Die neue Ortsmitte belastet die kommunalen Finanzen auch in diesem Jahr. Foto: A. Dorn
Von Agnieszka Dorn
Gaiberg. Die Stimmung im Ort ist angespannt. Nicht nur wegen der Rodung der Streuobstwiese. Im Haushaltsplan 2020 wird auch die angespannte finanzielle Lage der 2400-Einwohner-Gemeinde deutlich. Oder wie es Kämmerin Tanja Edinger in der jüngsten Gemeinderatssitzung auf den Punkt brachte: Ohne Gegensteuern und einen erforderlichen Weitblick für die Zukunft der Gemeinde wird es eher früher als später zu einer Notbremsung kommen.
Bevor der Gemeinderat den Haushalt einstimmig verabschiedete (siehe auch Artikel unten), stellte die Kämmerin das Zahlenwerk ausführlich vor. Demnach sind dieses Jahr rund 3,9 Millionen Euro für Investitionen vorgesehen. Um das zu stemmen, wird ein neuer Kredit in Höhe von 2,4 Millionen Euro benötigt. Ende des Jahres rechnet man mit einer Verschuldung in Höhe von 2,5 Millionen Euro. "Nimmt man den Eigenbetrieb der Wasserversorgung noch dazu, rechnen wir mit einer Gesamtverschuldung Ende 2020 von weit über 2,8 Millionen Euro", sagte Tanja Edinger. Geplante Investitionen sind unter anderem die Fertigstellung des Ortsmittelpunkts, die Erschließung des Gewerbe- sowie des Neubaugebiets, die Sanierung des Rathauses und ein neues Feuerwehrfahrzeug.
Bei der Haushaltsplanung war man vergangenes Jahr noch von einer guten Konjunktur in Deutschland ausgegangen. Das musste nun aber korrigiert werden – und die verschlechterte wirtschaftliche Situation hat Auswirkungen auf die finanzielle Planung. Der Haushaltsplan sei von der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung geprägt, sagte Tanja Edinger. So müssten die erwarteten Erträge reduziert werden und gleichzeitig würden die Belastungen auf der Aufwandseite steigen.
Im Ergebnishaushalt stehen ordentlichen Erträgen von rund 4,8 Millionen Euro ordentliche Aufwendungen in Höhe von knapp fünf Millionen Euro gegenüber. Das ergibt ein Defizit in Höhe von rund 152.000 Euro. Über 61 Prozent der wichtigsten Erträge des Ergebnishaushalts kommen nach wie vor vom Land. Mit rund 1,8 Millionen Euro sind Einkommensteueranteile die größte Einnahmequelle. Zudem rechnet man mit Zuweisungen aus dem kommunalen Finanzausgleich (FAG) in Höhe von rund einer Million Euro.
Das Land gibt aber nicht nur, es nimmt auch: Die Gemeinde muss – neben einer Kreisumlage von über 821.000 Euro – eine FAG-Umlage von rund 684.000 Euro zahlen. Weiterhin sind die Personalkosten um 140.000 Euro im Kindergarten Bergnest gestiegen. Diese belaufen sich aufgrund besserer Betreuungsleistungen für die Kleinen auf rund 1,5 Millionen Euro. Weitere Ausgaben in Höhe von rund 750.000 Euro sind unter anderem Planungskosten, Bürobedarf, Versicherungsbeiträge, Steuern, Sachverständigen- und Rechtsberatungskosten.
Tanja Edinger warf zudem einen Blick auf die kommenden drei Jahre. Gaiberg stehe vor der Herausforderung, geplante Investitionen in Höhe von 12,5 Millionen Euro vor dem Hintergrund steigender Abschreibungen solide finanzieren zu können, meinte die Kämmerin. Einen Ausblick gab es auch auf den Eigenbetrieb der Wasserversorgung: Man rechnet mit Einnahmen in Höhe von 249.600 und mit Ausgaben von 250.600 Euro. Das bedeutet ein Minus von rund 1000 Euro. Investitionen seien nicht vorgesehen, so Tanja Edinger.
Die Kämmerin schloss mit einem Zitat des ehemaligen Bundesfinanzministers Hans Eichel: "Der Haushalt ermächtigt uns Geld auszugeben, er verpflichtet uns nicht dazu."
