Für ideal hält Karine Spröhnle eine Kombination aus analogen und digitalen Unterrichtsformaten. Foto: Pia Geimer
Von Pia Geimer
Mosbach. Sprachkurse in digitaler Form, nur am Computer? Das habe sie sich früher nicht so recht vorstellen können, bekennt Dozentin Karine Spröhnle, die seit einigen Jahren an der Volkshochschule Mosbach Russisch unterrichtet. Guter Sprachunterricht lebt für sie von der direkten und lebendigen Interaktion zwischen Lehrer und Schülern und auch der Schüler untereinander, die sich gegenseitig mitziehen und zum Sprechen ermutigen. Im Interview mit der RNZ berichtet die erfahrene Sprachenlehrerin, wie sie sich mit den neuen digitalen Möglichkeiten des Unterrichtens in den letzten Monaten immer mehr angefreundet hat. Ihre anfänglichen Zweifel, ob Onlineunterricht ein wirklicher Ersatz für die gewohnten Präsenzkurse in der Gruppe sein kann, sind geschwunden. Heute erkennt sie das große Potenzial, das auf lange Sicht in den Onlinekursen steckt.
Die studierte Slavistin Karine Spröhnle ist eine begeisterte Lehrerin, die auch beim Unterrichten gerne Nägel mit Köpfen macht. Bei ihr spürt man echte Leidenschaft, für die Schönheit der russischen Sprache aber auch für die reiche Tradition der russischen Literatur. Die spielt zwar in ihren Anfängerkursen noch keine so große Rolle, wohl aber im Kontakt mit vielen ihrer erwachsenen Schülern, die oft aus der intellektuellen Szene Heidelbergs stammen.
Mit gleicher Hingabe wie ihren Rezitations- und Diskussionsabenden über russische Literatur und Lyrik widmet sie sich auch ihren VHS-Kursen, in denen sie z. B. Kinder aus russischstämmigen Familien unterrichtet, die ihre Muttersprache ausbauen und auch die kyrillische Schrift lesen und schreiben lernen möchten. Inzwischen sind aus vielen dieser Kinder heranwachsende Jugendliche geworden, die immer noch gerne in ihre Kurse kommen.
Die Erwachsenen kämen aus ganz unterschiedlichen Gründen – manche, weil sie reisen und sich in russischsprachigen Ländern sicher bewegen möchten, aber viele auch, weil sie einfach die russische Sprache und Kultur lieben. Da sei eine Menge Idealismus im Spiel, wenn jemand heute Russisch lernen wolle.
Geboren wurde Karine Spröhnle, die mit Stolz auf ihre armenischen Wurzeln verweist, in Moskau. Während ihrer Jugend hat sie durch den Offiziersberuf ihres Vaters viele Republiken der riesigen Sowjetunion kennengelernt, von der Insel Sachalin im äußersten Osten Russland bis zum Baltikum und ans Schwarze Meer. Studiert hat sie in Rostov am Don, zunächst Journalistik, dann Russische Sprach- und Literaturwissenschaften parallel, unterrichtete später Russisch an der Juristischen Fakultät.
Im Jahr 1989 kam sie nach Deutschland, und obwohl sie anfangs kein Wort Deutsch sprach, fühlte sie sich in Neckargerach sofort sehr wohl und gut aufgenommen. Die VHS war für sie eine erste Anlaufstelle, um richtig Deutsch zu lernen, ab 1994 bot sie dann selbst Russischkurse an, weil durch Glasnost und Perestroika damals auch in Deutschland ein großes Interesse an der Sprache bestand. Danach wurde es etwas ruhiger, aber seit etwa drei Jahren boomt Russisch wieder und ihre Kinder- und Erwachsenenkurse sind gut besucht.
Der Lockdown im Frühjahr machte es jedoch dringend, an der VHS ernsthaft über neue Unterrichtsformate nachzudenken. Auch Karine Spröhnle stellte sich der Herausforderung und arbeitete sich mittels Fortbildungen und kompetenter Beratung durch einige ihrer erwachsenen Russisch-Schüler, zu denen auch Lehrer und Professoren zählen, in die digitale Lernplattform "edudip" ein. Mit Selbstvertrauen und Kreativität hat sie es innerhalb kurzer Zeit geschafft und kann inzwischen mehrere Kurse "Intensives Sprachtraining in der Kleingruppe" online auf der vhs.cloud anbieten.
Das digitale Klassenzimmer eröffne für sie ganz neue, interessante Möglichkeiten und mache allen Beteiligten viel Spaß, berichtet die Dozentin. Auch Teilnehmer, die bisher noch nicht viel mit Computern zu tun gehabt hätten, würden sich mühelos in die neue Technik hineinfinden. Sie habe sogar die Erfahrung gemacht, dass die Lernergebnisse im Onlinekurs eher noch besser seien als beim reinen Präsenzunterricht. Für ideal hält sie eine Kombination aus analogen und digitalen Unterrichtsformaten.