Die Elsenz - hier bei Mauer - ist ein Flüsschen mit dicht bewachsenen Ufern, in dem sich zahlreiche Fischarten, unter anderem Karpfen, wohlfühlen. Fotos: dpa (3)/Alex (2)/privat
Von Christoph Moll
Region Heidelberg. Wer etwas über die Elsenz und deren "Innenleben" wissen will, muss Gerhard Münch fragen. Der 69-jährige Mauermer kennt das zwischen Eppingen und Neckargemünd verlaufende Flüsschen wie seine Westentasche. Der frühere Maschinenbautechniker ist Vorsitzender der Elsenz-Pachtgemeinschaft, der acht Angelvereine zwischen Sinsheim und Neckargemünd angehören. Zudem ist er Gründungsmitglied des Angel- und Naturfreundevereins in Mauer, den er auch über 20 Jahre führte.
> Welche Fische leben in der Elsenz? "In der Elsenz gibt es eigentlich alles", sagt Münch. "Wir wissen aber nur, was wir fangen." So zum Beispiel Aale, Karpfen, Hechte, Zander, Schleien, Gründlinge, Ukeleien, Rotaugen, Rotfedern, Dobel, Bitterlinge, Stichlinge und Forellen. Welche Fischart am häufigsten vorkomme, sei unklar. "Wir Angler verfälschen die Zusammensetzung, indem wir Fische einsetzen", erklärt Münch. So werden zum Beispiel in Angelteichen gezüchtete Weißfische wie Rotaugen und Rotfedern in die Elsenz gesetzt - in der Hoffnung, dass diese sich vermehren.
Die Elsenz - hier bei Mauer - ist ein Flüsschen mit dicht bewachsenen Ufern, in dem sich zahlreiche Fischarten, unter anderem Karpfen, wohlfühlen. Fotos: dpa (3)/Alex (2)/privat
> Welche Bedingungen finden die Fische in der Elsenz vor? Die 54 Kilometer lange Elsenz ist nicht gleich die Elsenz. Im Oberlauf bis Meckesheim ist das Gewässer ein verhältnismäßig flacher und schnellfließender Bach. Hier finden sich auch seltene Arten wie die Bachschmerle. Ab der Einmündung des Schwarzbaches in Meckesheim wird die Elsenz tiefer und schlammiger, womit sich auch die Lebensbedingungen ändern. In Mauer wurde schon der Fisch Schneider nachgewiesen, der unter Naturschutz steht.
> Wie hat sich der Fischbestand entwickelt? Die Zahl der Fische sei in den vergangenen Jahren "massiv zurückgegangen", berichtet Münch. Die Hauptschuldigen daran seien Kormorane, die Fische zum Fressen gern haben. Ein Exemplar der pechschwarzen Vögel verputzt im Jahr fast 200 Kilo Fisch - und damit auf dem Elsenz-Abschnitt in Mauer etwa die Menge, um die der Fischbestand in dieser Zeit wächst. Doch es gibt hier noch zwei bis drei weitere hungrige Kormorane. "Die fressen dann die Elterntiere", sagt Münch, der ein besonderes Phänomen beobachtet hat: "Wenn wir Fische einsetzen, kommen ein paar Tage später Kormorane auch aus anderen Orten zum Fressen." Wie die Vögel dies untereinander kommunizieren, sei ein Rätsel. "Die Fische können sich zwar verstecken - meistens merken sie den Angriff des Kormorans aber erst, wenn es schon zu spät ist", weiß der Angler.
Elsenz-Experte: Gerhard Münch.
> Wirkt sich der eingeschleppte amerikanische Signalkrebs auf den Fischbestand aus? Ja - und zwar negativ. Denn die sich - mangels Feinden - rapide ausbreitende Krebsart fühlt sich in der Elsenz dank vieler Kleinlebewesen wie im Schlaraffenland. Und die Krebse fressen gerne Fischlaich. "Den werden wir nie mehr rauskriegen", glaubt Münch.
