Dass Wildtiere sich auch in Mosbach immer wieder ins Siedlungsgebiet wagen, zeigen diese Aufnahmen aus der Großen Kreisstadt, die aufmerksame Leser der RNZ dieser Tage zukommen ließen. Foto: zg
Von Noemi Girgla
Neckar-Odenwald-Kreis. Sie erinnern ein wenig an die Panzerknacker aus dem Donald-Duck-Universum. Schwarze Maske, etwas dicklich und scheinbar unbedarft. Flauschig sehen sie auch noch aus. Eigentlich wirkt er sehr sympathisch – der Waschbär. Doch die ursprünglich aus Nordamerika stammende invasive Art bringt zahlreiche Probleme mit sich. Schäden an Gebäuden sowie ökologisches Gefährdungspotenzial in Hinsicht auf Eier, Jungvögel, Reptilien und Amphibien sagt der Wildtierbericht des Landes Baden-Württemberg ihm nach, und empfiehlt ein gezieltes Prädatoren-Management durch Lebendfang mit Fallen oder Abschuss.
Auch im Neckar-Odenwald-Kreis ist der kleine Allesfresser inzwischen angekommen. Angekommen ist er eigentlich schon 1965. Da wurde er im Kreis jedenfalls zum ersten Mal dokumentiert. Während die Tiere sich andernorts, wie zum Beispiel in Kassel, bereits zu einer regelrechten Plage entwickelt haben, sind Mosbach und der Landkreis laut Tobias Kuhlmann, Sachbearbeiter bei der Jagdbehörde des Landratsamtes, noch einigermaßen "verschont" geblieben.
Dass aber auch hier die Waschbärenpopulation ständig wächst, darin sind sich die Wildtierbeauftragten des Kreises, Tobias Kuhlmann und Forstrevierleiter Thilo Sigmund sowie Mosbachs Kreisjägermeister Heinz Gottmann einig.
Sigmund berichtet von regelmäßigen Sichtungen gerade entlang der Elz. Waschbären halten sich gerne in Gewässernähe auf, sind aber auch den besiedelten Gebieten gegenüber nicht abgeneigt. In Mudau fing eine Wildtierkamera gleich vier der kleinen Raubtiere gleichzeitig ein. Gottmann berichtet von einigen Tieren in Lohrbach und Muckental. "Für die Tiere herrschen hier sehr gute Rahmenbedingung", erläutert der Forstrevierleiter.
Durch die Klimaerwärmung werden die Winter milder, auf den Wiesen liegt Fallobst, der Mais steht bis zur Ernte lange auf den Feldern. Die Vermehrungsrate der Wildtiere steigt, und es kommen mehr Jungtiere durch als früher. Ein Phänomen, das nicht auf den Waschbären beschränkt ist.
Dem Wildtierbericht 2018 ist zu entnehmen, dass in Baden-Württemberg im Jagdjahr 2017/18 etwa 80 Prozent mehr Waschbären geschossen oder überfahren wurden als im Vorjahr. Auch im Neckar-Odenwald-Kreis hat sich nach Angaben des Landratsamtes die Zahl der durch Jagd erlegten oder überfahrenen Tiere mehr als verdreifacht. Dabei geht man dort davon aus, dass einige Tiere, die einem Verkehrsunfall zum Opfer fielen, gar nicht gemeldet wurden.
Die Dunkelziffer dürfte also noch einmal höher liegen. "Generell ist eine Ausbreitung des Waschbären als invasive Art in unseren heimischen Wäldern nicht erwünscht. Bisher spielt Bejagung jedoch eine untergeordnete Rolle", teilte der Pressesprecher des Landratsamtes Jan Egenberger der RNZ mit.
Nach Angaben der Internetplattform "Wilde Nachbarn Baden-Württemberg", die erst Anfang des Jahres online ging, sind Wildtiere zunehmend im Siedlungsraum anzutreffen. So kommt es vor, dass der ein oder andere durchaus mal einen Fuchs im Garten oder einen Waschbären in der Mülltonne hat.
Dass Wildtiere sich auch in Mosbach immer wieder ins Siedlungsgebiet wagen, zeigen diese Aufnahmen aus der Großen Kreisstadt, die aufmerksame Leser der RNZ dieser Tage zukommen ließen. Foto: zgMit der Jahreszeit habe dies nichts zu tun, auch wenn es in der Stadt etwas wärmer sei als auf dem Land, so "Wilde Nachbarn". Attraktiv für die Tiere seien ganzjährig vor allem das Nahrungsangebot, Versteck- und Nistmöglichkeiten wie Mauerritzen, Schuppen oder Dachböden sowie der fehlende Jagddruck in der Stadt. Doch wie verhält man sich richtig, wenn plötzlich ein Frischling im Garten steht?
In diesem Punkt sind sich alle einig. Nicht füttern, nicht anfassen und Distanz wahren. Gerade bei den niedlich aussehenden Jungtieren sei die gar nicht so niedliche Mutter oft nicht weit. Im Zweifelsfall, wenn das Tier krank oder verlassen wirkt, rät Thilo Sigmund, sich an den zuständigen Jagdpächter oder die Polizei zu wenden.
Auch raten die Experten dazu, Vorsorge zu treffen, damit das Nahrungsangebot für die Tiere nicht zu verlockend wird. Mülltonnen sollten immer gut verschlossen sein, der Kompost im besten Fall abgedeckt. Und auch Katzenfutter hat nachts nichts auf er Terrasse zu suchen. Werden Wildtiere angelockt und verlieren ihre Scheu, kann das schnell zu Problemen führen. Sollte es trotz aller Vorsicht doch auf dem Dachboden rumpeln oder unter der Veranda scharren, ist das jeweilige Forstamt auch ein möglicher Ansprechpartner.
Info: Weitere Informationen gibt es hier. Hier können auch Wildtiersichtungen gemeldet werden.