„Hi, wir sind toni“ und packen gemeinsam die Glasfaserverkabelung im Neckar-Odenwald-Kreis an: BBV-Geschäftsführer Manfred Maschek, Landrat Achim Brötel, Jürgen Hansjosten, Geschäftsführer von Infracapital Deutschland, und Mudaus Bürgermeister Norbert Rippberger (v.l.). Foto: Ursula Brinkmann
Von Ursula Brinkmann
Neckar-Odenwald-Kreis. Es ist der feste Wille und Wunsch aller Beteiligten: Die Glasfaserverkabelung des ganzen Neckar-Odenwald-Kreises und damit das schnelle Internet soll kommen. Nach Ansicht von Achim Brötel muss sie kommen, will der Landkreis telekommunikativ nicht abgehängt werden. Der Landrat ist überzeugt, dass im Neckar-Odenwald-Kreis ohne Glasfaser in jedes Haus in fünf Jahren "Ende Gelände" sein wird. Wird wahr, was der Breitbandversorger BBV mit seiner Marke "toni" vorhat und im engen Schulterschluss mit den Kommunen vorantreibt, dann wäre der Neckar-Odenwald-Kreis der erste Landkreis Deutschlands, der flächendeckend mit schnellem Internet versorgt ist – bis zum letzten Bauernhof.
Ein "Leuchtturmprojekt" in den Augen nicht nur von Achim Brötel, der zusammen mit Mudaus Bürgermeister Norbert Rippberger und einer ganzen Mannschaft von BBV-Leuten zur Pressekonferenz geladen hatte. Seit geraumer Zeit wird das Vorhaben von kommunaler Seite unterstützt, tourten BBV-Vertreter zu Gemeinderatssitzungen und luden zu Informationsveranstaltungen ein. In jüngerer Zeit fallen Plakate, Mobile und Shops auf, die mit einem lockeren "Hi, ich bin toni" dazu ermuntern wollen, einen Vertrag mit dem in Dreieich ansässigen Breitbandversorger zu schließen, um mit garantiert hohen Bandbreiten im Internet zu surfen, zu telefonieren oder fernzusehen.
"3500 Verträge haben wir", erklärte BBV-Geschäftsführer Manfred Maschek und gab sich zuversichtlich, die für einen Ausbaubeginn notwendigen 14.000 Verträge bis Ende März 2021 zusammenzubekommen. Diese Zahl entspräche rund einem Fünftel der knapp 69.000 Anschlüsse in 42.500 Gebäuden im Neckar-Odenwald-Kreis. Wird dieser Vorvermarktungsanteil von 20 Prozent erreicht, bekämen alle das schnelle Internet. Was wiederum erklärt, warum man sich in den Kommunalverwaltungen um das Vorankommen so bemüht.
"Wir sind davon überzeugt, dass Glasfaser schlicht die Zukunft ist", gab Landrat Brötel ein klares Bekenntnis ab. Zumal der Ausbau rein privatwirtschaftlich erfolgen würde, also ohne Gelder von öffentlicher Seite. Brötel ist so angetan von der Initiative, dass er als Weihnachtsgeschenk 2020 empfahl, statt einer Krawatte einen Glasfaserkabelanschluss auf den Gabentisch zu legen. Er verdeutlichte in einer kleinen Breitbandgeschichte des Neckar-Odenwald-Kreises, dass man den Glasfaserausbau zwar schon frühzeitig forciert habe, dabei aber ernüchternde Erfahrungen gemacht habe. "Wir haben gut mit der Telekom zusammengearbeitet, aber die interessieren sich nicht mehr für einen weiteren Glasfaserausbau – und das, obwohl der Kreis fast 30 Millionen Euro zahlen könnte, die Bund und Land zur Verfügung gestellt haben."
BBV will ohne Gelder der öffentlichen Hand buddeln und verlegen. Das Geld dafür kommt von einem neuen Investor hinter der BBV: Infracapital ist ein europäischer Infrastrukturinvestor, der sich auf den Telekommunikations- und Glasfasersektor fokussiert. Jürgen Hansjosten, Geschäftsführer der ICP Tandris GmbH, der deutschen Tochter von Infracapital, war bei der Pressekonferenz dabei, um die Strategie zu erläutern: "Der Neckar-Odenwald-Kreis ist für alle Beteiligten und uns ein Leuchtturmprojekt, auf das derzeit viele von der Politik bis zur gesamten Glasfaserbranche mit großem Interesse schauen."
Was die BBV in Baden-Württemberg ist CCNST in Bayern. Dort sei man, so Hansjosten, schon etablierter, arbeite mit Gemeinden statt Landkreisen zusammen, habe rund 60 separate Glasfasernetze mit einer Gesamtlänge von 3300 Kilometern gebaut und etwa 100 Millionen Euro investiert. Für den NOK steht die Summe von 125 Millionen im Raum.
Den Investorenwechsel zu Infracapital erklärte BBV-Geschäftsführer Maschek mit dessen größerer Spezialisierung auf Infrastrukturprojekte und einer höheren Risikobereitschaft. "Die denken langfristig." Mit dem Vorgänger Riverrock war zudem eine Vorvermarktungsquote von über 30 Prozent angestrebt worden. Gut laufe die vom Landkreis initiierte Kooperation mit den Vereinen als Vermittler. "Von da kommen aktuell 40 Prozent der Verträge." BBV zahlt den Vereinen für die Vermittlung neuer Kunden 25 Euro pro Vertrag.
Ebenfalls im Januar soll die formelle Ausschreibung der baulichen Seite begonnen werden. Man sei, so Pressesprecher Arno Maruszczyk, im Gespräch mit rund einem Dutzend Firmen, viele davon aus der Region. "Wir rekrutieren auch Vertriebs- und Technikpartner auf der lokalen Ebene." Nicht zuletzt, um zu vermeiden, was im Rhein-Neckar-Kreis zu einem eher holprigen Ausbau geführt hat. "Daraus haben wir gelernt."