Blick vom stählernen Unterstand zu den Containern, die als Jugendtreff gelten. Foto: Frenzel
Leimen. (fre) Die Sichtweisen von überwiegend angegrauten Stadteltern und jungen Kommunalpolitikern hätten kaum unterschiedlicher sein können. Und sie prallten bei der zurückliegenden Gemeinderatssitzung aufeinander: Schön und gut oder unnötig und hinausgeworfenes Geld? Und: Wird das eigentliche Ziel – der neue Jugendtreff Basket 2.0 am Fischwasser an der Gemarkungsgrenze von Leimen-Mitte und St. Ilgen – einmal mehr auf die lange Bank geschoben?
> Ein Kleinkinderspielplatz war der Auslöser der Kontroverse. Dieser Platz soll das bestehende Begegnungsangebot für Familien ergänzen und ist für Kinder im Alter von drei bis sieben Jahren gedacht. Für geschätzte 135.000 Euro gibt es unter anderem eine Schaukel, einen Kletterturm, kleine Karussells sowie einen Sandanlage mit Wasserstation und Sitzbänken. Oberbürgermeister Hans D. Reinwald sah hier eine weitere Steigerung der Attraktivität, der auch der Jugendgemeinderat zugestimmt habe. "Wir tun Gutes für Kinder", befand nicht allein Michael Reinig (GALL): Der Kleinkinderspielplatz wurde mit 14 Ja-Stimmen und neun Enthaltungen beschlossen.
> Der Jugendgemeinderat war im Zuhörerraum dreiköpfig vertreten. Dass Anne-Sophie Joos-Arp als Sprecherin – angesichts einer erkennbaren oberbürgermeisterlichen Skepsis – überhaupt in Sachen Basket 2.0 zu Wort kam, war massiver Intervention von Stadträten zu verdanken: Britta Kettenmann (FW) wollte die jungen Leute hören, Alexander Hahn (FDP) stellte in der Folge einen entsprechenden Antrag, Ralf Frühwirt (GALL) verwies mit Nachdruck auf das in der Gemeindeordnung verbriefte Rede-, Anhörungs- und Antragsrecht des Jugendgemeinderats. Joos-Arp berichtete von "heißen Diskussionen" in der Jugendvertretung und stellte unzweideutig klar: "Erste Priorität hat der Jugendtreff Basket 2.0 – er ist für die Jugend sehr viel wichtiger als ein Kleinkinderspielplatz", zumal es von diesen Spielplätzen in der Nähe des Fischwassers gleich mehrere gäbe.
> Der Jugendtreff Basket 2.0 als festes Gebäude steht einmal mehr auf der Streichliste. 400.000 Euro sind im Haushalt 2020 eingestellt, so GALL-Reinig, und wurden jetzt wegen der zu erwartenden Corona-bedingten Mindereinnahmen von der Verwaltung "auf Null gestellt". Nathalie Müller (CDU) bezeichnete – wie auch Lisa-Marie Werner (SPD) – den Jugendtreff als "ganz und gar dringlich" und appellierte für einen schnellen Planungsbeginn. "Das Gebäude für die Jugendlichen fehlt", befand Christine Schilling (FW). Dessen ungeachtet ist ein Basket-Haus vor 2022 nach OB-Überzeugung unrealistisch: Die Planung dauere gewiss ein Jahr, dann müsse der Gemeinderat das Geld bereitstellen, erst danach könne eine Ausschreibung erfolgen. Dann sollte aber noch 2020 mit der Planung begonnen werden, forderte Jugendsprecherin Joos-Arp.
> Der Unterstand, der seit Kurzem am Fischwasser steht, ist jedenfalls nicht als Jugendtreff-Ersatz gedacht. In stählerner Haltestellenoptik war er vom städtischen Bauhof errichtet worden und hatte, so CDU-Müller, bei der Jugend das "Fass zum Überlaufen" gebracht: Nach Vorstellung der jungen Leute hätte es ein hölzerner Unterstand in jugendlicher Eigenarbeit mit mehr Überdachung geben sollen. Das jetzige "unzureichende" Gebilde entsprechend aufzurüsten, kritisierte Jugendsprecherin Joos-Arp, koste gewiss eine vier- bis fünfstellige Summe. Reinwald entschuldigte den erfolgten Unterstandbau mit einer Kommunikationspanne in der Verwaltung: Wegen der Erkrankung einer Mitarbeiterin seien die Wünsche der Jugend nicht bis ins Bauamt vorgedrungen.
> Die lange Geschichte von Basket 2.0 begann im Jahr 2015. Damals war in der Fasanerie der Jugendtreff in der Wittelsbacherallee abgebrannt. Im Folgejahr verständigte sich der Leimener Gemeinderat auf den Neubau eines Jugendzentrums am Fischwasser; gleichzeitig war von einer Spiel- und Freizeitanlage die Rede. 2017 wurde das Basket-Provisorium gefeiert: ein Container für trockenen Aufenthalt, ein Container für Material. Ein Jahr später stießen erste Raumplanungen für einen festen Jugendtreff auf die grundsätzliche Zustimmung des Gemeinderates. Die Planungen gingen von rund 300 Quadratmetern und Kosten von etwa zwei Millionen Euro aus; bis zu 100 Kinder sollten hier betreut werden. Verwirklicht wurden am Fischwasser – neben dem Container-Provisorium – unter anderem eine Hundewiese, ein Bolzplatz und eine Freiluft-Fitnessanlage.