung beteiligten. Dies sei schließlich eine Pflichtaufgabe der Kommune, sagte Wolfgang Krauth (SPD). Im übrigen, so Claudia Neininger-Rödt (CDU), sei eine Trägervielfalt bei den Betreuungseinrichtungen nur von Vorteil für die Große Kreisstadt.
Diese Argumente mochten FDP-Feuchter nicht überzeugen. Berücksichtige man die Mietausgleichszahlungen, die von der Stadt neben dem Betriebskostendefizit geleistet würden, müsse man schon von einem Betriebszuschuss von 96 oder 97 Prozent reden. Und an den baulichen Investitionen beteilige sich die Stadt zudem mit 85 bis 100 Prozent. Beides geschehe ohne jeglichen Einfluss der Stadt, auch nicht auf das Zustandekommen des Betriebsdefizits.
Oberbürgermeister Hans D. Reinwald zeigte sich indessen froh, "dass auch andere Träger bei der Erfüllung dieser Pflichtaufgabe der Stadt mitwirken und dabei selbst ins Obligo gehen". Dies war auch die überdeutliche Mehrheitsmeinung: Zu dem 93-Prozent-Zuschuss gab es lediglich sechs Nein-Stimmen.