In Meckesheim tobt der Glasfaser-Krieg (plus Video)
Rat beschloss Kooperation mit der BBV - Firma will auf eigene Kosten bauen - Jetzt rangeln drei Parteien ums schnelle Internet

Das Gewirr der Kabel ist geradezu symbolisch für den Glasfaser-Kampf. Die Telekom baut hier bereits seine Vectoring-Technik aus. Foto: Alex
Von Manuel Reinhardt
Meckesheim. Für Jürgen Köttig (MUM) war Weihnachten schon im Juni. Und das gilt auch für Meckesheim. Denn die Gemeinde könnte früher als erwartet und auf einem anderen Weg als gedacht an eine intakte Breitband-Infrastruktur kommen - quasi wie aus dem Nichts. Die Breitbandversorgung Deutschland GmbH (BBV) hat nämlich ihren Hut in den Ring geworfen und der Gemeinde ein Angebot unterbreitet, die Glasfaserleitungen in Meckesheim und Mönchzell innerhalb von zwei Jahren bis an die Häuser zu verlegen. Auf eigene Kosten, unentgeltlich für die Kommune. Entsprechend stimmte der Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung einer Absichtserklärung und einem Kooperationsvertrag mit dem Unternehmen zu.
Der Zweckverband High-Speed-Netz Rhein-Neckar "fibernet" plant, die Telekom baut schon, die Gemeinde will eine Leitung nach Mönchzell selber legen und jetzt kommt auch noch die BBV: Der Krieg um den Glasfaserausbau tobt. Gerade für Meckesheim könnte sich das aber als Segen erweisen.
Denn die aktuelle Situation ist nicht rosig: Bisher gibt es in der Gemeinde kein Glasfasernetz, daher wurde sie Mitglied bei "fibernet". Der Zweckverband plant den örtlichen Glasfaserausbau - bei rund drei bis fünf Millionen Euro Eigenkosten für Meckesheim. Hinzu kämen Kosten für die Einwohner, die direkte Hausanschlüsse haben wollen.
Hintergrund
Die Breitbandversorgung Deutschland GmbH (BBV) wurde 2014 gegründet und ist im Bereich Planung, Aufbau und Vermarktung von sogenannten "Fiber to the Home" (FTTH)-Produkten tätig. Das im hessischen Dreieich ansässige Unternehmen agiert und finanziert seine
Die Breitbandversorgung Deutschland GmbH (BBV) wurde 2014 gegründet und ist im Bereich Planung, Aufbau und Vermarktung von sogenannten "Fiber to the Home" (FTTH)-Produkten tätig. Das im hessischen Dreieich ansässige Unternehmen agiert und finanziert seine Projekte frei und ohne Zuschüsse. Geplant in der Region ist der Glasfaserausbau bis an die Häuser in Meckesheim, Eschelbronn, Zuzenhausen, Sinsheim, Waibstadt, Neidenstein, Epfenbach und Neckarbischofsheim. Finanziert werden soll das Vorhaben mit einer Vorvermarktung: So wird angestrebt, Vorverträge für das schnelle Internet mit etwa 35 Prozent der Haushalte abzuschließen. Dass soll durch Werbung vor Ort und Kooperation mit den Kommunen erreicht werden. Gelingt dies, soll der Breitbandausbau in Meckesheim im Frühjahr 2018 erfolgen, als Basis will die BBV dabei das vorhandene Backbone von "fibernet" anmieten und nutzen. Der Ausbau zwei Jahre dauern. mare
Getan hat sich bislang aber noch gar nichts und rund 15 Jahre sind für den Ausbau geplant. Die Telekom hingegen baut bereits ihre "Vectoring"-Technik aus. Dadurch fallen mögliche Zuschüsse für Meckesheim weg, da die Gemeinde kein "weißer Fleck" mehr ist. "In dem Moment, in dem ,fibernet’ sich mit Meckesheim befasst, baut hier auch die Telekom", beschrieb Bürgermeister Maik Brandt knapp das Szenario: "Das ist ein Hauen und Stechen."
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Doch jetzt hat sich mit der BBV ein dritter Wettbewerber eingeschaltet. Die Firma plant, Glasfaser bis an die Häuser zu verlegen - und das innerhalb von zwei Jahren. Die Gemeinderäte jedenfalls freut’s. "Wir kriegen ja quasi alles geschenkt", frohlockte Jürgen Köttig. Der Haken: Voraussetzung ist, dass rund 35 Prozent der Haushalte Vorverträge mit der BBV abschließen. Das bezeichnete Köttig als "sportliches Ziel". Dennoch hofft er: "Ich wünsche der Firma, dass sie es schafft."
Inge Hanselmann (CDU) wollte Details zum Kooperationsvertrag der Gemeinde mit der BBV wissen. "Wir können nach dem Telekommunikationsgesetz keiner Firma den Ausbau verbieten", erläuterte der Bürgermeister. Der Vertrag sei zudem "sehr dünn", eher eine Absichtserklärung. "Wenn der Gemeinderat nein sagt, wird sich die BBV überlegen, ob sie hier baut", so Maik Brandt.
"Im ersten Moment meint man: Das kann doch nicht wahr sein", merkte Michael Emmerling (SPD) an, nachdem der Rathauschef Auskünfte über die Seriosität der BBV erteilt hatte. "Wir haben die Bonität geprüft, es gibt keine Auffälligkeiten", sagte Maik Brandt. Zudem sei keine Gegenleistung nötig und jeder könne später das ausgebaute Netz nutzen. "Es gibt keinen Grund, dagegen zu sein", meinte der SPD-Rat schließlich.
Auch Arno Beckmann (CDU) zeigte sich erfreut: "Ein besseres Geschenk gibt’s nicht, im Sinne der Gemeinde müssen wir zustimmen." Einen Schritt weiter ging sein Fraktionskollege Clemens Heck: Er sah die Kommune in der Pflicht, zum Gelingen des Projektes beizutragen: "Wenn wir drei bis fünf Millionen Euro sparen, warum dann nicht Trommeln wie die Weltmeister."
Steffen Nahler (MUM) traute dagegen dem Braten noch nicht so ganz: "35 Prozent sind ein hohes Ziel." Und was passiere, wenn die Firma pleite gehe und die Gehwege offen stünden? Auch darauf hatte Bürgermeister Brandt eine Antwort: "Dann kauft eine andere Firma oder wir die Leitung." So fiel die Abstimmung schließlich einstimmig aus.
"Fibernet" äußerte sich im Vorfeld der Sitzung übrigens weder positiv noch negativ zum Angebot. "Die Entscheidung auf Zusammenarbeit wird der jeweiligen Gemeinde überlassen", hieß es in der Sitzungsvorlage.



