Von Nikolas Beck
Neckarsteinach. Über mangelnden Wind konnte sich gestern keiner beschweren. Um die Mittagszeit blies er am "Greiner Eck" so kräftig, dass Micha Jost von der Energiegenossenschaft Starkenburg es genau wissen wollte. Ein Blick auf die Anzeige im Innern von "Windenergieanlage 5", einem der fünf erst kürzlich in Betrieb genommenen Windräder (vgl. Seite Metropolregion) brachte Gewissheit: Mit bis zu sieben Meter pro Sekunde wehte es, sodass sich 135 Meter weiter oben die Flügel fleißig drehten. Und "sauberen Strom" produzierten. Diese Tatsache betonten Jost und Planer Jürgen Simon einmal mehr, als sie Vertreter der Presse in den Windpark einluden, um das seit Mitte des Monats fertiggestellte Projekt ausführlich vorzustellen.
"Das Entscheidende ist", so Simon, "dass wir schadstofffrei Strom produzieren und keine fossilen Brennstoffe benötigen." Umgerechnet werden durch den Betrieb der fünf Anlagen pro Jahr bis zu 22.300 Tonnen des Treibhausgases CO2 eingespart, da die Energieproduktion nicht anderweitig bereitgestellt werden muss. So falle die CO2-Bilanz der Anlagen auch im Wald, wo pro Windrad eine Fläche von maximal einem halben Hektar dauerhaft gerodet bleibt, positiv aus, verdeutlichte Simon und ergänzte: "Wenn wir Atomkraft und Kohle ersetzen wollen, muss jeder seinen Beitrag leisten."
Die fünf Anlagen - übrigens die ersten im hessischen Kreis Bergstraße - verfügen über eine Nabenhöhe von 135,4 Metern und einen Rotorkreisdurchmesser von 115,7 Metern. Der Windpark habe eine installierte Gesamtleistung von 15 Megawatt und ist damit in der Lage, rund 28,6 Millionen Kilowattstunden im Jahr Strom zu produzieren. Genug, um damit rund 9200 Haushalte zu versorgen, sagen die Verantwortlichen.
Vier der fünf Windmühlen befinden sich im Eigentum der "Windpark Greiner Eck GmbH & Co. KG", an der die Stadtwerke Viernheim und Bad Vilbel mit jeweils 50 Prozent beteiligt sind. Die fünfte Anlage wird als "Bürgerwindrad" betrieben und gehört der Energiegenossenschaft Starkenburg. Die Absicht, ein genossenschaftliches Bürgerbeteiligungsmodell zu realisieren, habe von Anfang an bestanden, erklärte Micha Jost. Man verfolge den Grundsatz: "Wer auf ein Windrad schaut, der soll auch den Nutzen haben." Die Projektkosten beliefen sich auf 5,2 Millionen Euro, bisher seien 130 Personen beteiligt. Zurzeit bereite man gerade eine zweite Beteiligungswelle vor.
Dass ausgerechnet die erst im Mai ans Netz gegangene fünfte Anlage das Bürgerwindrad ist und daher nach den Bestimmungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes die Einspeisevergütung geringer ist, sei kein Nachteil für die Genossen, erklärte Jost. Die Erträge würden schließlich über alle fünf Anlagen gleichmäßig verteilt.
"Wichtig und richtig" findet Neckarsteinachs Bürgermeister Herold Pfeifer die Anlagen. Zwei von ihnen stehen auf Flächen, welche die Stadt verpachtet. 50.000 Euro fließen so pro Jahr in die Stadtkasse. Hinzu komme noch eine Ertragspacht, so Herold Pfeifer. Geld, das die klamme Vierburgenstadt gut gebrauchen kann. Zumal Neckarsteinach damit auch seinen Beitrag zum Klimaschutz leiste.