Hielt für seine Spieler stets einen Ball bereit: Hansi Flick (links). Foto: dpa
Von Wolfgang Brück
Bammental. Große Trainer wachsen nicht auf den Bäumen. Sie haben alle mal klein angefangen. Thomas Tuchel als Assistent in der A-Jugend des VfB Stuttgart, Hansi Flick beim FC Bammental. Wir haben eine Reise in die Vergangenheit gemacht und uns das Champions League-Finale am Sonntagabend zwischen Flicks Bayern und Tuchels Paris Saint-Germain mit ehemaligen Weggenossen angeschaut: Friedbert Ohlheiser, Fritz Fromm und Rainer Sauter. Außerdem haben wir den Bammentaler Bürgermeister Holger Karl und Flicks langjährigen Freund Dag Heydecker gefragt: Wie dürfen wir uns den Menschen hinter dem Meistertrainer vorstellen?
Heydecker erinnert sich an ein Spiel des damaligen Regionalligisten TSG Hoffenheim, das viel über Flicks Führungsstil verrät. "Die Spieler haben sich nach einer Niederlage angeschrien, als Hansi den Raum betrat. Er beendete mit einem Satz die Diskussionen: Tut mir leid, Jungs, ich habe Fehler gemacht, die Niederlage geht auf meine Kappe."
Rainer Sauter kennt den Mückenlocher seit genau 40 Jahren. Mit 15 kamen die Beiden zum SV Sandhausen und trafen sich in den 1990-er Jahren beim damaligen Verbandsligisten FC Bammental wieder. Zwei Jahre war Flick, der zuvor dreimal mit den Bayern deutscher Meister geworden war, Spieler an der Schwimmbadstraße. Nach Meisterschaft und Aufstieg in die Oberliga beerbte er Trainer Klaus Specht.
Nehmer-Qualitäten waren gefragt, auch als die Gegner noch Linx und Leimen und nicht Barcelona und Paris hießen. Sportchef Ohlheiser erinnert sich: "Einige sind Hansi hart angegangen, wollten ihn provozieren: Du warst nur Wasserträger bei den Bayern. Nach brutalen Fouls konnte es passieren, dass man beschimpft wurde: "Friss mehr, dann fällst du nicht um."
Intelligent, bescheiden und empathischFlick (55) ist immer wieder aufgestanden, obwohl seine große Karriere nicht abzusehen war. Fritz Fromm ist ehrlich. "In Sandhausen gab es eine Reihe von Spielern, die fußballerisch nicht unbedingt schlechter waren. Der 56-jährige Bäckermeister zählt auf: Rainer Zietsch, Thomas Gomminginger, Armin Mathes, Stefan Emmerling, Rainer Wild.
Doch keiner sei so ehrgeizig und besessen gewesen, sagt Fromm, wie der Junge, der später eine Welt-Karriere machte. Bemerkenswert: Das schloss soziale Kompetenz nicht aus. Sauter: "Für ihn waren alle wichtig, auch die schwächeren." Hilfsbereitschaft und Empathie fallen denn auch Holger Karl ein, wenn man den Bürgermeister nach dem großen Sohn der Gemeinde fragt. Ehrenbürger Flick hat die Spendenaktion "Bammental gegen Corona" ins Leben gerufen. Reden mag er darüber aber nicht.
Flick sucht nicht das Rampenlicht. Im Gegenteil. Heydecker erinnert sich an einen Hoffenheimer Sieg, der Dietmar Hopp entzückte. "Hansi, Sie machen unsere Spieler jeden Tag besser", lobte der Mäzen. Der Trainer winkte ab: "Gehen Sie eine Tür weiter und sagen Sie es der Mannschaft."
Natürlich sei es auch mal laut geworden in der Kabine, damals in seiner Bammentaler Zeit, in der sich der Trainer-Neuling für die Chefposition in Hoffenheim empfahl. Sauter: "Das kam aber eher selten vor und nur wenn Hansi das Gefühl hatte, dass wir nicht bei der Sache waren." Eine hohe Niederlage in Wäldenbronn ist dem heute 55-jährigen dreifachen Familienvater aus Gaiberg in Erinnerung geblieben: "Da haben wir vorher nur Quatsch gemacht. Das war der Trainer aber so was von sauer."
Flicks Persönlichkeit und den Charakter beschreiben vielleicht am besten jene zwei Minuten, die zwischen einer SMS des ehemaligen Mannschafts-Kameraden und der Antwort darauf liegen. Der Vertriebsleiter bei HeidelbergCement: "Als die Bayern Meister wurden, habe ich Hansi gratuliert. Zwei Minuten später hat er sich bedankt."