Nur für Kinder: In der „Corona-Schleuse“ am Kindergarten „Sonnenblume“ in Aglasterhausen heißt es für Eltern draußen bleiben und für die Kleinen erst mal Hände waschen. An der Einrichtung werden aktuell schon(wieder) rund 40 Kinder betreut. Foto: schat
Von Heiko Schattauer
Aglasterhausen. Die Geschäfte sind wieder offen, die Gaststätten inzwischen auch. Die Einschränkungen der Coronakrise werden allmählich gelockert. Auch bei der Kinderbetreuung tut sich was: Nach Notbetreuung und erweiterter Notbetreuung heißt die Vorgabe von der Landesregierung mittlerweile "eingeschränkte Regelbetreuung". Das klingt schon ein Stück weit nach Normalität, auch wenn die Realität in den Kindergärten und -tagesstätten nach wie vor von Corona und den damit verbundenen Ausnahmeerscheinungen geprägt ist. Eine Art Ausnahme ist irgendwie auch der Kindergarten "Sonnenblume" in Aglasterhausen, schon allein aufgrund der hohen Zahl an Kindern, die hier auch in Krisenzeiten betreut werden.
Im Durchschnitt sind es etwa 40 Mädchen und Jungs, um die sich das Kindergartenteam allein im Rahmen der erweiterten Notbetreuung kümmert. "Wir hatten eigentlich fast durchgehend viele Kinder – und jeden Tag bekommen wir neue Anmeldungen", erklärt die Leiterin der kommunalen Einrichtung, Sandra Schmitt. Und genau aufgrund dieses stetig wachsenden Bedarfs und entsprechenden Verlautbarungen seitens der Landesregierung zu weiterer Öffnung und mehr Betreuungsmöglichkeiten kommt man inzwischen schon wieder an die Grenzen des Machbaren. "Genau genommen sind wir fast schon an dem Punkt, an dem wir keine weiteren Kinder aufnehmen können", sagt Aglasterhausens Bürgermeisterin Sabine Schweiger.
Nach aktueller Corona-Verordnung in Baden-Württemberg dürfen maximal 50 Prozent der Betreuungsplätze belegt werden. Das betrifft sowohl die Gesamteinrichtung als auch die einzelnen Gruppen. "Viele berufstätige Eltern haben sich bewusst für Aglasterhausen und den kommunalen Kindergarten mit einem Betreuungsangebot von 7 bis 17 Uhr entschieden", glaubt Schweiger den Grund dafür zu kennen, dass in der Krise nun die Zahl der Notbetreuungsansprüche vergleichsweise hoch ist.
Die aus Sicherheitsgründen vorgegebene 50-Prozent-Marke (die im Sonnenblumenfall bei knapp 60 Kindern liegt) wird man mit weiteren zurückkehrenden Kindern ziemlich schnell erreicht haben. "Die Hoffnung auf schnelle Veränderung und Hilfe, wie sie von der Landesregierung vermittelt wird, können wir nicht erfüllen – was uns sehr leid tut", stellt Schweiger klar, die zugleich sagt: "Natürlich würden wir gern sofort alle Kinder wieder betreuen." Auf Sicht geht die Bürgermeisterin davon aus, dass der bestehende Betreuungsschlüssel zumindest vorübergehend geändert werden muss.
Apropos Veränderung: Seit Ausbruch der Corona-Pandemie ist im Kindergarten kaum noch etwas wie zuvor, auch wenn – im Gegensatz zu vielen anderen Einrichtungen mit nur wenigen Kindern in der Notbetreuung – nach wie vor viel Leben im Reich der Sonnenblume herrscht. Jürgen Flicker, Erzieher und stellvertretender Einrichtungsleiter berichtet von einem "eigentlichen ruhenden" pädagogischen Konzept, geschlossenen statt offenen Gruppen, festen Terminplänen (wann etwa welche Kleingruppe in den Außenbereich darf) und ganz viel Dokumentation und Regulation im (neuen) Kindergartenalltag.
Wie der sich verändert hat, wird schon am Eingang deutlich, wo man eine Art Corona-Schleuse eingerichtet hat: Für Eltern ist an der Schluss, die ankommenden Kinder sind erst mal mit intensivem Händewaschen dran, die Kindergartentasche wird über ein Extrafach kontaktlos übergeben. "Das funktioniert bestens", sagt Sandra Schmitt: "Überhaupt sind für die Kinder die Abläufe schnell selbstverständlich geworden." Dem kleinen Luca, der fürs Pressefoto die Schleuse aktivieren soll, muss die Kindergartenleiterin dann auch gar nicht erst erklären, was hier zu tun ist. Struktur sei derzeit für alle Beteiligten sehr wichtig, auch wenn diese Fokussierung einen Haken hat: "Im Moment kommt Fürsorge vor Pädagogik", räumt Schmitt ein.
Großes Lob gibt es von Kindergartenleitung und Bürgermeisterin für die Eltern: "Die zeigen in vorbildlicher Weise Verständnis und Verantwortung." Um den Eltern ein wenig entgegenzukommen, hat man geplante Schließungstage (etwa in den Pfingstferien) aufgehoben. Und wer keine Betreuung in Anspruch nimmt bzw. nehmen kann, sollte nach Meinung der Bürgermeisterin auch keine Beiträge zahlen. Das zu entscheiden, liege im Ermessen des Gemeinderats. Derweil hofft Sabine Schweiger auf Signale aus Stuttgart, um möglichst bald klare Vorgaben zum weiteren Betrieb und damit zur Erfüllung der elterlichen Bedürfnisse zu haben.