Was kann man tun, um Insekten zu schützen? Diese Frage diskutierten die Schefflenzer Bürger am Donnerstagabend. Foto: Stephanie Kern
Von Stephanie Kern
Schefflenz. Eine Einwohnerversammlung in Schefflenz ist definitiv kein Abend zum Ausruhen. Hier sollen sich die Bürger einbringen, an verschiedenen Thementischen ihre Meinung bilden, kundtun und so gemeindliches Handeln mitgestalten. Zweimal wurde in Schefflenz schon so gearbeitet, dieses Mal kamen so viele Gäste wie noch nie. Das Thema lautete "Arten- und Insektenschutz".
"Ich denke, auf allen Ebenen sollte man überlegen, was man beitragen kann, um den Artenschutz voranzutreiben", eröffnete Bürgermeister Rainer Houck den Abend. Eine fachliche Einführung mit vielen Fakten und Informationen gab Michaela Heß vom Landschaftserhaltungsverband Neckar-Odenwald-Kreis.
42 Prozent der Insektenarten sind bestandsgefährdet, extrem selten oder bereits ausgestorben. Und die Masse der Insekten ist um 75 Prozent zurückgegangen – in nur 27 Jahren. "Keiner nimmt Insekten wirklich wahr. Wenn sie fehlen, bringt es aber alles aus dem Gleichgewicht", betonte Heß. Man solle deshalb jedes Insekt erhalten, jede Art erhalten, meint Heß. Da gebe es nach dem Volksbegehren "Rettet die Biene" – das auf Eis gelegt wurde und durch ein Eckpunktepapier der Landesregierung ersetzt wurde – einiges zu tun, für Kommunen, Landwirtschaft und Bürger.
Dieses Eckpunktepapier war auch Basis an den von Michaela Heß und Manuela Schönit geleiteten Tischen: Lichtverschmutzung reduzieren, weniger Pestizideinsatz, Ausbau der Öko-Landwirtschaft, Schutz der Streuobstbestände und Verbot von Steingärten lauten die Eckpunkte. An den zwei Tischen wurde rege diskutiert, wie man das alles "in die Fläche bringen kann". Eine Forderung hatte Heß (als Sprachrohr der diskutierenden Bürger) schon: "Die Gemeinde soll sich um Fördergelder bemühen, um den Artenschutz voranzubringen."
An Klaus Markerts Tisch wurde über Fragen der Mobilität und über die Aktion "Stadtradeln" diskutiert. 30 Jahre fuhr der pensionierte Polizist mit dem Rad von Schefflenz nach Mosbach. Sein Ziel: Schefflenz soll bei der Aktion mitmachen, und so sollen möglichst viele Menschen bewogen werden, aufs Rad zu steigen und das Auto stehen zu lassen. Positiver Nebeneffekt der Aktion sei die Möglichkeit, die Kommunen auf Lücken im Radnetz, gefährliche Stellen oder ähnliches hinzuweisen. "Man muss den Autoverkehr minimieren, um Platz für die Radfahrer zu haben", meint Markert.
Peter Rupp, Vorsitzender des Vereins der Eigenheimer und Gartenfreunde, diskutierte über die Privatgärten. "Der Garten ist im Wandel: von grüner Wiese zur Schotterfläche. Wir müssen davon wieder wegkommen", schilderte der Gärtner das Problem. Denn in Steingärten gibt es weder Lebensraum noch Nahrung für Insekten. "Grundsätzlich gilt: Wenn wir mit der Natur arbeiten, können wir sehr viel sparen – Zeit, Geld und Kraft", lautete Rupps Appell.
An Otto Sommers Tisch wurde über das Thema Streuobstwiesen gesprochen – die Schefflenzer wünschen sich Unterstützung bei der Bewirtschaftung, eine Obstbaumbörse und Pflanzaktionen.
Diskussionspotenzial gab es aber vor allem am Tisch von Ruth Weniger von der Bio-Musterregion. Sie wurde von Bio-Landwirt Frank Fellmann unterstützt, der bekräftigte: "Es geht nicht um konventionell gegen bio." Dennoch: Die Nachfrage müsse aus der Bevölkerung kommen, erst dann würden immer mehr Landwirte umstellen. Denn im EU-weiten Vergleich rangiert Deutschland in Sachen Bio-Landbau allenfalls im Mittelfeld. Nur 7,3 Prozent der hier erzeugten Lebensmittel sind bio, sieben Prozent sind es EU-weit. In Österreich, beim Spitzenreiter, stammen 25 % der Nahrungsmittel aus Öko-Landbau. "Ich nehme aber ganz explizit alle Landwirte in Schutz", betonte Fellmann. "Man kann nicht Forderungen an die Landwirte stellen und die Produkte dann nicht kaufen", betonte Fellmann mehrfach.
Ruth Weniger hat an diesem Abend mehrere Anregungen mitgenommen. "Viele Verbraucher wollen bio, und zwar aus der Region. Aber sie wissen nicht, was es gibt und wo sie es bekommen." Einige Ideen wurden rege diskutiert, etwa ein Dorfladen mit Schefflenzer Produkten oder ein Bio-Regional-Regal im heimischen Edeka-Markt. "Fragen Sie alle gezielt danach – dann habe ich es leichter, wenn ich anfrage", gab Ruth Weniger den vielen Gästen des Abends mit auf den Weg.
Auch Bürgermeister Houck, die Gemeinderäte und die Mitarbeiter der Verwaltung bekamen einen dicken Packen Hausaufgaben. Die erste ist nun eine genaue Analyse der Ergebnisse der Diskussionen – und dann könnte die Arbeit erst richtig losgehen. Dieses Mal dann für die Gemeinde.