Bürgermeisterin allein im Gemeinderat
Alle 22 Stadträte erschienen nicht zur öffentlichen Sitzung - Zuvor hatte das Kommunalrechtsamt eine Corona-Absage nicht gestattet

Von Anja Hammer
Eppelheim. Das hat es so in der Region rund um Heidelberg noch nicht gegeben: Der komplette Eppelheimer Gemeinderat ist zur öffentlichen Sitzung am Montagabend nicht erschienen. Und das, obwohl so ein wichtiges Thema wie die Verabschiedung des Haushalts anstand und der Termin schon seit Monaten feststand. Aber vor Monaten war eben noch nicht absehbar, dass die Sitzung inmitten der Corona-Krise stattfinden würde.
Das neuartige Virus sorgte für eine ebenso neuartige Situation in der 15.000-Einwohner-Stadt: Bürgermeisterin Patricia Rebmann saß alleine am großen Rund im Bürgersaal. Auf den Stühlen für die Zuhörer saßen Rebmanns Ehemann Stefan, zwei Pressevertreter – und das war’s. Vor diesem Publikum eröffnete die Rathauschefin die Gemeinderatssitzung – und schloss sie rund zwei Minuten später wieder. Dazwischen stellte sie fest, dass der Gemeinderat nicht beschlussfähig sei. "Das ist er laut Gemeindeordnung nur, wenn mindestens die Hälfte der Mitglieder anwesend sind", erklärt Rebmann. Und das war ganz offensichtlich nicht der Fall.
Fragen aus der Bürgerschaft gab es auch keine: Die beiden Pressevertreter waren als Nicht-Eppelheimer nicht frageberechtigt, Rebmanns Gatte hielt seine Fragen – falls er welche hatte – zurück. Der gemeinsame Feierabend schien schließlich angesichts der leeren Stühle in greifbarer Nähe.
Die Bürgermeisterin lobte noch "die schlauen Bürger von Eppelheim", die in Zeiten von Corona daheim geblieben und nicht zur Sitzung gekommen wären. Nur: Es wollten durchaus zwei Eppelheimer zur Gemeinderatssitzung. Die standen allerdings vor verschlossenen Rathaustüren. Dabei hatte einer der beiden Männer extra noch, bevor er das Haus verlassen hatte, auf der städtischen Internetseite nachgeschaut, ob die Sitzung wirklich stattfindet. Und nun sah er von außen den hell erleuchteten, aber leeren Bürgersaal, doch die beiden Eingänge der Verwaltungszentrale ließen sich nicht öffnen. Also gingen die beiden Bürger zum eigentlichen Sitzungsbeginn um 19 Uhr wieder nach Hause. Dass eine Minute später Stefan Rebmann die Tür öffnen würde, war da nicht absehbar. "Die Putzfrau muss abgeschlossen haben", vermutete die Rathauschefin.
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Wie sie auf RNZ-Nachfrage erklärte, habe sich jeder der 22 Gemeinderäte im Vorfeld der Sitzung entschuldigt. Die angeführten Gründe wollte sie nicht nennen, bezeichnete sie aber als "plausibel". Sie habe die Sitzung ohnehin absagen wollen, da viele Stadträte zur Corona-Risikogruppe gehören würden. Nur: "Das Kommunalrechtsamt hat mir gesagt, dass eine Absage nicht möglich ist", so Rebmann. Mit der Verabschiedung des Haushalts hätte ein zu wichtiges Thema auf der Tagesordnung gestanden. Mit dem Nichterscheinen der Räte hat man nun eine Absage umgangen.
"Natürlich ist es nicht schön, dass wir nun keinen Haushalt haben", sagte Rebmann gegenüber der RNZ. "Aber die Gesundheit der Bürger und die Funktionsfähigkeit der Verwaltung gehen vor." Letztere sei auch ohne Haushalt gegeben. Dass der Finanzfahrplan 2020 noch nicht beschlossen sei, habe keinen Einfluss auf die laufenden Geschäfte. Nur investive Maßnahmen seien nicht möglich. "Ich habe mit den Fraktionsvorsitzenden gesprochen: Sollte hier etwas anfallen, werden wir als Gremium dafür Sorge tragen, dass die notwendigen Entscheidungen fallen", so Rebmann.