Von Heiko Schattauer
Mosbach.150 Jahre wurde die Volksbank Mosbach im vergangenen Jahr. Im 151. Jahr des Bestehens durfte man nun eine Premiere feiern: Zum ersten Mal absolvierte man – ob der bekannten Umstände gezwungenermaßen – die Vertreterversammlung in rein virtueller Form. Wie das mit 300 Vertretern organisatorisch zu lösen war und welche Botschaft man auch ohne direkten Kontakt vermitteln konnte, erklären die beiden Vorstände Holger Engelhardt und Marco Garcia sowie Sabine Schweiger als Vorsitzende des Aufsichtsrats im RNZ-Gespräch.
Ganz banal gefragt: Wie organisiert man eine Versammlung, zu der normal 300 Menschen in einer Halle zusammenkommen, virtuell? Wo lauerten die größten Hürden?
Schweiger: Eine digitale Vertreterversammlung mit allen rechtlichen Anforderungen zur organisieren, war für uns eine Premiere. Eine der ersten Hürden war, uns für eine Technik zu entscheiden, die unsere Anforderungen insbesondere hinsichtlich einer anonymen und rechtlich abgesicherten Abstimmungsmöglichkeit erfüllte. Dazu lag unser Fokus auf einem einfachen Zugang, einer übersichtlichen Darstellung von Präsentationen und Videos sowie dem einfachen Austausch mit unseren Vertreter(inne)n. In einer mehrtägigen Informationsphase haben wir unserem Gremium ermöglicht, die Inhalte abzurufen, zu prüfen und Fragen zu stellen. Hiervon wurde rege Gebrauch gemacht. Auf die Informations- folgte dann die Beschlussphase. Die Ergebnisse wurden anschließend im abgesicherten Vertreter-Datenraum veröffentlicht.
Die Entwicklung der Volksbank Mosbach wurde dieser Tag auf alternativem Weg transportiert: Die Vertreterversammlung musste aufgrund der Corona-Pandemie komplett virtuell absolviert werden, vor allem die Vorbereitungen waren dabei herausfordernd. Foto: SchattauerInzwischen ist die Premiere gelaufen. Wie fällt ihre persönliche Bilanz aus? Wie war das Feedback der Vertreter?
Engelhardt: Alles hat einwandfrei funktioniert. Natürlich haben wir den ein oder anderen Teilnehmer auch mal etwas unterstützen müssen, doch von Seiten der Vertreter kam durchweg positives Feedback. Wir fühlen uns im Nachhinein bestätigt, eine längere Informationsphase anzubieten, um so alle Fragen ausführlich beantworten zu können.
Wie viele der 300 Vertreter waren denn tatsächlich live dabei? Und wie ist diese Teilnahmequote einzuordnen?
Garcia: Wir hatten eine sehr gute Teilnehmerquote. Über 160 Vertreter(innen) haben sich eingeloggt. Dies ist, auch im Vergleich zu anderen Banken, eine sehr gute Bilanz. Im Schnitt haben 150 Gremiumsmitglieder an den Beschlussfassungen mitgewirkt, was definitiv vergleichbar mit vergangenen Präsenzversammlungen ist. Wir sind sehr dankbar, dass sich unsere Vertreter(innen) diesem neuen Format geöffnet haben.
Welche zentralen Botschaften konnten Sie vermitteln? Können Sie für unsere Leser die Ergeb- und Erkenntnisse in wenigen Sätzen zusammenfassen?
Garcia: Wir haben über das Geschäftsjahr informiert, die solide Entwicklung unserer Bank erläutert. Die Abstimmungspunkte fanden die mehrheitliche Zustimmung. Unter anderem wurde Andreas Redaoui aus Schefflenz neu in den Aufsichtsrat gewählt. Notwendige Satzungsänderungen, welche die Anpassungen an die Mustersatzung des Bundesverbandes der Volksbanken und Raiffeisenbanken vorsahen, wurden ebenfalls beschlossen. Die Anpassungsfähigkeit der Volksbank Mosbach war uns als zentrale Botschaft sehr wichtig. Der Bank ist es in den letzten 150 Jahren immer wieder gelungen, sich auf wechselnde Rahmenbedingungen einzustellen. Wandel und Tradition stehen bei uns im Einklang, und wir haben ein solides Eigenkapitalfundament, auf das wir weiterhin bauen können.
