Zahlreiche Schüler tauschten am „Tag des Ehrenamts“ die Schulbank gegen einen veritablen Arbeitsplatz, hier im Bikehaus Bühler. Foto: Ursula Brinkmann
Von Ursula Brinkmann
Mosbach."Cool, chillig, abwechslungsreich" finden Jugendliche es, in einem Fahrradgeschäft, in einer Tagespflegeeinrichtung für alte Menschen oder im Landratsamt zu arbeiten. Und das sogar, obwohl der verdiente Lohn nicht in die eigene Tasche wandert, sondern in den Jugendfonds des Neckar-Odenwald-Kreises. Einmal im Jahr, am Tag des Ehrenamts, tauschen Schüler(innen) die Bildungseinrichtung gegen einen veritablen Arbeitsplatz – lernen dabei trotzdem. Denn bei der Aktion "Mitmachen Ehrensache" verzichten sie nicht nur aufs verdiente Geld, sondern lernen zugleich die Arbeitswelt ein wenig kennen. Eine Arbeitswelt, die vielleicht einmal Ausbildungsplatz sein könnte.
Ohne Berührungsängste begann der Tag der Siebtklässlerin Leah Harsch um neun Uhr im Aufenthaltsraum und in der Küche der Tagespflege des Deutschen Rotes Kreuzes in der Bleichstraße in Mosbach. Foto: Ursula Brinkmann"Der Aspekt der Berufsorientierung ist ein wichtiger Teil an diesem Tag", sagt Rainer Wirth, Kreisjugendreferent. Weshalb die Aktion in enger Zusammenarbeit mit den weiterführenden Schulen im Landkreis angegangen wird. Zusammen mit seinem (fast noch jugendlichen) Kollegen Florian Stern hatte Wirth in den Klassen dafür geworben, mitzumachen bei der Aktion, die im NOK zum 16. Mal läuft. "Unser Türöffner ist, dass wir die Kinder fragen: ‚Wollt ihr einen Tag schulfrei?‘" Die Resonanz und die Zusammenarbeit seien seit Jahren gut. An manchen Schulen ist die Teilnahme freiwillig, an anderen in bestimmten Klassen verpflichtend, und die Limbacher Gemeinschaftsschule am Schlossplatz hält gar alle ihre rund 250 Schüler zum Mitmachen an.
Einer davon ist Ben Westenhöfer, erst zehn Jahre alt und in der fünften Klasse. Ihn hat es ins Landratsamt verschlagen, wo seine Mutter Gudrun Westenhöfer im Fachdienst Umweltrecht arbeitet. Ben hatte noch vor der Frühstückspause die vernichteten Papierakten des Stockwerks entsorgt und machte sich anschließend daran, im Büro von Fachdienstleiterin Ilona Friedrich-Stuhl die Rollladen der Aktenschränke mit Silikonspray wieder flott zu machen. "Jetzt flutscht es wieder", freute sich die Chefin.
In einem anderen Teil des Landratsamtes, bei der Touristikgemeinschaft Odenwald TGO, hat Amy Büchler an der Seite von Alexandra Reichert ihren Eintagsjobs gefunden. Aus ihrer Klasse an der Realschule Osterburken ist die 13-Jährige die einzige Mitmacherin, der es dafür umso mehr Spaß macht.
Zahlreiche Schüler tauschten am „Tag des Ehrenamts“ die Schulbank gegen einen veritablen Arbeitsplatz, hier im Landratsamt. Foto: Ursula Brinkmann"Fünf, sechs Jugendliche schnuppern bei uns jedes Jahr rein", weiß Rainer Wirth aber nicht nur das Engagement des Landkreises in Sachen Mitmachen Ehrensache zu schätzen. "Wir haben alles – vom Autohaus bis zur Bäckerei, von der Klinik bis zur Behinderteneinrichtung." Herausragend findet der Jugendreferent, was im Kreis an diesem Tag aufgeboten wird. In den Nachbarlandkreisen findet merklich weniger statt, so dass Schüler aus dem Landkreis auch im bayerischen Amorbach oder im Heilbronner Raum und im Rhein-Neckar-Kreis ihren One-Day-Job tun. 555 Arbeitsvereinbarungen wurden 2018 geschlossen. Ziemlich genau 12.000 Euro seien verdient worden, möchte Wirth das Vorjahresergebnis toppen. "Das Geld wandert in den Jugendfonds des Kreises, von wo es – per Antrag – zurück in Jugendprojekte fließt. "Auch das ist eine Win-win-Situation", ergänzte Florian Stern.
Wie viele ist auch Leah Harsch über einen Elternteil an ihren Arbeitgeber gekommen. "Mein Vater ist als Notarzt beim Roten Kreuz." Ihr Arbeitsplatz war die Tagespflege des DRK in der Bleichstraße. Ohne Berührungsängste hatte ihre Arbeit um neun Uhr im Aufenthaltsraum und in der Küche begonnen. Die Siebtklässlerin des Nicolaus-Kistner-Gymnasiums (NKG) ahnte, was sie erwartet, waren ihr bei ihren Wegen in die benachbarte Musikschule die alten Menschen doch schon aufgefallen. "Die sind doch voll süß!" Auch wenn sie es anders ausdrücken würden, aber "voll süß" fanden wohl auch die Betreuungsassistentinnen des DRK, Elvira Mohr und Maria Schmidt, und die alten Damen und Herren am Tisch die Zwölfjährige.
Ihr "Mitmach-Schicksal" selbst in die Hand genommen hatten vier Jungs, die im "Bikehouse Bühler" in der Hauptstraße Fahrräder montierten, Reifen aufpumpten, Schaltungen einstellten. Jonas Bauer, Niko Nowik und Luca Mann – Siebtklässler des NKG wie Leah – wollten was Cooles machen, klopften bei Manuel Bühler an und wurden genommen. Dabei hatte der Radhändler zuvor bei der Aktion noch nie mitgemacht. Für Moritz Huber, der die fünfte Klasse an der Gemeinschaftsschule in Limbach besucht, war der Weg ins Bikehouse quasi vorgezeichnet. Sein Vater ist für den Internet-Auftritt des Ladens verantwortlich. Manuel Bühlers Fazit als Mitmachen Ehrensache-Pionier für seine vier Eleven: "Note 1+!"