Von Alexander Rechner
Mosbach/Stuttgart. Droht der Dualen Hochschule (DHBW) Mosbach eine Verkleinerung zugunsten des Standortes Heilbronn? Derzeit sorgt eine "Konkurrenzklausel" (noch) dafür, dass es keine überschneidenden Studienprofile zwischen den Standorten Mosbach und Heilbronn gibt. Diese Regelung soll nun jedoch überprüft beziehungsweise gar gestrichen werden, zumindest empfiehlt das der Aufsichtsrat der Gesamt-DHBW so. Und das wiederum bringt Politiker und Unternehmer aus der Region auf die Barrikaden. In der Kritik steht dabei vor allem auch Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne), mit der die RNZ nun ein Gespräch führte.
Frau Bauer, setzen Sie sich für eine Streichung der Konkurrenzklausel in Paragraf 5 der Verordnung zur Errichtung der DHBW Heilbronn ein? Warum?
Theresia Bauer. Foto: dpa
Wir haben eine ungebrochen starke Nachfrage von Unternehmen nach akademischen Fachkräften im Bereich Digitalisierung/IT. Der Ausbau der Studienkapazität in diesem Bereich ist landesweit dringend geboten. Der Aufsichtsrat der DHBW hat das Land darum gebeten, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass sich auch der Standort Heilbronn bedarfsgerecht weiterentwickeln kann. Jedenfalls darf er nicht länger vom Thema Digitalisierung abgeschnitten werden.
Angesichts der gewaltigen Herausforderung im Bereich IT darf es keinen Bestandsschutz an der DHBW geben, der entsprechende Weiterentwicklungen unterbindet. Hierfür ist es aus meiner Sicht unumgänglich, die starre Konkurrenzklausel der Errichtungsverordnung anzupassen.
Gerade die besondere Stärke der DHBW, auf Bedarfe der dualen Partner flexibel reagieren zu können, wird damit konterkariert. Ungeachtet dessen wird selbstverständlich auch der Standort Mosbach und die Außenstelle Bad Mergentheim darin unterstützt, ihre Kapazitäten auszuschöpfen und auszubauen.
Wann soll die Thematik auf dem Kabinettstisch liegen?
Ein konkreter Termin steht noch nicht fest. Aber so bald wie möglich.
Landrat Achim Brötel wirft Ihnen einen "klaren Wortbruch" vor und bezieht sich auf ein Schreiben, in dem Sie wohl keinen Anlass sahen, besagte Klausel zu ändern. Wie gehen Sie mit diesem deutlichen Vorwurf um?
Im letzten Jahr hat sich die Situation nochmals klar verschärft. Wir erhalten seither zahlreiche und vor allem sehr deutliche Signale aus der Wirtschaft, dass mehr Absolventen im Bereich Informatik/IT dringend gesucht werden.
Gleichzeitig haben die bisherigen Versuche, innerhalb der DHBW im Gespräch zwischen den betroffenen Standorten eine Lösung zu finden, nicht gefruchtet. Deshalb hat der Aufsichtsrat der DHBW sich klar positioniert. Er will keinen Standort davon ausschließen, IT-Angebote im Portfolio auszubauen. Er sieht deshalb auch Anlass, die Konkurrenzklausel zu überdenken.
Als Ministerin teile ich diese Auffassung des Aufsichtsrates und setze mich deshalb für einen zeitgemäßeren Interessenausgleich zwischen den Standorten ein. Zudem muss man sehen: Die Duale Hochschule Mosbach ist unbeeinträchtigt von der Verselbstständigung der DHBW Heilbronn seither um 5,3 Prozent gewachsen und hat sich unbestritten fest in der Region etabliert.
Ich trete für eine Regelung ein, die zwar auch weiterhin identische Studienangebote an den Studienakademien ausschließt, aber dennoch eine Öffnung des Studienangebots an der Dualen Hochschule Heilbronn in Richtung Digitalisierung zulässt, um dem Bedarf der dualen Partner entsprechen zu können. Die DHBW ist eine Hochschule, deren Bestreben, sich bedarfsgerecht weiterzuentwickeln, nicht eingeschränkt werden darf.
Politiker und Unternehmer aus der Region fürchten eine deutliche Verkleinerung des Mosbacher Hochschulstandortes, sollte die Konkurrenzklausel fallen. Wie sehen Sie die Lage?
