Die Pestmaske eines Arztes aus dem 16. Jahrhundert. Foto: dpa
Caspar Oesterreich
Neckar-Odenwald-Kreis. Das Coronavirus sorgt seit mehr als einem Jahr für Schlagzeilen. Als die Spanische Grippe von 1918 bis 1920 in Europa Angst und Schrecken verbreitete, zwischen 25 und 100 Millionen Menschen weltweit starben, "war das dagegen eher nur eine Randnotiz in den Zeitungen – jedenfalls nicht das durchgehend bestimmende Thema", sagt Markus Wieland. Vielmehr beschäftigten die Menschen noch die Auswirkungen des Ersten Weltkriegs. "Von einem Lockdown war während jener Pandemie auch nicht die Rede." Nur vereinzelt, in machen Bezirken Frankreichs oder etwa der Schweiz, hätten sich damals einige Regionen abgeschottet.
Wieland weiß, wovon er spricht. Als Vorsitzender des Geschichts- und Museumsvereins Mosbach sowie als Geschichtslehrer am Nicolaus-Kistner-Gymnasium hat er Tausende alte Quellen studiert. Informationen über Seuchen und Krankheiten im Neckar-Odenwald-Kreis der vergangenen Jahrhunderte zu finden, sei manchmal aber alles andere als einfach, erklärt der 49-Jährige im Gespräch mit der RNZ.
Der "Schwarze Tod" beispielsweise finde gar keine direkte Erwähnung in den Quellen. Nur durch einen Rückgang der Einwohnerzahlen und die Auflösung mehrer Dörfer in der Region – zum Beispeil Hasbach, das einst zwischen Mosbach und Neckarburken lag – ließen sich Rückschlüsse über diese verheerende Pestpandemie ziehen. Wohl 1348 erreichte sie den Neckar-Odenwald-Kreis und forderte in den folgenden zwei Jahren viele Todesopfer, berichtet Wieland.
Im Vergleich zur Stadtbevölkerung hätten sich auf dem Land aber weniger Menschen mit dem Bakterium Yersinia pestis infiziert. "Diese Tatsache wiederum bewog die Universität Heidelberg, während mehrer Pestausbrüche im 16. Jahrhundert immer wieder ihren Sitz in kleinere Gemeinden zu verlegen", erklärt der Geschichtsexperte. So kamen die Professoren 1547/48 nach Eberbach; ein paar Jahre später forschte man von Eppingen aus (1564/65) und gastierte beim nächsten Pestausbruch in Heidelberg dann 1589/90 in Mosbach.
"Über die Ursache der Krankheitsausbrüche wusste man da natürlich noch nichts", sagt Wieland. Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erkannten Louis Pasteur und Robert Koch Bakterien als Erreger von Krankheiten. Bis zum Nachweis von Viren vergingen dann noch einmal mehrere Jahrzehnte.
"Bei der Erforschung dieser Krankheitserreger spielte ein Mosbacher aber eine große Rolle", verrät Wieland. Denn neben Mondstaub von Apollo 12 untersuchte Ernst Brüche, Entwickler des elektrostatischen Elektronenmikroskops, in seinen Süddeutschen Laboratorien Mosbach zahlreiche Viren – auch im Auftrag von Behörden. 1970 wurde der Wissenschaftler mit dem Bundesverdienstkreuz erster Klasse ausgezeichnet und zwei Jahre später dann mit der Ehrenbürgerwürde der Stadt Mosbach.
Unter dem Titel "Grippe, Pest und Cholera – Epidemien und Pandemien in der Geschichte am Beispiel des Neckar-Odenwald-Kreises‘‘ wird Markus Wieland am Montag, 18.30 Uhr, in einem Onlinevortrag noch viele weitere Anekdoten zu dem Thema erzählen: Zum Beispiel über die Funktion der Gutleutanlage in Mosbach oder darüber, warum die St.-Rochus-Kapelle Buchen nicht St. Sebastian heißt. Anmeldungen zu dem Vortrag auf der GoToMeeting-Plattform des Nicolaus-Kistner-Gymnasiums unter Telefon 0 62 61 / 9 28 00 oder per E-Mail an sekretariat@nkg-mosbach.de.