Von Stephanie Kern
Neckarzimmern. Er kann eine Last von bis zu 300 Tonnen stemmen: Der "Atlas" ist ein Schwimmkran für die ganz großen Aufgaben. Und eine solche hatte er gestern an der Schleuse Neckarzimmern zu bewältigen. Dort wird der Wehrsteg über den Neckar erneuert - und der "Atlas" schuf erst mal Platz.
Matthias Stocker steht unter Strom: Das Projekt "Wehrsteg Neckarzimmern" hat der Wasserbauingenieur noch von seinem Vorgänger übernommen. Seit drei Jahren ist er beim "Amt für Neckarausbau" in Heidelberg, seit Ende 2009 laufen die Planungen für die Erneuerung des Wehrstegs. Gestern standen nach umfangreichen Vorarbeiten nun die ersten (spektakulären) Arbeiten an. "Jetzt geht's los", sagt Stocker und zeigt in Richtung Wehranlage. Gerade hebt der "Atlas" einen Teil des alten Wehrstegs aus seiner Verankerung, fünf Teile à 50 Tonnen sind es insgesamt. Kein Wunder, dass der "Atlas" der heimliche Star auf der Baustelle ist. Eine Woche dauerte die Anreise aus Mühlheim an der Ruhr. Der Schwimmkran gehört zum Fuhrpark der Firma "Mammoet" und die sorgen nun mit fünf Mitarbeitern dafür, dass die Teile sicher an Land kommen.
"Wir sind etwas später dran", sagt Stockert mit Blick auf die Arbeiten. Die Regenfälle vom Wochenende und Montag haben den Pegel des Neckars steigen lassen. Hochwasser macht Arbeiten auf dem Wasser gefährlich, deshalb mussten Ingenieure und Facharbeiter neue Genehmigungen beantragen, den Ablauf verändern.
Die Schleusenanlage in Neckarzimmern mit zwei Schleusenkammern und drei Wehrfeldern (über sie läuft das Wasser ab zur nächsten Staustufe) wurde 1933 gebaut. "Die Bausubstanz dieser Anlage ist relativ gut", erklärt Stocker. Doch der Wehrsteg war nicht mehr sicher. Nun muss die Metallkonstruktion mit asphaltiertem Boden einer neuen Stahlkonstruktion mit Gitterrosten weichen. Doch der "Gesamtcharakter" der Anlage soll erhalten bleiben. Rein optisch also bleibt alles beim Alten.
1,3 Millionen Euro kostet die Erneuerung. Die Summe beinhaltet neben dem neuen Steg (der noch bei der Firma Urfer in Remseck liegt) auch die Sanierung der Pfeiler. 70 bis 80 Zentimeter der bis zu sechs Meter hohen Betonpfeiler, die den Steg tragen, werden abgetragen und neu errichtet. Aber auch eine komplett neue Verkabelung (die auch für weitere Umbaumaßnahmen an der Anlage gerüstet ist) gehört zum Projektumfang. Ebenso wie Behelfsstege, die die Firma Mack mit Gerüstteilen der schwäbischen Firma Layher zusammengebaut hat.
Auch die Zulieferfirma schaut sich das Spektakel über dem Neckar - genau wie viele Schaulustige am Ufer - gerne an. "Solche Projekte haben wir öfter, die Teile werden verwendet, wenn es temporär etwas zu überbrücken gilt", erklärt Layher-Ingenieur Roland Hassert. 35 Meter sind es an dieser Baustelle, für die Öffentlichkeit ist dieser Behelfssteg jedoch nicht zugänglich. Erstens verbindet er nicht die beiden Ufer, zweitens wird jetzt am Steg kräftig gebaut, für Passanten wäre das zu gefährlich. "Deshalb haben wir diese Maßnahme extra für die Sommerferien terminiert. Alles war auf den heutigen Tag hin abgestimmt", berichtet Stockert. Im September sollen dann die neuen Stegteile eingesetzt werden. Auch dafür reist dann der "Atlas" auf dem Wasserweg an, danach kann der Steg wieder von Fußgängern benutzt werden. "Allerdings wird sich die Baumaßnahme sicher bis in den Oktober hineinziehen", erklärt Stockert. Mit Beeinträchtigungen sei also auch nach dem Einsetzen der neuen Teile zu rechnen.
Beeinträchtigungen bedeutete die Großbaustelle auch für den Schiffsverkehr. Rund zwei Stunden war die Schleuse für Schiffe gestern gesperrt, als die Stegteile über den Schleusenkammern ausgehoben wurden.