So sieht das aus, wenn man ein Online-Ticket fürs Mosbacher Freibad buchen möchte. Ist nicht schwer, aber einen Computer, ein Laptop oder ein Smartphone sowie Internet-Zugang braucht man schon. Foto: Ursula Brinkmann
Von Ursula Brinkmann
Mosbach/Mannheim. Online-Kartenkauf, Online-Formular, Online-Anmeldung. Was gang und gäbe ist in einer Welt zunehmender Digitalisierung, hat durch die Coronakrise einen weiteren Schub bekommen. Und durchaus eine Kehrseite. Wer nämlich nicht online ist, keinen Zugang zum Internet, kein Ipad, kein Smartphone hat, dem kann es passieren, dass ihr oder ihm andere Zugänge – analoge – verwehrt bleiben.
Etwa der Zugang ins Mosbacher Freibad "faMos". Seit der Badebetrieb wieder läuft, ist ein Eintritt ausschließlich mit einem Online-Ticket möglich. Ob am heimischen Rechner gebucht und anschließend ausgedruckt oder vorzeigbar auf dem Handy, am Eingang muss, wer rein will, einen personalisierten QR-Code vorweisen, der vom Personal eingescannt wird.
"Damit haben wir zugleich die Kontaktdaten unserer Besucher, sollte ein Corona-Fall auftreten", begründet Jürgen Jaksz die ausschließlich digital ermöglichte Öffnung. Jaksz ist Geschäftsführer der Stadtwerke Mosbach, die das faMos betreiben. Dass nicht alle diesen Weg ins Schwimmbad gehen können, ist ihm schon klar. "Aber jeder kennt doch einen, der am Computer ein Online-Ticket besorgen kann." Und wo ein Wille sei, sei auch ein Weg, fügt er jenen Fall einer älteren Mosbacherin an, die ohne Internet trotzdem zum Schwimmen kam. "Die bat ihre Tochter in Berlin, ihr auf dem Online-Weg eines zu besorgen, und die schickte es mit der Post nach Mosbach."
Eine Zettelwirtschaft, wie die Kontaktdatenermittlung in der Gastronomie derzeit läuft, hält man im faMos für nicht machbar. Bademeister Steffen Kisker müsste bei einem Infektionsverdacht dem Gesundheitsamt sofort alle in Frage kommenden Kontaktpersonen übermitteln. "Bei bis zu 1200 Personen pro Tag können wir das personell gar nicht leisten." Und Jaksz ist "froh, dass wir unseren Badegästen überhaupt ermöglichen können, was aktuell geht". Im Gundelsheimer Freibad läuft es übrigens genauso. "Einfach so die Tore aufsperren und die Menschen aufs Gelände strömen lassen, das ist aufgrund der derzeitigen Lage und der aktuell gültigen Bestimmungen nicht möglich", heißt es etwa über den Besuch des Hardtsees in Ubstadt-Weiher.
Das Open-Air-Kino hat zwar gerade seinen Sommerbetrieb beendet, doch auch dort lief der Eintrittskartenverkauf meist online. Allerdings mit dem Unterschied, dass auch die Tourist-Info der Stadt Mosbach als Ticket-Verkaufsstelle in Anspruch genommen werden konnte. "Das wurde sie", berichtet Jennifer Fuchs, "viele rufen auch an und erkundigen sich." Kartenkauf fürs Kinostar-Kino in Neckarelz ist weiterhin möglich, sowohl mit Kartenzahlung als auch Barzahlung. "Wir möchten aber besonders auf den Online-Kartenverkauf hinweisen", hat man die Zeichen der Zeit dort erkannt.
Die übersieht man auch beim Badischen Blinden- und Sehbehindertenverein (BBS) in Mannheim nicht, weist aber eindringlich darauf hin, dass niemand benachteiligt werde dürfe, weil jemand kein Smartphone oder keinen PC hat, keine Anwendung installiert oder dies alles gar für ihn oder sie nicht nutzbar ist. Der Vereinsvorsitzende Karlheinz Schneider hat selbst die Probe aufs Exempel gemacht, an verschiedenen Stellen nach analoger und digitaler Erreichbarkeit geforscht – Banken und Behörden etwa – und kommt zu dem Schluss: "Viele Anbieter machen es sich (digital) einfach. Aber wir brauchen auch analoge Möglichkeiten!" Die sieht man beim Blinden- und Sehbehindertenverein mit zunehmender Digitalisierung in allen gesellschaftlichen Bereichen schwinden. "Dadurch werden Menschen ausgegrenzt." Mit seinem Anliegen hat sich der Verein an die Behindertenbeauftragten der Kommunen und Landkreise gewandt sowie an die Seniorenräte auf Landes- und Landkreisebene, da sie die ältere Bevölkerung repräsentieren, die eher zu den Offlinern zählen als jüngere. Man wolle für die Problematik sensibilisieren.
Bernd Ebert ist Vorsitzender des Kreisseniorenrates und auch Mitglied im Landesseniorenrat. "Wir begleiten die Digitalisierungsinitiative des Landes, denn sie nützt." Wer "nur" analog unterwegs ist, der braucht Unterstützung. Analog und digital sollte nach Eberts Auffassung parallel laufen; gleichwohl setzen sich die Vertreter der älteren Mitbürger dafür ein, diese für digitale Techniken fit zu machen. "In VHS-Kursen, mit Bürgermentoren oder Online-Paten." Auch er selbst habe im Corona-Lock-down lernen müssen, sich in Netzwerken zurechtzufinden oder an Online-Konferenzen teilzunehmen. Am Anfang der Krise hatte der Kreisseniorenrat dazu aufgerufen, sich aktiv um die älteren Mitbürger zu kümmern und empfohlen: "Führen Sie ,Gespräche über den Gartenzaun‘ – fragen Sie regelmäßig, ob noch alles gut ist." Ganz analog eben.