Die angespannten Finanzen treiben Grüne und Freie Wähler um - CDU und SPD/Aktive Gaiberger konzentrierten sich auf das Positive
Gaiberg. (agdo) Zum Haushaltsplan 2020 (siehe Artikel oben) äußerten sich die Fraktionen in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats folgendermaßen:
Hans-Jürgen Hennrich äußerte Kritik.Hans-Jürgen Hennrich (Grüne Liste) monierte, dass man für das geplante Café in der Ortsmitte immer noch keinen Pächter habe. Dabei sollte das Café der zentrale Punkt der neuen Ortsmitte sein, so Hennrich. Weiterhin monierten die Grünen, dass die veranschlagten Kosten für die Rathaussanierung in Höhe von rund drei Millionen Euro zu hoch seien. Zudem bedauert man, dass im diesjährigen Haushaltsplan kein Geld zur Verbesserung der Breitbandversorgung vorgesehen ist. Außerdem sollte das Radwegenetz zwischen Bammental, Gaiberg und Leimen endlich angegangen werden. Weiterhin gab die Grüne Liste aufgrund der angespannten finanziellen Lage den anderen Fraktionen mit auf den Weg, manche geplante Investition gründlich zu überdenken.
Jochen Wallenwein will bessere Zeitangaben.Jochen Wallenwein (Freie Wähler) gab zu bedenken, dass das Augenmerk auf alle Gaiberger und nicht nur auf einzelne Interessengruppen gerichtet sein sollte. Letztere seien allerdings am lautesten, meinte Wallenwein. "Es gibt aber eine sehr große schweigende Mehrheit." Das Ergebnis der Kommunalwahl habe eine klare Antwort und dem Gemeinderat eine eindeutige Aufgabenstellung gegeben, sagte Wallenwein im Hinblick auf das geplante Neubaugebiet. Aufgrund der angespannten finanziellen Situation plädieren die Freien Wähler dafür, zunächst dringliche Projekte umzusetzen. Zudem soll die Verwaltung zeitliche Angaben bei der Planung von Projekten realitätsnah oder gar nicht weitergeben. Wallenwein: "Wir geben in gutem Glauben diese Information weiter und werden dann ohne unser Zutun selbst unglaubwürdig." Nämlich dann, wenn sich Projekte – wie die Ansiedlung des geplanten Nahversorgers – immer wieder verschieben würden.
Matthias Volkmann ist für die Baugebiete.Matthias Volkmann (CDU) stellte verschiedene Fragen in den Raum. Etwa: Wie wird sich der Ort in den nächsten Jahren entwickeln? Oder: Ist man momentan für junge Familien attraktiv genug? Lassen sich die Grundschule und der Kindergarten auf Dauer halten? Volkmann fand, dass die Umsetzung des Neubaugebiets "Wüstes Stück/ Oberer Kittel" und das geplante Gewerbegebiet "Mäuerlesäcker/ Fritzenäcker" notwendig seien, um nachfolgende Investitionen finanziell zu ermöglichen. Darunter sind bessere Parkmöglichkeiten in der Ortsmitte, der Umbau der ehemaligen Sparkasse in ein vorübergehendes Bürgerbüro, die Sanierung des Rathauses, Kanalsanierungen und der weitere Ausbau des Glasfasernetzes. Momentan habe man das Gefühl, dass sich nicht wirklich etwas bewege, so Volkmann. Er dankte Bürgermeisterin Petra Müller-Vogel und allen für die Zusammenarbeit.
Eric Schuh sieht Fortschritte. Fotos: A. DornEric Schuh (SPD/Aktive Gaiberger) hob hervor, dass Gaiberg auf gutem Weg sei. Der Ortsmittelpunkt stehe kurz vor der Fertigstellung und müsste jetzt nur noch mit Leben gefüllt werden. Erste Schritte bis hin zur Umsetzung eines Wochenmarktes seien gemacht, so Schuh. Weiterhin sei die Rathaussanierung in Planung und auch die Parkplatzsituation im Ortskern soll verbessert werden. Ein Parkstreifen entstehe bereits vor dem Areal der ehemaligen "Linde" und auch der provisorische Parkplatz neben der Kirche soll ausgebaut werden. In greifbarer Nähe sei die Umsetzung der Tempo-30-Zone in der Ortsdurchfahrt, so Schuh. Unvermeidliche Eingriffe in die Natur gleiche man nach Vorgaben der Naturschutzbehörde aus. Obstbäume und Hecken werden im Ort zudem neu angepflanzt. Schuh bedankte sich bei Rathauschefin Müller-Vogel, die "im Ort überall präsent ist und sich weit über das Amt hinaus engagiert".