Das Leimener Rathaus. Foto: Alex
Von Thomas Frenzel
Leimen. In einem Finanzplan, der weit über 200 Seiten mit Zahlen füllt, gibt es viele Stellschrauben und -schräubchen. Und an diesen wurde hinter geschlossenen Türen gehörig gedreht, seit die Rathausspitze im Oktober ihre Planzahlen im Gemeinderat eingebracht hatte. Unterm Strich ging es um Siebenstelliges, das durchaus auch in kleineren Chargen mal hierhin, mal dorthin verschoben wurde. Am Ende stand ein 76,65 Millionen Euro umfassendes Werk, das wortreich verabschiedet wurde - gegen fünf grünalternative und liberale Stimmen.
Oberbürgermeister Hans D. Reinwald. Foto: Geschwill
> Oberbürgermeister Hans D. Reinwald: Bei den Zahlen legte der Rathauschef den Fokus auf zweierlei. Gegenüber dem Planentwurf kann im laufenden Verwaltungsbetrieb mit derart vielen Einnahmen gerechnet werden, dass die Zuführung an den Vermögenshaushalt um knapp eine auf über 4,5 Millionen Euro gesteigert werden kann. Folge: Um diese eine Million kann die geplante Kreditaufnahme gesenkt werden (vgl. Kasten). Wichtiger war dem OB aber anderes: das Einnahmeproblem der Stadt. Die Konsequenz dürfe kein Kaputtsparen sein, sondern die Stärkung von Leimens Attraktivität - der OB sprach von einer "Königsdisziplin" für Verwaltung und Gemeinderat: "Wir müssen im Gespräch bleiben." Die wieder aufgepeppte neue Weinkerwe sei hierfür nur ein Beispiel. Sie müsse als "Event" vermarktet werden, das für ein Lebensgefühl steht und - mit modernen Schulen, Kindergärten und gefälligem Stadtbild - eine Botschaft transportiert. Für den OB kann sie nur so lauten: "Es lohnt sich, bei uns in Leimen zu arbeiten und zu leben."
Richard Bader (CDU). Foto: Geschwill
> Richard Bader (CDU): Dass die von allen Bürgern zu entrichtende Grundsteuer bei 400 Prozentpunkten bleibt und die Gewerbesteuer mit ihrem 380er Satz auch 2018 gilt, betonte Bader: "Alles andere wäre kontraproduktiv" im Sinne einer Attraktivitätssteigerung Leimens. Für eine ernsthafte Bewertung der steigenden Personalausgaben müssten die Ergebnisse des in Auftrag gegebenen Organisationsgutachtens abgewartet werden. Insbesondere vor dem Hintergrund der millionenschweren Ausgaben für die Kinderbetreuung und die Schulen lasse sich das finanzpolitische Ziel einer "schwarzen Null" nicht verwirklichen. Ganz im Gegenteil: Wer das gegenwärtig niedrige Zinsniveau nicht für langfristig günstige Kredite nutze, dem fehlten Klugheit und Weitsicht. Kernstück müsse die zukunftsorientierte Gestaltung der Innenstadt und des Rathausplatzes mitsamt ihrer Peripherie sein. Deshalb sei es auch gut, dass die Stadtpark-Idee als eine der größtmöglichen "Rattenzuchtanstalt" weg vom Tisch sei.
Peter Sandner (SPD). Foto: Geschwill
> Peter Sandner (SPD): Ob Schuldnerberatung, Schulsozial- oder Jugendarbeit, ob Stadtbücherei, Musikschule oder Volkshochschule - hier gäbe es kein Einsparpotenzial mehr. Schon gar nicht, wenn durch kulturelles Angebot die Attraktivität der Stadt gesteigert werden soll. Das freilich bedeute nicht, dass so manches VHS-Angebot kritisch hinterfragt werden müsse. Nachdem den Vereinen mit dem Vereinszuschussprogramm eine verlässliche Finanzgröße zur Seite gestellt wurde, sei es an ihnen, sich aktiver als bisher an den nach außen strahlenden Stadtfesten zu beteiligen. Attraktivität strahle auch der unveränderte Gewerbesteuersatz aus, weshalb - mit Blick auf das erst noch zu besiedelnde Gewerbegebiet Süd - der Hebesatz in den nächsten zwei Jahren nicht erhöht werden sollte. Die dreizügige Gemeinschaftsschule, zu der sich die Geschwister-Scholl-Schule entwickeln soll, gelte es nachhaltig zu vertreten - auch gegen die diesbezüglichen Eigeninteressen von Heidelberg und Wiesloch.