Ich kann Ihnen versichern, dass weder ein Abbau von Studienplätzen an der Studienakademie Mosbach oder am Standort Bad Mergentheim noch eine Schwächung des ländlichen Raums geplant ist. Ich bin sicher, dass das Studienangebot im IT-Bereich insgesamt wachsen muss.
Es geht also nicht um Umschichtung, sondern um mehr IT-Komponenten an allen Standorten. Also ganz klar: Ich befürchte keine Verkleinerung des Standortes Mosbach. Ich bin zuversichtlich, dass bei entsprechendem Willen der Beteiligten eine Win-win-Situation für alle möglich ist, inklusive sinnvoller und unterscheidbarer Standortprofile.
Die Industrie- und Handelskammer Rhein-Neckar spricht von derzeitigen Schwierigkeiten der Unternehmen, geeignete Bewerber für eine Ausbildung oder ein Studium - insbesondere in den IT-Bereichen - zu finden, weshalb die Konkurrenz zwischen den beiden Standorten nicht sinnvoll sei. Ist es angesichts der begrenzten finanziellen Ressourcen des Landes dann überhaupt sinnvoll und angemessen, die Klausel zu streichen?
Es ist meines Erachtens nicht nötig, die Konkurrenzklausel komplett zu streichen. Wir brauchen eine Öffnung, die mehr Flexibilität erlaubt. Ich halte es für richtig, dass auch künftig keine identischen Studienangebote an beiden Studienakademien angeboten werden, damit sich die Standorte in Bezug auf Studierende und duale Partner nicht gegenseitig kannibalisieren, sondern sinnvoll ergänzen.
Aber derzeit ist es doch so, dass jegliche Überschneidung bei den Studieninhalten ausgeschlossen ist. Und das kann so nicht bleiben. Es ist die Aufgabe der Dualen Hochschule und auch des Landes, allen Hochschulstandorten Zukunftsfähigkeit zu ermöglichen.
Wie wollen Sie denn den Hochschulstandort Mosbach konkret stärken?
Ein Beispiel: Die Profilierung der DHBW Mosbach im Bereich Bauwesen haben wir nachdrücklich unterstützt, zumal diese Schwerpunktsetzung auch den zahlreichen dualen Partnern aus dem Bereich der öffentlichen Hand zugute kommt. Hier haben wir schnell und jenseits des bestehenden Vertrages reagiert: Der DHBW Mosbach wird seit letztem Jahr eine zusätzliche, über den Hochschulfinanzierungsvertrag hinausgehende Kapazität von 30 Studienanfängern für den Studiengang "Öffentliches Bauen" finanziert.
Ein zweites Beispiel: Um der hohen Nachfrage der dualen Partner nach Studienanfängerplätzen im Bereich IT/Digitalisierung gerecht zu werden, treibt die DHBW standortübergreifend den Ausbau von Studienangeboten im Bereich der Informatik/IT voran.
Wie positioniert sich Ihr Ministerium zum Obertorzentrum? Soll die DHBW Mosbach dort einziehen?
Die Bündelung der baubezogenen Aktivitäten in einem Kompetenzzentrum kann nur begrüßt werden. Eine Zusammenlegung der DHBW-Standorte von fünf auf zwei ist grundsätzlich wünschenswert. Die Planungen können unter dem Vorbehalt der positiven Wirtschaftlichkeits- und Plausibilitätsprüfung befürwortet werden.
Wie ist der aktuelle Stand in Sachen Obertorzentrum?
Derzeit erstellt die DHBW Mosbach eine überarbeitete formelle Bedarfsanforderung, die in diesen Tagen an das zuständige Amt für Vermögen und Bau Heilbronn übermittelt werden soll. Diese Bedarfsanforderung muss durch das Bauamt Heilbronn plausibilisiert werden. Es folgt eine Reihe weiterer formaler Schritte, etwa die Prüfung des Raumbedarfs durch die Betriebsleitung von Vermögen und Bau. Erst danach kann eine Nutzungsanforderung erstellt und vom Ministerium genehmigt werden.
Nach Informationen des zuständigen Bauamtes wurden erste Verhandlungen mit dem Vermieter der Immobilie aufgenommen. Hierbei ist zu bedenken, dass der Umbau des Obertorzentrums zu einer Hochschule ein erheblicher Aufwand ist.