Irmela Hermann zeigt zwei ihrer Karikaturen-Kalender. Foto: Haasemann-Dunka
Von Anna Haasemann-Dunka
Bammental. Was tun mit der Zeitung von gestern, wenn sie "ausgelesen" ist? Für die meisten Leser stellt sich diese Frage erst gar nicht, denn das Blatt landet nach der Lektüre zumeist im Altpapier. Irmela Hermann aus Bammental jedoch hat eine sehr kreative und ganz eigene Verwendungsmöglichkeit gefunden, die einem ganz besonderen Teil des Zeitungsinhalts zu einem herausgehobenem Ansehen verhilft. Es sind die Karikaturen, die sich die 78-Jährige täglich mit großem Vergnügen ansieht. Sie haben es ihr so angetan, dass sie sie sogar auf sehr einfallsreiche Weise "recycelt".
Auf Seite 2 jeder Ausgabe der Rhein-Neckar-Zeitung sind die Karikaturen mittig ganz oben und eingerahmt von Texten zu finden. Sie beleuchten kritisch mit humoristisch-ironischem Blick das tagespolitische und gesellschaftliche Geschehen – national wie international. Wenn Irmela Hermann eine Karikatur der Karikaturisten Heiko Sakurai, Klaus Stuttmann oder Martin Erl besonders anspricht, wird sie ausgeschnitten und zur bereits vorhandenen, in verschiedene Themenbereiche geordneten Sammlung hinzugefügt.
Zwölf der so gewonnenen Bilder passend zum gewählten Thema benötigt sie, um daraus einen ganz individuellen Kalender für Familienmitglieder, Freunde und Bekannte zu fertigen. "Ich habe einfach Spaß an den Karikaturen", berichtet Irmela Hermann, die im Jahr 2015 mit ihrem Hobby begonnen hat. Seither verhilft sie zumindest einem Teil der Tageszeitung zu einer längeren Lebensdauer. So ein Kalender hält sich ja schließlich immerhin ein Jahr.
Bei den drei RNZ-Karikaturisten stellt sie klare Unterschiede in ihrer Zeichenweise fest. Martin Erl bevorzuge im Gegensatz zu den anderen beiden plakativen Stil mit weniger zeichnerischen Details. Besonders sprechen sie die Karikaturen von Klaus Stuttmann an: "Der ist zeichnerisch richtig gut", findet die Seniorin aus Bammental.
Die Themenwahl, nach der sie die Karikaturen sammelt, ergibt sich für sie aus der Zeitungslektüre – und die pflegt sie mit großer Gründlichkeit: "Ich lese die ganze Zeitung – nur der Sport interessiert mich weniger." Viel gab es in diesem Jahr über den US-amerikanischen Präsidenten Donald Trump zu lesen. An ihm arbeiteten sich auch die Karikaturisten mit Vorliebe ab, lieferte er doch dazu den benötigten Stoff in Hülle und Fülle. In diesem Jahr gehörte der Corona-Pandemie ein weiterer Schwerpunkt und die ließ sich ebenfalls unter verschiedenen Aspekten betrachten.
"Urlaub einmal anders" benannte Irmela Hermann ein Kalenderthema. Dabei ging es auch um Urlaub in Zeiten der Corona-Pandemie. Weitere Themen waren "Alternative Politik", "Donald oder ein Kind an der Macht", "Maskenball", "Problemlösungen", "Prognosen" und auch "Verschwörungen".
Denkt sie an die Anfänge zurück, sieht die vielseitig und besonders an geschichtlichen Themen interessierte Bammentalerin einen möglichen Auslöser für ihr Hobby in der Plakataktion "Mut zur Wut". Diese bietet bekanntlich jungen, wie auch bereits etablierten Künstlern aus aller Welt die Möglichkeit, ein Plakat mit einem Motiv der Wahl zu gestalten und ihre Wut über Missstände in der Gesellschaft zum Ausdruck zu bringen. Auch in Heidelberg und Mannheim waren bereits "Mut zur Wut"-Wanderausstellungen zu sehen.
Die Rhein-Neckar-Zeitung berichtete darüber und so wurde Irmela Hermann darauf aufmerksam. Die in kleinen Formaten abgedruckten Plakate funktionierte sie zu einem ersten Kalender um. Anfangs ergänzte sie die Kalender auch mit kleinen Zeitungstexten aus der "Ecke" der Titelseite oder aus Leserbriefen, wenn etwas besonders markant und treffend zum jeweiligen Thema formuliert wurde. "Die Texte der ,Ecke’ sind auch oft Auslöser für mich, mich mit einem Thema zu beschäftigen", sagt sie.
Schließlich wandte sich Hermann den Karikaturen zu und fand dazu das passende Kalenderformat. Wenn sie jemanden mit einem Kalender beschenkt, darf der sich zuvor das ihn interessierende Thema aus ihrer Auswahl aussuchen. Die Rückmeldungen auf ihre Kalender sind positiv und machen den Beschenkten genauso Spaß wie ihr das Sammeln, Zusammenstellen und Fertigen. Ihr Hobby erlebt sie jedenfalls als anregend, erheiternd, inspirierend und entspannend.