Moderner Helfer im Anflug: Zur (biologischen) Schädlingsbekämpfung werden auch auf den Feldern in der Region zunehmend Drohnen eingesetzt. Foto: Heiko Schattauer
Von Heiko Schattauer
Neckar-Odenwald-Kreis. Es dauert keine zehn Minuten, dann ist das Feld "bestellt", das seltsame Fluggerät im Kofferaum verstaut, die Arbeit erledigt. So geht Schädlingsbekämpfung also heute? "Wenn es auf biologische Weise möglich ist, wieso sollte ich dann nicht auf Chemie verzichten", erklärt Landwirt Walter Leibfried aus Neunkirchen, warum über seinen Maisschlägen dieser Tage immer mal wieder Drohnen kreisen, besser: ihre Bahnen ziehen. Per Multikopter und GPS-gesteuert werden Eier der Schlupfwespe (Trichogramma) über dem Feld abgeworfen, die wiederum dem Maiszünsler den Garaus machen sollen. Zweimal muss Moritz Zumdick die zivile Drohne über Leibfrieds Maisacker steuern, dann sind die allermeisten der Schädlinge unschädlich gemacht.
"Das klappt annähernd so gut wie mit chemischen Insektiziden", weiß der Neunkirchner Landwirt, der schon im vergangenen Sommer im Rahmen einer Versuchsreihe auf Drohnen- und Trichogrammatechnik gesetzt hat. Und nicht nur der stellvertretende Kreisbauern-Vorsitzende ist inzwischen auf den Trichogramma-Trichter gekommen. Gut zwei Drittel der Maisanbauflächen in der Region werden laut Leibfried diesen Sommer beflogen statt befahren, biologisch statt chemisch behandelt.
Und wie funktioniert das genau? "Die Schlupfwespen legen ihre Eier in die Eier von Mehlmotten", erklärt Moritz Zumdick das parasitäre Prozedere, "dann später in die Eier des Maiszünslers." In murmelgroßen Kapseln aus Maisstärke werden die nützlichen Parasiten abgeworfen, innerhalb von ein bis zwei Tagen machen die kleinen Wespen ihrem Namen Ehre und schlüpfen. Und sorgen so dafür, dass der Maiszünsler die Pflanzen nicht schädigt (siehe Stichwort).
Zumdick hat inzwischen Routine in Sachen biologische Schädlingsbekämpfung, etliche "Einsätze" im Auftrag von ZG Raiffeisen bzw. Landwirten in der Region geflogen. Die ZG setzt verstärkt auf die Multikopter zur Bekämpfung von Maisschädlingen aus der Luft. Inzwischen hat man eine ganze Flotte von zivilen Drohnen, sechs eigene Geräte befinden sich seit Saisonbeginn Ende Juni im Südwesten Deutschlands im Einsatz. "Für über 4000 Hektar Anbaufläche ist die Anwendung gebucht", erläutert Dr. Ewald Glaser, Vorstandsvorsitzender der ZG Raiffeisen mit Sitz in Karlsruhe. Nach einer zweijährigen Test- und Pilotphase sei die Technik marktreif und werde von den Landwirten sehr gut angenommen. Wohl auch deshalb, weil die biologische Schädlingsbekämpfung mit Trichogramma über das Agrarumweltprogramm des Landes Baden-Württemberg mit 60 Euro pro Hektar gefördert wird. "Eine Hemmschwelle für den Einsatz stellte bisher die aufwendige Ausbringung entweder manuell oder mit Hochradtraktoren dar", weiß Glaser. Dank des Multikopter-Verfahrens könnten nunmehr auch größere Flächen günstig und zeitsparend behandelt werden.
"Ja, die Trichogramma per Hand ausbringen, das war schon eine Plagerei", bestätigt Walter Leibfried. Auch deshalb hätten in der Vergangenheit viele Landwirte auf eine chemische Behandlung mittels Stelzenschlepper gesetzt. Nun machen die moderne Technik und die Förderung die biologische Variante attraktiv. Leibfried lässt alle seine Maisschläge - insgesamt rund 20 Hektar - per Drohne befliegen.
Dafür gibt er vorab die GPS-Daten seiner Felder an Moritz Zumdick bzw. dessen Kollegen vom Subunternehmer "aerpixx" weiter. Der Multikopterpilot muss vor Ort dann nur noch Start und Landung manuell erledigen und für die zuvor errechnete Befüllung der Drohne sorgen. Über dem Feld selbst geht das Fluggerät dann in den Autopilotenmodus, zieht seine Bahnen nach einem imaginären Raster, wirft die Trichogramma-Kapseln punktgenau ab. "Pro Hektar braucht der Multikopter drei Minuten", so Zumdick. "Und das ist deutlich schneller als wir das per Hand ausbringen können", ergänzt Walter Leibfried, "sehr deutlich!"
Schnell, effektiv, schonend. Der Aufbruch in moderne Zeiten in Sachen Schädlingsbekämpfung scheint in sich stimmig zu sein. Nur an das Bild mit den seltsam anmutenden Fluggeräten über dem Maisfeld muss man sich vielleicht noch gewöhnen.