Die jungen Afghanen Khairullah Sadad, Sayed Jalal Sadat und Majid Ahmadi haben mittlerweile nicht nur Deutsch gelernt und Schulabschlüsse abgelegt, sondern absolvieren Berufsausbildungen. Zu ihren „alten“ Deutschlehrerinnen Anna Leischner und Brigitte Wieder haben sie noch Kontakt. Foto: Peter Lahr
Von Peter Lahr
Mosbach. "In Afghanistan war immer Krieg. Man wusste nicht, ob man morgen noch lebt." Es sind für uns kaum nachvollziehbare Erlebnisse, die drei Jugendliche vor vier Jahren zur Flucht aus ihrer Heimat bewogen haben. Nach lebensgefährlichen Odysseen trafen sich Khairullah Sadad, Sayed Jalal Sadat und Majid Ahmadi 2015 in Mosbach. Damals "unbegleitete Minderjährige", haben sie mittlerweile nicht nur die Schulbank gedrückt, Deutsch gelernt und Abschlüsse "gebaut". Alle drei haben zwischenzeitlich auch eine Lehrstelle gefunden.
Unterstützung erlebten sie in der neuen Heimat immer wieder von ganz unterschiedliche Menschen. Zwei davon sind Brigitte Wieder und Anna Leischner. Sie unterrichteten die Jugendlichen bald nach ihrer Ankunft – im "Haus Elz" der Johannes-Diakonie und an der Ludwig-Erhard-Schule, wo ein spezieller Kurs auf Arbeit und Beruf vorbereiten sollte.
Am Anfang sei die Schule schwierig gewesen, erinnert sich Khairullah. "Mathe, Biologie und Physik waren gleich wie in Afghanistan", gibt Sayed zu bedenken. "Ich habe sieben Jahre in Afghanistan die Schule besucht und ab der vierten Klasse Englisch gelernt", berichtet Majid. Deshalb konnte er auch schon das Alphabet.
"Ich habe meinen Hauptschulabschluss mit 2,0 Notendurchschnitt", freut sich Sayed. Doch als er "in allen Mosbacher Geschäften" nach einem Praktikumsplatz fragte, hatte er keinen Erfolg. In Mannheim hatte er mehr Glück. Bei "Planet Sport" absolvierte er ein zweiwöchiges Praktikum. "Obwohl ich damals nicht richtig reden konnte, ging es gut." So gut, dass ihm sein Chef eine Lehrstelle anbot. Allerdings gab es die nächste freie nicht in Mannheim, sondern in Frankfurt. Da er nicht nach Hessen umziehen durfte, pendelte Sayed zwei Monate lang täglich nach Frankfurt.
Mittlerweile ist er wieder bei Planet Sport in der Quadratestadt. Dennoch verbringt er jeden Tag über drei Stunden, um von Hochhausen zur Arbeit und zurück zu kommen. Den Kontakt zu den Kunden schätzt Sayed besonders. Für Fitness und Fußball interessiere er sich auch in seiner Freizeit. Nach drei Jahren in Hochhausen kickt er jetzt beim SV Obrigheim.
"Mein Traumberuf war Koch", erzählt Khairullah. Doch als Moslem habe er nicht mit Schweinefleisch arbeiten wollen und deshalb keine Lehrstelle gefunden. "Ich muss mehr ausprobieren", findet der junge Mann nach Praktika beim Bäcker und Gipser. Mittlerweile hat er eine Lehrstelle als Maler und Lackierer bei der Firma Roth in Reichenbuch.
Seit einem halben Jahr hat er nun den Führerschein, was den Weg zur und von der Arbeit erleichtere. Neu gelernt in Deutschland hat Khairullah auch das Schwimmen. Nach erfolgreichem Kurs meldete er sich begeistert bei der DLRG, um Rettungsschwimmer zu werden. "Ich kann sehr schnell schwimmen und jemanden retten. Das ist das Schönste."
Majid wollte Fachinformatiker werden. Nach einer Beratung bei der Industrie- und Handelskammer fand er einen Praktikumsplatz bei der Buchener Firma Göttfert. Mehr noch: "Nach zwei Wochen bekam ich eine E-Mail, dass ich einen Ausbildungsplatz bekomme." Er habe echt Glück gehabt, so eine tolle Firma zu finden: "Alle sind nett und freundlich und helfen mir."
Dass man mit dem Ausbildungsgehalt finanziell keine großen Sprünge machen kann, ist klar. Und auch der Status als "Geduldeter" sorgt immer wieder für ein Gefühl der Unsicherheit – mitunter sogar Panik. Dennoch sind alle drei dankbar, dass sie so viele Menschen bei ihrem nicht gerade einfachen Weg mit Rat und Tat unterstützten.
"Wir haben hier junge Männer, die gesuchte Fachkräfte sind", lobt Anna Leischner das große Engagement der drei, die innerhalb kürzester Zeit ein riesiges Lernpensum absolvierten. Wie man in Deutschland am besten "ankomme", auch davon haben Khairullah und Sayed genaue Vorstellungen: "Die Sprache lernen und viele Menschen kennenlernen. Wenn du Zeit hast, geh in einen Verein", raten sie. "Geduld haben, viele Kontakte finden und pünktlich sein, das ist sehr wichtig", ergänzt Majid.