Boris Becker macht in Wimbledon 1985 den berühmt gewordenen "Becker-Hecht". Foto: dpa
Von Nicolas Lewe
Leimen. Als Boris Becker im Vorjahr mit einem TV-Team im Schlepptau seinem Jugendverein TC Blau-Weiß Leimen einen Besuch abstatten wollte, stand das Ehrenmitglied vor verschlossenen Türen. "Damit das nicht noch einmal vorkommt, hat seine Mutter Elvira von uns einen Chip gekriegt", erklärt der Vereinsvorsitzende Volker Raule. Allerdings sei der in London lebende Becker seitdem nicht mehr da gewesen.
Wer sich auf die Suche nach den sportlichen Ursprüngen des dreifachen Wimbledon-Siegers begibt, kommt an zwei Männern nicht vorbei: Dieter Schmetzer und Klaus Marinoff. Die beiden heute 81-Jährigen, die 1964 zu den Gründungsmitgliedern des Vereins gehörten, kennen Becker von Kindesbeinen an. Schmetzer war sein erster Trainer, als Becker als Fünfjähriger zu Blau-Weiß kam, Marinoff war damals Jugendwart.
Blau-Weiß-Vorsitzender Volker Raule, Beckers Jugendtrainer Dieter Schmetzer und der damalige Jugendwart Klaus Marinoff. Foto: Alex
"Boris hat hier angefangen mit einem abgesägten Tennisschläger von seinem Vater Karl-Heinz. Zusammen mit meinem Sohn Steffen hat er bei mir zu Hause den Putz von der Wand gespielt", erinnert sich Schmetzer. Bereits in jungen Jahren habe sich Boris’ großes Talent und ein "Ehrgeiz bis zum geht nicht mehr" abgezeichnet. "Wenn etwas nicht so geklappt hat, wie er das gerne gehabt hätte, war er schnell am Ausrasten." Marinoff, der als Jugendwart bei vielen Spielen an der Seitenlinie stand, bestätigt: "Ohne den Ehrgeiz wäre Boris nie so weit gekommen. Wenn er mal verloren hat, was ja nicht oft vorkam, dann war der Tag für ihn erledigt, er war total fertig und man musste ihn tröstend in den Arm nehmen."
Der Verein habe von der familiären Atmosphäre gelebt. "Die Eltern haben den Verein gegründet, die ganzen Kinder waren einfach da", erzählt Marinoff. "Das Familienleben fand hier auf der Anlage statt." Für Boris Becker hätten die Voraussetzungen nicht besser sein können. "Boris hat sich hier wohlgefühlt in der Gruppe, ohne Spielkameraden hätte er keinen Spaß gehabt."
1977 entstand das Leistungszentrum des Badischen Tennisverbandes gegenüber des Blau-Weiß-Geländes, 1979 folgte die erste Badische Meisterschaft mit dem 12-jährigen Boris im Team. Dann sei alles "ruck-zuck" gegangen: Becker wechselte zum TC Schwarz-Gelb Heidelberg und zum TK Grün-Weiß Mannheim, wo er schon als 16-Jähriger Bundesliga spielte. Der Verein habe sich in seiner Philosophie bestätigt gesehen, auf die Jugend zu setzen. "Diese Entwicklung war von uns so gewünscht. Wir konnten Boris irgendwann die Qualität nicht mehr bieten", so Marinoff. "Und wir waren stolz, dass jemand aus dem Verein die Möglichkeit bekam, höherklassig zu spielen." Ihn als Trainer habe das natürlich gefreut, bekräftigt Schmetzer.
"Im Clubhaus gab es damals einen großen Fernseher, da waren bei Boris’ großen Spielen alle Tische voll. Alle haben mitgefiebert", erinnert sich Marinoff. Übrigens nicht nur in Leimen, sondern auch vor Ort. "Es gab eine 20- bis 30-köpfige Fangruppe, die Boris zu den Spielen begleitet und ihn lautstark unterstützt hat." Ohne Frage sei Boris Becker bis heute das Tennisidol des Clubs, selbst wenn sein Name für den Nachwuchs kaum noch Bedeutung hat. "Die Eltern erinnern sich." Und auch Boris trägt seinen Jugendverein im Herzen. "Für ihn bin ich immer noch der Onkel Klaus", freut sich Marinoff. Zu seinem 50. Geburtstag am heutigen Mittwoch werde er ihm eine Mail schreiben. "Da freut er sich garantiert."