Urteil in Mannheim

Angeklagte lebten ihre Lust an körperlicher Misshandlung aus

45-Jähriger muss lebenslang in Haft, seine Freundin in die Psychiatrie - Opfer stundenlang gequält

04.06.2018 UPDATE: 05.06.2018 06:00 Uhr 1 Minute, 48 Sekunden
Foto: dpa

Von Willi Berg

Mannheim. Wegen Mordes aus niedrigen Beweggründen hat das Mannheimer Landgericht einen 45-jährigen Deutschen zu lebenslanger Haft verurteilt. Zusammen mit seiner Freundin hatte er das homosexuelle Opfer misshandelt und dann getötet. Da die 33-Jährige aufgrund einer psychischen Erkrankung schuldunfähig ist, ordnete die Strafkammer die weitere Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik an.

Bei dem Verbrechen habe die "homophobe Einstellung" der beiden mitgespielt, sagte der Vorsitzende Richter Gerd Rackwitz. Die Frau hatte das Opfer am Abend des 4. August 2017 telefonisch zu sich in ihre Mannheimer Wohnung eingeladen. Um "Party zu machen". Erst dort lernte ihr Freund den 27-Jährigen kennen. Zunächst konsumierten sie zu dritt Alkohol und Amphetamin. Es muss lautstark zugegangen sein, wie Zeugen vor Gericht aussagten.

Was sich in den nächsten Stunden in der Wohnung abspielte, ist unbegreiflich. Gegen Morgen fesselten und quälten sie ihren Besucher über längere Zeit. Der Vorsitzende sprach von der "Lust an körperlicher Misshandlung". Die beiden hätten ihrer "aufgestauten Wut freien Lauf gelassen". Schließlich wurden dem jungen Mann Socken in den Mund gestopft, woran dieser erstickt ist. Der Todeskampf könnte laut einem Gutachten mehrere Stunden gedauert haben. Er verstarb im Laufe des Vormittags in der Wohnung. Als Rettungskräfte eintrafen, kam jede Hilfe zu spät.

Die Beweisaufnahme habe sich als schwierig erwiesen, sagte der Vorsitzende. Das Gericht stützte sein Urteil auch auf Aussagen von Anwohnern. Und vor allem den Audio-Mitschnitt eines direkten Nachbarn. Der hatte das lautstarke Geschehen in seinem angrenzenden Schlafzimmer mit dem Handy aufgenommen. Zu hören ist, wie der 27-Jährige vergeblich darum bittet, ihn gehen zu lassen. Auch Schläge und Beschimpfungen sind zu vernehmen. Eine Frauenstimme sagt: "Du musst jetzt bluten." Und es fallen Sätze, die auf eine schwulenfeindliche Gesinnung hindeuten. Richter Rackwitz sprach von einer "gruseligen Szene".

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Ein Anwohner berichtete, das spätere Opfer sei zeitweilig aus dem Fenster der Wohnung im vierten Stock geklettert. Dass der Mann sich habe umbringen wollen, dafür gebe es "keinen Beleg", sagte der Vorsitzende. Das Paar, das sich Monate vor dem Verbrechen kennenlernte, habe mit bedingtem Tötungsvorsatz gehandelt. Die Einsichtsfähigkeit der Frau sei zur Tatzeit wegen einer akuten Psychose aufgehoben gewesen. Sie leide seit Jahren an einer paranoiden Schizophrenie und einem "ausgeprägten religiösen Wahn".

Die Beschuldigte habe keine ausreichende Krankheitseinsicht und antipsychotische Medikamente zuvor abgesetzt. Und stattdessen hoch dosiert Antidepressiva eingenommen. Die Frau sei für die Allgemeinheit gefährlich und Straftaten zu erwarten. Deshalb sei die weitere Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik anzuordnen.

Steffen Kling, Verteidiger des angeklagten Mannes, plädierte auf eine Strafe von höchstens sechs Jahren - wegen gefährlicher Körperverletzung mit Todesfolge. Der Verteidiger der Frau, Sven-Olrik Kulke, beantragte, seine schuldunfähige Mandantin aus der Psychiatrie zu entlassen. Dem ist das Gericht nicht gefolgt. Die 33-Jährige hat das Urteil angenommen, das in Bezug auf sie damit rechtskräftig ist. Die Öffentlichkeit war während der gesamten Beweisaufnahme sowie den Plädoyers ausgeschlossen.

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