Ralf Frühwirt (GALL). Foto: Geschwill
> Ralf Frühwirt (GALL): Auch wenn erfreulicherweise die "bleiernen Jahre der Ernst-Zeit" vorbei seien und es einen OB gäbe, der mit Kreativität und Engagement die Stadt voranbringen wolle: zu vermissen sei die realistische Einschätzung der finanziellen Möglichkeiten der Stadt. Auch scheine die Stadt aus dem Bürgerbegehren zur Rathausplatzgestaltung nichts gelernt zu haben. Statt bei Ideen wie einer Landesgartenschau oder der gastronomischen Nutzung der Alten Fabrik in St. Ilgen frühzeitig die Bürgerschaft einzubinden, herrsche nach wie vor die Tendenz vor, im stillen Kämmerlein irgendwelche Ideen auszutüfteln und die Menschen vor vollendete Tatsachen zu stellen. Unbestritten gäbe es einen erheblichen Investitionsstau, doch "Geld auszugeben, als gäbe es kein Morgen mehr", sei kein nachhaltiges Wirtschaften: Gemäß der mittelfristigen Finanzplanung seien alle Rücklagen spätestens mit Ablauf des Jahres 2020 aufgebraucht. Parallel sei bis dahin eine Neuverschuldung von vorsichtig geschätzten 15 Millionen Euro absehbar. Damit sende auch der Haushaltsplan 2018 falsche Signale aus und sei deshalb abzulehnen.
Rudolf Woesch (FW). Foto: Geschwill
> Rudolf Woesch (FW): Die erfreulichen Mehreinnahmen bei den Steuern dürften nicht darüber hinweg täuschen, dass Leimen für seine Größe viel zu wenig Gewerbesteuer generiere. Das Interesse dürfe aber nicht der großen Industrie gelten, die auf legalen Wegen ihr Steueraufkommen nach unten rechnet, sondern den kleinen und mittleren Unternehmen. Die gelte es zu hegen und zu pflegen und anzusiedeln. Eine offensive Investitionspolitik - etwa bei der Geschwister-Scholl-Schule auf ihrem Weg zur Gemeinschaftsschule - bewahre langfristig vor dem Fehler, Projekte wie auch die Sanierung des St. Ilgener Rathauses nicht rechtzeitig oder nur stückchenweise anzugehen. Das räche sich später. Freilich sollte nicht vergessen werden, dass die Stadt aufgrund ihrer finanziellen Situation permanent unter der "wohlwollenden Beobachtung" durch die Aufsichtsbehörde steht - sprich: durch das Regierungspräsidium Karlsruhe. Umso wichtiger sei es, dass der Haushalt 2018 ausgeglichen daher komme.
Klaus Feuchter (FDP). Foto: Geschwill
> Klaus Feuchter (FDP): Spare in der Zeit, dann hast du in der Not. Von dieser Lebensweisheit entferne sich abermals der Haushaltsplan 2018, die Verschuldung nehme immer mehr zu und sei von der "schwarzen Null" weit entfernt: Bis 2021 drohe der Schuldenstand die 100-Millionen-Euro-Grenze zu überschreiten und die Steigerung der eigenen Steuerkraft sei nicht wirklich absehbar. Die Hoffnung läge hier auf dem neuen Gewerbegebiet Süd und dem diskutierten interkommunalen Gewerbegebiet mit Heidelberg. Da hier noch einige Zeit ins Land gehen dürfte, müssten - zwecks Gewerbe- und Gewerbesteuersicherung - vorhandene Mischgebiete erhalten bleiben. Unterm Strich weise der Haushaltsplan 2018 "in die falsche Richtung" und sei deshalb nicht zustimmungsfähig.