Die Sieben-Tage-Inzidenz im Bezirk New Forest, zu dem Mosbachs britische Partnerstadt Lymington gehört, liegt derzeit nun knapp über 20. Trotzdem wurde die traditionelle Regionalmesse in diesem Jahr abgesagt. Archivfoto: Brinkmann
Von Ursula Brinkmann
Mosbach. Freundschaften, Partnerschaften leben von Kontakten. Die aber gilt es seit über einem Jahr zu vermeiden oder wenigstens zu vermindern. Was im zwischenmenschlichen Umgang gilt, gilt ebenso für Partnerstädte. Mosbach pflegt diese Form der Völkerverständigung mit fünf Städten (Château-Thierry, Lymington, Rosolina, Pesthidegkut, Finike) und ist zwei weiteren freundschaftlich verbunden (Pößneck und Katsrin). Die Rhein-Neckar-Zeitung hat sich bei der Partnerschaftsbeauftragten der Stadt Mosbach, Ursula Heckmann, und Ursula Geier, zuständig für die Städtepartnerschaftskomitees, sowie deren Kolleginnen und Kollegen von Thüringen bis Israel erkundigt, wie es nach einem Jahr und aktuell mit Corona geht.
Mit Château-Thierry in Frankreich und Lymington in England, die den Auftakt unserer kleinen Serie machen, zeigen sich zwei Pole der Pandemie. Hier hohe Inzidenzwerte, dort niedrige. "Comment allez-vous? Wie geht es Ihnen?", haben wir Danièle Briet gefragt. Sie leitet das Partnerschaftskomitee in Château-Thierry seit rund fünf Jahren. Sie schreibt: "Unser Département ist von Rot auf Purpurrot gestiegen, das bedeutet eine Inzidenz zwischen 250 und 500." Die Stadt an der Marne weist damit gleich hohe Infektionszahlen wie die sie umgebenden Kommunen und Paris auf.
"Wir erwarten das Schlimmste, da die Zahlen immer noch steigen", teilte Danièle Briet in einer ersten E-Mail mit. Sie sollte recht behalten. Vergangene Woche musste Premierminister Castex den dritten Lockdown (französisch: confinement) für Paris und weitere Landesteile im Norden und Südosten der Grande Nation verkünden. Château-Thierry gehört dazu und fährt das öffentliche Leben für die nächsten drei Wochen herunter. Dennoch besuchen die Schülerinnen und Schüler weiterhin die Schule.
"Wir dürfen unsere Stadt nicht verlassen, uns nur mit Ausweis und offizieller Genehmigung maximal zehn Kilometer entfernen", berichtet Briet. Acht Prozent der Franzosen haben die erste Impfung erhalten. "Wir können nicht in Geschäfte (außer denen für Lebensmittel), nicht ins Restaurant, nicht ins Kino, nicht ins Museum, nicht ins Konzert, nicht zum Sport", zählt sie auf. Man dürfe sich nicht versammeln, das Vereinsleben sei wie tot.
Als gute zwischen all den schlechten Nachrichten sieht die Leiterin des Partnerschaftskomitees die Meldung, dass Friseure und Bastlergeschäfte geöffnet bleiben dürfen. "Das brauchen die Leute!" Ihnen folgten die Blumenhändler, Schuster und Autovertretungen.
Eine für Anfang Mai geplante Fotoausstellung mit Mosbacher und Pößnecker Fotografen wird nicht stattfinden; diese drei Städte verbindet seit mehr als 30 Jahren eine Dreieckspartnerschaft. Danièle Briet aber lässt die Zuversicht nicht fahren: "Die Hoffnung ist da, wir werden überleben!" Allerdings wurde auf deutscher Seite ein für Juni 2021 vage geplantes Treffen der Stadtkapellen ebenfalls abgesagt.
Auf der anderen Seite des Ärmelkanals wirft Shirley Hewitt aus Lymington einen (auch persönlichen) Blick auf das Coronageschehen in dem hübschen Hafenstädtchen an der südenglischen Küste. Die stellvertretende Vorsitzende der Lymington International Twinning Association (Lita) freut sich, jeden Tag mit ihrem Hund Lily rausgehen zu können. Die Pfade entlang der Küste, am Solent zwischen dem Festland und der Isle of Wight, sind ein wunderbares Ziel.
Seit Anfang Januar galt ein harter Lockdown, am 11. Januar hatte der Sieben-Tage-Inzidenzwert seine Spitze erreicht: 617. Seitdem gehen die Zahlen rapide zurück. Die Inzidenz im Bezirk New Forest, zu dem Lymington gehört, liegt nun knapp über 20. Zum Vergleich: Englandweit beträgt der durchschnittliche Wert 57. Trotzdem achtet Hewitt auf einen Zwei-Meter-Abstand zu anderen Personen, nur mit ihrer Schwester darf sie in einer "support bubble" zusammen sein. Den Begriff haben die Briten für die Ausnahmeregelung getroffen, wonach sich eine Person mit einer anderen außerhalb des eigenen Haushaltes treffen darf. Aber Shirley Hewitt findet ohnehin: "Die meisten Leute sind sehr umsichtig."
Am 14. März war Muttertag im Königreich. An guten Ratschlägen mangelte es nicht, um jenen eine Freude zu bereiten, die "den Löwenanteil am Homeschooling hatten und versuchten, alle gesund zu halten und darüber hinaus ihre eigenen Jobs zu erledigen", schreiben Tanya Baddeley und Jane Porter in ihrem wöchentlichen Newsletter "What’s on in the New Forest and Lymington area". Darin ist auch zu lesen, dass die New Forest Show, eine Regionalmesse mit großer Anziehungskraft, abgesagt werden müsse. Was aus dem Wunsch der Lita-Leute wird, den 2020 gestrichenen Besuch der Mosbacher Freunde 2021 nachzuholen, das allerdings steht in den Sternen. "Wir hoffen noch …"