Vom Mosbacher Krankenhaus zog am Samstagnachmittag ein großer Demonstrationszug zum Marktplatz. Knapp 400 Bürger sagten „Nein“ zu der geplanten Schließung der Mosbacher Gynäkologie/Geburtshilfe-Station. „Wir wünschen uns eine Lösung für alle Frauen“, unterstrich Organisatorin Berit Löhlein. Foto: Peter Lahr
Von Peter Lahr
Mosbach. Völlig "geflasht" zeigte sich Berit Löhlein von der Menschenmenge, die sich am Samstagmittag vor dem Mosbacher Krankenhaus versammelte. Die "Mama von zwei kleinen Kindern, die beide in Mosbach auf die Welt gekommen sind", hatte zu einer Demonstration aufgerufen, um ein Zeichen zu setzen gegen die vorgesehene Schließung der Mosbacher Geburtshilfe / Gynäkologie-Station. Die RNZ hatte zuletzt mehrfach über die entsprechenden Umstrukturierungspläne berichtet, über die wiederum der Kreistag am 29. Januar entscheiden soll.
Rund 370 Bürger, so schätzte die begleitende Polizei, kamen nun zusammen und sagten lautstark, fantasievoll und mit vielen guten Argumenten "Nein". Oder wie auf einem Plakat zu lesen war: "Große Kreisstadt Mosbach braucht Kreißsaal." Bei der Abschlusskundgebung auf dem Marktplatz sprachen auch die Mosbacher Kinderärztin Dr. Susanne Herberg und DGB-Gewerkschaftssekretärin Maren Diebel-Ebers. In fünf Tagen unterschrieben bereits rund 5700 Bürger eine Protestnote, die vor der Kreistagssitzung in der Alten Mälzerei übergeben werden soll.
Trotz winterlicher Temperaturen waren viele komplette Familien "mit Kind und Kegel" zum Krankenhaus gekommen. Einige Mamas und Papas schoben Kinderwagen, aber auch Großeltern und Jugendliche reihten sich ein. Mit Trillerpfeifen und selbstgemalten Plakaten ausgestattet, bewegte sich ein langer Korso über die Hauptstraße bis zum Marktplatz. Frank Hehn, Geschäftsführer der Neckar-Odenwald-Kliniken, lud noch am Krankenhaus die Demonstranten zu einer Informationsveranstaltung am 23. Januar in die Krankenhaus-Mensa ein. Auf die ihm entgegengebrachten Argumente wollte er allerdings kaum eingehen. Das Publikum quittierte es mit einem Pfeifkonzert.
Foto: Peter Lahr"Was man doch mit einer Portion Mut, Power und Überzeugung erreichen kann", freute sich Berit Löhlein auf dem gut gefüllten Marktplatz über die zahlreichen Demonstranten und Unterstützer. "So eine gut ausgebaute und funktionierende Station darf einfach nicht geschlossen werden", unterstrich die Organisatorin.
Ihr wichtigstes Anliegen: "Wir dürfen nicht zulassen, dass man den Geburtsort Mosbach abschafft." Mit einem großen Fragezeichen versah sie die Wachstumspläne für eine singuläre Buchener Geburtshilfe. Wer sage denn, was passiere, wenn dort die erträumten 1000 Geburten im Jahr nicht erreicht würden? Gerade im Mosbacher Raum könnten werdende Mamas auch Richtung Heilbronn, Sinsheim oder Heidelberg fahren.
Zwar sei die Schließung eines Standorts aus betriebswirtschaftlicher Sicht nachzuvollziehen. Doch forderte Löhlein Offenheit, wie sich das 12-Millionen-Defizit denn genau aufschlüsseln lasse. "Es bringt ja nichts, eine Abteilung zu schließen, um nur einen Bruchteil des Defizits einzusparen." Zudem regte sie an, dass der Kreistag über die einzelnen Maßnahmen des Umstrukturierungsplans abstimmen solle. Oder gehe es "nur noch" um eine Entscheidung über "Privatisierung"?
Auch das Argument, in Mosbach gebe es zu wenig Hebammen, konnte die Rednerin nicht überzeugen. "Wie soll das in Buchen dann funktionieren? Wurde mit den Mosbacher Hebammen überhaupt schon gesprochen?", fragte Löhlein. Ihr Fazit: "Wir wünschen uns eine andere Lösung." Denn das Thema betreffe alle Frauen jeden Alters und damit die Hälfte der Bevölkerung.
Foto: Peter Lahr"Ich bringe Ihnen die Solidarität aller Kollegen und stehe hier auch als Mutter", erklärte Dr. Susanne Herberg. Auch sie freue sich riesig darüber, dass das Thema so ein großes Echo finde. "Wir brauchen eine wohnortnahe Versorgung unserer Kinder und Mütter", unterstrich die Kinderärztin. Bei Wehen seien kurze Wege ein Muss und eine Autofahrt nach Buchen im Winter könne zum Desaster werden. Da jede Geburt zwar ein sehr schönes Ereignis darstelle, aber auch in einem Notfall enden könne, sei es fatal, hier mit Wirtschaftlichkeit zu argumentieren. Landrat Dr. Achim Brötel dankte die Rednerin ausdrücklich dafür, dass er sich bislang für den Erhalt der beiden Klinikstandorte stark gemacht habe.
"Darf Gesundheit zur Ware werden?", fragte auch Gewerkschaftssekretärin Maren Diebel-Ebers, die die solidarischen Grüße des DGB-Kreisverbands Neckar-Odenwald sowie des ver.di-Bezirks Heilbronn-Neckar-Franken überbrachte. "Eine Schwangere darf nicht 50 Kilometer zur nächsten Geburtshilfestation fahren müssen", stellte sie klar. Derzeit seien viele kleine Krankenhäuser gefährdet. Für deren Existenz stünden das Land und die Landkreise in der Verantwortung. Die kommenden Wochen werden zeigen, ob das diesjährige Mosbacher Neujahrsbaby "das letzte seiner Art" war.