Die auf Anweisung der Bankenaufsicht für 2019 ausgesetzte Dividendenzahlung war sicher auch ein Thema ...
Engelhardt: Natürlich war dies ein wichtiger Punkt, jedoch ist dies kein Thema, das plötzlich aus dem Nichts aufgetaucht ist. Bereits im Mai haben wir im Zuge eines Vertreterbriefes unsere Versammlung das erste Mal hierüber informiert. Da seitens der Europäischen Zentralbank (EZB) und der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) ein Ausschüttungsverbot für Dividenden bis Ende 2020 für alle Banken verhängt wurde, haben wir gemeinsam mit dem Aufsichtsrat den Vorschlag zur Gewinnverwendung modifiziert. In diesem Jahr haben wir den Verzicht auf eine Ausschüttung vorgeschlagen, was mehrheitliche Zustimmung fand. Der für die Auszahlung vorgesehene Betrag wird auf das kommende Jahr vorgetragen. Im Zuge der Vertreterversammlung 2021 kann über die Verwendung des gesamten, als Dividende für 2019 vorgesehenen Betrages, neu entschieden werden.
Die Corona-Krise hält weiter an. Wie sehr trifft die Pandemie die Volksbank? Und wie optimistisch oder skeptisch schauen Sie in die Zukunft?
Garcia: Natürlich hat die Pandemie auch große Auswirkungen auf unseren Geschäftsbetrieb. Seit Ende Februar 2020 tauscht sich unser "Notfallteam" regelmäßig über Maßnahmen aus, um Kunden und Mitarbeiter zu schützen. Der Kundenkontakt war zeitweise eingeschränkt, jedoch gaben uns unsere digitalen Angebote die Möglichkeit, die Kommunikationswege auszudehnen. Hier gilt ein großer Dank unseren Kunden und unseren Mitarbeitenden, die mit uns gemeinsam durch diese schwierigen Zeiten gehen.
Unabhängig von Corona war das Bankenwesen schon vorher in Bewegung. Welche Veränderungen muss/will man auf den Weg bringen, um auch nach 151 Jahren zukunftsfähig zu bleiben?
Engelhardt: Gerade im digitalen Bereich müssen wir unsere Angebote noch mehr auf das Verhalten und die Wünsche unserer Kunden anpassen. Hier sind wir auf einem sehr guten Weg. Unsere Kunden können über den Kontaktweg selbst entscheiden, ob persönlich, über Telefon oder Video. Serviceleistungen müssen einfach bequem, schnell und möglichst unbürokratisch sein, was natürlich durch die stetig zunehmende Regulatorik ein Dauerthema für uns ist. Die Digitalisierung hilft hier sehr. Durch die steigende Komplexität im Anlage- und Finanzierungsbereich, spielen Themen wie Beratungsqualität und Spezialisierung eine immer größere Rolle. Dies erfordert eine stetige Aus- und Weiterbildung unserer Mitarbeitenden.
Und wie sieht es mit den Filialen aus?
Garcia: Natürlich passen wir unser Filialnetz auf das Kundenverhalten an. Ist eine Filiale wenig frequentiert, suchen wir nach neuen und einfacheren Zugangswegen, um Servicedienstleistungen schneller und kostengünstiger anbieten zu können. Dies bedeutet nicht, dass wir an diesem Ort nicht mehr präsent sein werden, aber eventuell auf anderem Weg, der für viele eine gute Lösung bietet. Persönlich sind wir immer für unsere Kunden da, egal auf welchem Kontaktweg.
Noch mal zurück auf die virtuelle Vertreter-Versammlung: Ist das in der Not geborene Konzept vielleicht ein Muster für kommende Versammlungen?
Schweiger: Definitiv ist das auch eine Möglichkeit für kommende Veranstaltungen und eine gute Ergänzung zu unserem bisherigen Veranstaltungsangebot. Man muss jedoch dazu sagen, dass wir im Jahr 2020, bereits vor der Vertreterversammlung, mehrere Veranstaltungen erfolgreich digital absolviert haben. Für den ein oder anderen ist es auch sehr viel einfacher und bequemer, einen Fachvortrag von Zuhause aus zu verfolgen. Der persönliche Kontakt lässt sich jedoch für uns virtuell nicht vollständig kompensieren. Daher freuen wir uns, wenn wir unsere Vertreter(innen) im Jahr 2021 wieder in der Alten Mälzerei begrüßen dürfen.