> Welche Auswirkungen haben die Hitze und Trockenheit der vergangenen Wochen auf Fische? "Die Temperaturen spielen eine große Rolle", sagt Münch. Da im Sommer weniger Wasser durch Zuflüsse in die Elsenz gelangt, besteht das Gewässer zu einem größeren Teil aus Klärwasser, das von den Kläranlagen eingeleitet wird. "Das Wasser ist zwar klar, enthält aber noch Chemikalien", weiß Münch. So würden auch Rückstände von Medikamenten und Hormonen wie von der Anti-Baby-Pille in der Elsenz landen. Letztere "wirken" offenbar auch bei Fischen. "Es gibt kaum noch Jungfische", berichtet der Angler. Viele Exemplare seien Zwitter, die sich nicht fortpflanzen können. Münch erzählt vom Versuch eines Wissenschaftlers, der solche Fische aus einem belasteten Gewässer in sauberes Wasser umsetzte. Dort hätten diese wieder ein Geschlecht entwickelt. Als sie zurück ins ursprüngliche Gewässer kamen, wurden sie wieder zu Zwittern. Der Anteil des Klärwassers in der Elsenz werde steigen, glaubt Münch. Denn es werden weitere Baugebiete erschlossen. Ein Problem für den Wasserstand seien auch Landwirte und Anwohner, die zur Bewässerung von Gärten und Feldern die Elsenz anzapfen.
Der Kormoran (oben links) und der Signalkrebs (oben rechts) sorgen für einen Rückgang des Fischbestands - hier eine Bachforelle, die Gerhard Münch aus der Elsenz geholt hat.
> Werden die an immer mehr Stauwehren errichteten Fischtreppen genutzt? Ja. Das weiß man aus einem Versuch am Stauwehr an der Herrenmühle in Neckargemünd, wo vor einigen Jahren die "aufgestiegenen" Fische gesammelt wurden. In zehn Wochen wurden 2500 Fische unterschiedlicher Arten gezählt, berichtet Münch. Sonst werde aber nicht überwacht, welche Fische aufsteigen. Man weiß aber, dass am Grund lebende Fische von der sogenannten Leitströmung der Fischtreppen nichts mitbekommen, weshalb Anpassungen notwendig werden könnten. "Erfreulich ist, dass nun die letzten Stauwehre mit Fischtreppen ausgerüstet werden", meint Münch. Noch offen sind die Kriegsmühle zwischen Neckargemünd und Bammental sowie die Wehre in Mauer und Meckesheim. Am Wehr zwischen Bammental und Mauer wird gerade gearbeitet. Wenn es überall Fischtreppen gibt, hoffen die Angler, dass Fische vom Neckar bis zum Oberlauf der Elsenz wandern - so zum Beispiel auch Lachse. Ein Nachteil könnte sein, dass dann auch unerwünschte Fische wie Schwarzmeergrundeln vom Neckar einwandern. Diese wurden vermutlich mit Containerschiffen eingeschleppt. Die Bodenfische gelten als Laichräuber und nehmen anderen Arten den Lebensraum weg.
> Welche Auswirkungen hat der Biber? Auf die Fischwelt keine. Laut Münch haben sich rund 30 Biber an der Elsenz zwischen Neckargemünd und Sinsheim mit acht Biberbauten "eingenistet". Sie fällen zwar Bäume, ernähren sich aber vegetarisch. Sie freut wohl auch, dass die Elsenz zum Teil - wie zwischen Bammental und Mauer - durch Naturschutzgebiete verläuft. "Da wird kein Baum mehr gefällt - der Fluss wächst allmählich zu", weiß Münch. "Für die Natur ist das gut, für das Gewässer nicht." Dieses würde dann weniger Licht abbekommen, sodass darin auch weniger Wasserpflanzen gedeihen.